Hexensturm
gegenüberstand.
Smoky legte mir fürsorglich einen Arm um die Schultern und blickte kurz zum Himmel auf. »Komm, gehen wir hinein. Was immer du willst, du brauchst es uns nur zu sagen, und wir werden dafür sorgen, mein Liebling.«
Ich nickte langsam und folgte den anderen die Stufen zur vorderen Veranda hinauf. Als wir das Haus betraten, machten sich Trillian und Delilah zur Sicherheit sofort auf die Suche nach weiteren ungebetenen Gästen. Iris spähte aus der Küche in den Flur und deutete zum Wohnzimmer. Ich warf ihr eine Kusshand zu, gerührt über die Tränen, die ihr bei meinem Eintreten in die Augen geschossen waren.
Ich bedeutete den anderen, hier auf mich zu warten, und betrat leise das Wohnzimmer. Ich fürchtete mich davor, meinen Vater anzusehen. Davor, dass er nur in einer beruflichen Angelegenheit hier sein könnte. Seine Liebe und Unterstützung zu verlieren, hatte mir beinahe das Herz gebrochen, aber er hatte mir eine Entscheidung aufgezwungen, die ich nicht zu seinen Gunsten hatte treffen können. Er hatte mir ein Ultimatum gestellt, und ich hatte das Einzige getan, was ich tun konnte – das Einzige, was mein Gewissen mir erlaubte.
Er saß da, das dunkle Haar genau wie meines, aber geflochten, und auch seine Augen hatten dieselbe violette Farbe wie meine. Er blickte auf. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht lesen. Als ich auf das Sofa zuging, stand er auf und sah mir in die Augen.
Ich nickte stumm. Sollte er als Erster sprechen. Er sollte den Anfang machen, damit ich gleich wusste, womit ich es hier zu tun hatte.
»Camille …« Seine Stimme klang nervös, unsicher.
»Willkommen in unserem Haus, Herr Botschafter. Was kann ich für Euch tun? Oder würdet Ihr lieber mit Delilah sprechen? Was Ihr von mir haltet, weiß ich nur zu gut.« Meine Stimme wurde heiser, während diese Worte unwillkürlich aus mir herausplatzten.
Vater starrte mich an. Zuerst herausfordernd – aber er hatte mich gut erzogen, und ich sagte nichts mehr. Ich wartete nur und weigerte mich, den Blick abzuwenden oder auch nur zu blinzeln. Würde er mir entgegenkommen? Mich mit offenen Armen zu sich einladen? Oder würde er kalt und professionell bleiben und nur sagen, was er zu sagen hatte?
Nach einigen Augenblicken griff er in die Tasche und holte ein zusammengefaltetes Blatt Papier hervor. »Ich habe einen Brief von deiner Tante Rythwar für dich. Sie hat mich darum gebeten, ihn dir zu überbringen – nein, sie hat darauf bestanden. Und ich möchte dich ein letztes Mal bitten: Du bist noch nicht in Aevals Hof eingetreten, es ist nicht zu spät. Wende dich von ihr ab, und Tanaquar wird dich wieder willkommen heißen. Und … ich ebenfalls.«
Aha … also doch rein beruflich. Ich nahm den Brief, den er auf den Tisch gelegt hatte, starrte darauf und legte ihn wieder hin. Mit einem langen Blick zu Vater trat ich ans Fenster und schaute auf den dick verschneiten Garten hinaus.
»Weißt du, wo ich die letzten paar Tage verbracht habe?« Als er nicht antwortete, zuckte ich mit den Schultern. »Nein, woher auch. Und es wäre dir wohl egal.« Ich drehte mich um und berührte das Halsband über meinem Kragen. »Siehst du das? Ein Drache hat mich verschleppt. Er hat mich vergewaltigt und besinnungslos geschlagen. Ich bin am ganzen Körper grün und blau und spüre jetzt noch seine Hände. Er ist gerade irgendwo dort draußen und sucht nach mir.«
Sephreh stieß einen leisen Schrei aus, doch ich ignorierte ihn. Stattdessen bemühte ich mich, meine Stimme so hart und kalt wie möglich klingen zu lassen.
»Aber ich bin ihm entkommen. Ich bin einen schneebedeckten Berg hinuntergestiegen, trotz aller Angst und Erschöpfung. Meine Familie hat nach mir gesucht. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben … weil sie mich lieben. Sie stehen hinter mir. Ich habe nicht aufgegeben, weil ich weiß, dass sich ein Krieg gegen die Dämonen anbahnt und wir auf Schattenschwinges nächsten Zug warten.«
»Bitte hör auf …«
»Nein! Ich werde sagen, was ich zu sagen habe, und du hörst mir zu. Dies ist mein Haus, nicht deines. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, weil meine Göttin mir Kraft geschenkt hat, als die Finsternis mich verschlingen wollte. Als ich von Hytos Schlägen geblutet habe. Als er meinen Kopf festgehalten und mich gezwungen hat, seinen Schwanz zu lutschen. Als mein Schwiegervater mich auf die Knie gezwungen und getreten hat wie einen armen Hund. Ich bin entkommen, weil ich wusste, was ich tun muss. Weil
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