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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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huschte in den Schatten der Höhlenwand. Vielleicht würde mir die Flucht gelingen. Wenn ich großes Glück hatte, war sogar ein Gasthaus irgendwo in der Nähe? Doch selbst wenn, hätte ich dort nicht bleiben können. Hyto würde auch auf diese Idee kommen und das Gebäude einfach niederbrennen. Nein, ich musste mir irgendwo das Nötigste schnappen und fliehen. Fliehen … wohin …?
    Du warst erst einmal in den Nordlanden, mit Iris, und zwar vergangene Woche. Du hast doch keine Ahnung, wo du bist … zumindest noch nicht.
    Ich ärgerte mich über meine eigene Vernunft, denn ich wollte nichts lieber tun, als Hals über Kopf aus dieser Höhle davonzulaufen, so weit weg wie möglich von diesem gefährlichen Perversen, der irgendwo hier nur darauf wartete, meine Rippen als Zahnstocher zu benutzen. Ich schlich von Schatten zu Schatten hinüber zum Eingang der Höhle und spähte hinaus.
    Scheiße. Verdammte Scheiße.
    Ein schmaler Felsvorsprung, mit Eis und Schnee bedeckt, wand sich vor dem Eingang den Berg hinunter. So schmal, dass ich von Glück reden konnte, wenn ich nicht abstürzte, sobald ich die Höhle verließ. Und wir waren sehr hoch oben. Ich konnte die Gipfel anderer Berge sehen.
    Ich ließ den Blick über das Panorama schweifen. Wenn ich nicht als Gefangene hier gewesen wäre, hätte ich es sehr schön gefunden – ein breites weißes Band, das einen Gletscher mit … noch einem Gletscher … Moment mal. Kann das sein? Ich kniff die Augen zusammen. Weit in der Ferne an einer Bergflanke sah ich etwas, das mir vage bekannt vorkam.
    Konnten das Hels Röcke sein? Dort waren wir mit Iris gewesen. Zugegeben – selbst wenn das die Formation war, würde ich mindestens einen Tag brauchen, um diesen Berg hinunterzukommen, und dann läge noch ein ordentlicher Marsch vor mir. Dabei würde ich ständig mit Felsspalten und Lawinen rechnen müssen. Aber wenn das dort drüben tatsächlich der große Gletscher war, konnte ich mich immerhin an einen Hoffnungsschimmer klammern. Denn nicht weit von Hels Röcken hauste Wolfslied, der Große Geist des Winters. Und der war ein Elementarfürst. Als einer der wahrhaft Unsterblichen konnte er es mit einem Drachen aufnehmen.
    Ein Geräusch ließ mich zusammenzucken. Da kam jemand. Ich eilte zurück zum Feuer und legte mich wieder hin, und zwar so, dass ich durch spaltweit geöffnete Lider sehen konnte, wer es war.
    Hyto. Zur Hölle. Aus seinen Worten schloss ich, dass er mich am Leben lassen wollte, bis Smoky kam, aber in welchem Zustand, das war die Frage. Ich überlegte, ob ich mich weiter schlafend stellen oder mich lieber wappnen sollte, falls er auf die Idee kam, mich zu treten oder sonst wie zu attackieren. Das hätte ich ihm jederzeit zugetraut. Schließlich entschied ich mich dafür, mich auf den Boden zu kauern, so dass ich wenigstens ausweichen oder weglaufen konnte.
    Er kam in den abgeteilten Bereich und musterte mich mit ausdrucksloser Miene. Sein Alter war schwer zu erraten – wäre er ein Mensch gewesen, hätte ich ihn auf Ende vierzig geschätzt. Aber er war schlank und groß wie Smoky, und obwohl mir das nicht gefiel, sah ich die Ähnlichkeit in seinen Gesichtszügen. Das war aber auch alles, was er mit seinem Sohn gemein hatte.
    Ohne den Blick von meinem Gesicht abzuwenden, schlenderte er langsam auf mich zu. Das arrogante, hämische Grinsen wäre schon schlimm genug gewesen, doch der Ausdruck seiner Augen war eiskalt. Kein Erbarmen. Keinerlei Mitgefühl.
    Langsam stand ich auf und wich zurück, als er den halbhohen Kreis aus Stein betrat und auf mich zuhielt. Ich wollte etwas sagen, aber was? Bitte überleg es dir noch einmal? Wenn du mich anrührst, wirst du sterben? O ja, das würde bei einem Drachen sicher funktionieren.
    Keinen halben Meter vor mir blieb er stehen, ließ den Blick von meinen Füßen aufwärts über den ganzen Körper gleiten und verweilte ein wenig bei meiner Hüfte und meinen Brüsten. Das Eis in seinen Augen schmolz ein kleines bisschen, als Begehren darin aufglomm.
    Schlimmer, viel schlimmer als dieser kalte, distanzierte Blick.
    »Du willst also immer noch nicht um dein Leben flehen? Nicht um Gnade winseln? Du bist zu dreist für eine Sterbliche – auch für eine halbe Fee.« Er griff mit einer Haarsträhne nach mir. Ich erwartete, dass er mich damit wieder streicheln würde, doch stattdessen holte das Haar plötzlich aus und schlug zu wie eine Peitsche. Es schlitzte mir die Wange auf.
    Der Schmerz traf mich völlig unerwartet, und

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