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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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seinem kleinen Mädchen zugestoßen war? Oder würde er sie beiseitefegen, weil sein Herz so hart blieb, wie es geworden war?
    Mondmutter, dachte ich. Bitte lass mein Ende leicht sein. Lass mich schnell und schmerzlos gehen. Lass mich mit deiner Wilden Jagd durch die Nacht streifen und den Weg zum Land der Silbernen Wasserfälle finden, damit ich meine Mutter wiedersehe.
    Und dann erregte Hyto meine Aufmerksamkeit. Er baute sich vor einem Baum neben dem Weg am Waldrand auf, und mit einem lauten Brüllen, das tief aus seiner Kehle kam, schoss ein Flammenstoß aus seinem Mund, der eine Seite der Tanne in Brand steckte. Hell loderte der Baum in der Dunkelheit auf. Dann riss er mir den Umhang von den Schultern und warf ihn in der Nähe des Baums auf den Boden.
    Was zum Teufel …? Er konnte doch einfach meinen verkohlten Leichnam hier liegen lassen. Das wäre eine Botschaft, die bei Smoky mehr anrichten würde als mein Umhang.
    Hyto bemerkte die Frage in meinen Augen. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Brust, und sein Lachen klang wie ein Vorschlaghammer. »Eine Visitenkarte, meine Liebe. Es gehört sich doch, eine zu hinterlassen. Denn du bist nur eine Hälfte der Gleichung. Mein Sohn soll wissen, dass ich dich besitze. Er soll an dem Wissen zugrunde gehen, dass du jetzt mir gehörst.«
    Nein … nein … Als mir klarwurde, was Hyto da sagte, versuchte ich verzweifelt, mich zu bewegen, den Zauber zu brechen, aber ich konnte mich nicht rühren.
    Er beugte sich vor und starrte mir direkt in die Augen. »Weißt du noch, was ich dir bei unserer ersten Begegnung versprochen habe? Alles, was mein Sohn besitzt, gehört mir, und ich werde es benutzen oder missbrauchen, wie es mir gefällt. Bis Iampaatar meine Dreyrie erreicht, um dich zu retten, werde ich dich so hart und so gründlich gebrochen haben, dass er nur noch ein paar Stückchen von dir aufsammeln kann. Und erst dann werde ich ihn vernichten.«
    Am liebsten hätte ich meinen Geist einfach abgeschaltet, als mir klarwurde, dass Hyto tatsächlich nicht vorhatte, mich zu töten. Noch nicht. Nein, er wollte mich besitzen, mich brechen und in Fetzen reißen. Während ich in Panik geriet, zog er mich in seine Arme, und wir drehten uns, erst langsam, dann immer schneller, bis die Welt verschwamm und ich das Bewusstsein verlor.

    Ich kam auf einer Pritsche wieder zu mir. Das Erste, was ich spürte, waren spitze Strohhalme, die mich in die Seite pieksten. Dann eine kratzige Decke. Ich war noch angezogen – ein gutes Zeichen. Ich war auch nicht mehr gelähmt, zwang mich aber trotzdem, still liegen zu bleiben. Die Vergangenheit hatte mich gelehrt, dass es besser war, die Bewusstlose zu spielen, bis ich wusste, was um mich herum vorging. Ich hielt also die Augen geschlossen und spitzte die Ohren nach dem geringsten Geräusch.
    Wind. Ich hörte den Wind heulen. Mit einem Echo, als bliese er außerhalb an irgendeinem Eingang vorbei. Ein Gebäude hoch oben auf einem Berg? Eine Höhle? Die Luft fühlte sich dünn an – was meine Vermutung stützte, dass ich mich in großer Höhe befand.
    Ich zitterte, und mir wurde bewusst, dass ich trotz der Decke fror. Die Luft war eisig, viel kälter als in unserem Garten. Und sie hatte einen besonderen Geruch …
    O nein.
    Ich wusste, wo ich war – zumindest grob. Irgendwo in den Nordlanden. Der eisige Hauch, der in der Luft lag, war unverkennbar, geprägt von Magie und einer typischen Energie von Eis und Nebel. Verflucht. Hyto hatte seine Drohung wahr gemacht und mich entführt.
    Ich lauschte nach irgendwelchen Bewegungen, hörte und spürte aber niemanden in meiner Nähe, also öffnete ich langsam die Augen und sah mich um. Höhle. Ich lag in einer Höhle in der Nähe eines lodernden Feuers. Ich rutschte dorthin, rieb mir die kalten Hände, wärmte mein Gesicht dicht an den Flammen und achtete dabei auf fliegende Funken.
    Als Nächstes bemerkte ich einen Topf, der über dem Feuer hing, mit einer Flüssigkeit darin. Ich hatte entsetzlichen Durst, aber ich würde mich hüten, das Zeug zu trinken, ohne zu wissen, was es war. Womöglich ein tödliches Gift. Vorsichtig stand ich auf und hüllte mich gegen die Kälte in die kratzige Decke. Mir tat alles weh, und ich war ein wenig benebelt. Das sagte mir, dass wir über das Ionysische Meer gereist waren. Hyto konnte sich dort bewegen, weil er ein weißer Drache war.
    Ein hoher Kreis aus Steinen hatte mich vom größeren Teil der Höhle abgeschirmt. Vorsichtig trat ich dahinter hervor und

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