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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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über den Rücken bis zum Po. Er trug eine kurze Hose, die aussah wie eine an den Knien abgeschnittene Jeans, sonst nichts. Seine Bauchmuskeln waren deutlich zu erkennen, und er wirkte stark, aber nicht sonderlich muskulös.
    »Wer bist du?« Ich sah ihm ins Gesicht und erkannte, dass er viel, viel älter war als wir. Dennoch wirkte er so jungenhaft.
    Er stieß einen kehligen Schrei aus, kam in großen Sätzen auf uns zu und landete vor mir auf den Knien. Er streckte die Hände nach meinen Füßen aus, und ich ließ ihn gewähren und wich nur den Spitzen seines Geweihs aus. Delilah stand an meiner Seite, bereit, sich auf ihn zu stürzen, falls er mich angreifen sollte.
    »Aeval … Aeval …« Er sprach mit so kehliger Stimme, dass ich ihn kaum verstehen konnte, doch offenbar sprach er mich mit dem Namen der Dunklen Königin an.
    »Nein. Ich bin nicht …«, begann ich, verstummte aber, als Delilah heftig den Kopf schüttelte. Mir wurde klar, dass er mich nicht verstand – falls doch, ließ er sich von meinen Worten nicht beeindrucken.
    »Aeval … K’n da dir. « Er schnaubte wie ein Tier, stand auf und sah mich mit strahlenden, funkelnden, schlauen Augen an. Dann legte er eine Hand auf mein Handgelenk, und seine Finger glitten langsam an meinem Arm empor.
    Ich wurde nervös, denn ich hatte keine Ahnung, was er vorhaben mochte. Ich wechselte einen Blick mit Delilah. Seine scheinbare Jugend war eine Illusion. Und er wirkte sehr viel stärker als ich. Ich wartete ab, bereit, mich zu verteidigen, während er sich vorbeugte und ausgiebig an meinem Hals schnupperte. Als sein Gesicht meiner Haut zu nahe kam, wich ich zurück – ich konnte förmlich spüren, wie hinter diesen geschlossenen Lippen die Zähne knirschten.
    Seine Augen färbten sich auf einmal blutrot, er stieß ein lautes Kreischen aus und hüpfte um mich herum. Hastig wich ich zu Delilah zurück.
    »Was zum …« Sie hob den Dolch, und er blieb stehen und schnupperte in Richtung der Klinge. Knurrend trat er von einem Fuß auf den anderen.
    »Keine Ahnung. Ich habe dir doch gesagt, dass die Wesen hier nicht menschlich sind. Die Alten Feen sind von uns so weit entfernt wie … na ja … das Volk von Aladril. Wer weiß, wie sie sich in Tausenden von Jahren verändert haben?«
    Der gehörnte Bursche knirschte und malmte mit den Zähnen und tänzelte auf der Stelle, den zornigen Blick auf die Klinge gerichtet. Was Eisen war, wusste er offensichtlich, und er mochte es nicht besonders.
    »Ich habe keine Ahnung, was er will«, sagte ich mit möglichst ruhiger Stimme.
    Delilah sprang vor und wedelte drohend mit dem Dolch. Flink wie eine Katze wich er zur Seite aus. Sie griff wieder an, und er wich ein paar Schritte zurück. »Ich spüre Chase irgendwo in der Nähe, aber ich kann nicht genau sagen, wo. Wir können hier nicht einfach weg.«
    »Der Bursche würde uns sowieso folgen. Aus irgendeinem Grund hat er sich an uns drangehängt. Und ich traue ihm nicht. Dieses Geweih gehört vielleicht zu einem Hirsch oder einem Elch, aber da ist irgendwas in seinem Mund – ich spüre ständig scharfe Zähne, die nur darauf warten, mich zu zerreißen.«
    Ich sah ihm in die Augen und war wieder hingerissen von seiner Schönheit. Schönheit? Nein, das war eher ein Glamour. »Er versucht mich zu betören.« Ich ließ meine Masken sinken, so dass mein Feenerbe voll hervorstrahlte.
    Er blinzelte und sprang zurück. » Aeval? Heh …« Und dann begann er wieder zu tänzeln wie zu einer unhörbaren Musik – oder als könnte er nicht stillhalten, wie ein Hai.
    »Er ist offenbar völlig fixiert auf dich, weil er dich für Aeval hält«, bemerkte Delilah und neigte den Kopf zur Seite. »Als würde er glauben, dass nur Aeval Feenglamour haben könnte.«
    »Vielleicht ist sie die einzige Frau, die er je gesehen hat.« Ich warf ihr einen Blick zu. »Schalte deinen eigenen Glamour aus, damit er dich richtig erkennen kann. Mal sehen, was er dann tut.«
    Also ließ auch Delilah ihre Maskierung fallen. Der gehörnte Junge blickte zwischen uns beiden hin und her und wirkte beunruhigt. Unsicher wich er einen weiteren Schritt zurück.
    Ich hatte das allmählich satt und beschloss, ihm eine Lektion zu erteilen. Kein Grund, ihn zu töten, aber vielleicht würde eine kleine Tracht Prügel etwas bewirken. Ich schüttelte die restliche Energie der Mondmutter zu einer hellen Kugel in meiner Hand zusammen. Der gehörnte Bursche sah argwöhnisch zu. Ich schaute ihm in die Augen, lächelte

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