Hexensturm
dass Georgio in Sicherheit war. Er schien in Ohnmacht gefallen zu sein, und das war vermutlich besser so. Das Letzte, was wir brauchen konnten, war noch so eine Einmischung.
Als ich den Kopf wieder nach vorn wandte, hielten Smoky und Vishana sich an den Händen. Die Mutter nickte dem Sohn zu, und sie nahmen ihre Drachengestalt an. Ich wich hastig zurück – zwischen drei wütende Drachen zu geraten, wäre nicht sonderlich klug gewesen –, und schon ragten sie vor mir auf.
Vishana war so groß wie Hyto – nein, sogar größer. Ihre Haut schimmerte silbrig, und ihre Augen waren stählern und hart. Als sie ein paar Schritte zurückwich, um sich Platz zu verschaffen, trampelte sie mehrere Bäume und Büsche nieder.
Smoky war viel kleiner als die beiden, doch als ich ihn so vom Boden aus betrachtete, konnte ich mir kaum vorstellen, dass ich je auf seinen Rücken gestiegen sein sollte.
Hytos Hals pendelte hin und her und wölbte sich, und dann warf er den Kopf zurück, und ein Hagelsturm prasselte heran. Die Luft wurde noch kälter, und die Eisklümpchen rasten heran, erwischten Smoky und seine Mutter und näherten sich mir. Ehe ich mir die Kapuze über den Kopf ziehen konnte, gruben sich die eisigen Geschosse in meine Haut, und ich biss die Zähne zusammen und wandte mich ab, so dass sie auf meinen Rücken prasselten. Der Umhang des Schwarzen Einhorns hielt das Schlimmste von mir ab, aber es fühlte sich immer noch an, als würde ich mit einem Dutzend Luftgewehren beschossen.
Vishana stieß ein lautes Brüllen aus und warf sich in die Luft, dicht gefolgt von Smoky. Sie kreisten über uns, und ich hatte den Eindruck, dass sie Hyto herausforderten. Er warf mir einen langen Blick zu und erhob sich dann ebenfalls in die Luft. Ich sah zu, wie sie einander umkreisten.
Dann schossen die ersten Flammen aus Smokys Kehle und versengten Hyto an der Seite. Er riss den Kopf hoch und stieß ein grässliches Kreischen aus, als der Feuerstoß seine Haut schwarz färbte. Smokys Lachen drang bis zu mir, die ich auf dem Boden kauerte und ängstlich wartete.
Hyto fuhr herum wie eine riesige Peitsche, sein Schwanz traf Smoky mit voller Wucht, und mein Liebster stürzte kopfüber, kopfunter dem Boden entgegen. Doch kurz über den Wipfeln der höchsten Tannen fing er sich ab und schoss wieder hinauf zu den beiden kreisenden Drachen.
Vishana griff an. Sie raste schnurstracks auf Hyto zu, ihr Hals schlängelte sich hin und her. Hyto fuhr zu ihr herum, und sie warf sich abrupt nach hinten, so dass ihr Schwanz in sein Gesicht krachte. Hyto wurde zurückgeschleudert und geriet ins Trudeln. Er fing sich wieder und wich rechtzeitig aus, ehe ihre Klauen ihm die Flanke aufreißen konnten. Sie erwischte aber noch eine seiner Schwingen, und ich sah einen roten Fleck vor der weißen Haut erscheinen. Rote Tröpfchen regneten auf den Schnee herab.
Smoky stürzte sich ins Getümmel, und ein weiterer Feuerstoß versengte Hytos andere Seite. Nun erwiderte Hyto das Feuer, und Smoky wich dem ersten geballten Stoß explodierender Flammen aus. Doch der zweite überrumpelte ihn, und er drehte ab.
Im nächsten Augenblick zischte Vishana über Hyto hinweg und fuhr mit den Klauen über seinen Rücken. Er kreischte, und sein Schrei ließ eine weitere Lawine den Berg hinabdonnern.
»Scheiße!«
Delilahs Aufschrei erregte meine Aufmerksamkeit, und ich wirbelte herum. Sie kämpfte gegen Asheré, der sich offenbar so weit erholt hatte, dass er sich seinen Stab hatte schnappen können. Für einen verletzten Mönch schlug er sich in diesem Handgemenge ziemlich gut. Shade stürzte aus dem Unterholz hervor, doch noch ehe er sie erreicht hatte, holte Delilah weit mit Lysanthra aus und ließ die Klinge auf den abtrünnigen Mönch herabsausen. Sie drang in seine Schulter und fuhr sogar durch die Knochen – ich konnte sie bis hierher splittern hören.
Asheré brüllte und hielt sich den Arm, und Iris nutzte diesen Augenblick, um irgendeinen Zauber zu murmeln. Wir sahen zu, wie der Mönch sich auf seltsame Weise veränderte, und dann begriff ich, dass er sich umstülpte – sein Innerstes wurde buchstäblich nach außen gekehrt. O ja, Iris war wieder im Vollbesitz ihrer magischen Kräfte. Seine Haut platzte auf, Eingeweide ergossen sich auf den Boden, und ich starrte Iris an wie gebannt. Sie grinste mir zu und reckte den Daumen in die Höhe. Ein grausiger Triumph, ehe sie zusammenbrach, offenbar vor Erschöpfung. Aber ein Triumph war es allemal, denn um den
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