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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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hält meinen Sohn gefangen. Ich helfe ihm, damit mein Sohn am Leben bleibt. Was bedeutet, dass ich alles tun werde, was er verlangt. Vergiss das nie. Ich werde mir keine große Mühe geben, dem Herrn zu helfen, aber ich werde auch nichts tun, was mein Kind in Gefahr bringt. Hast du verstanden?«
    »Ja … ich verstehe.« Und ich verstand sie wirklich. Sie beschützte ihr Kind – sie würde alles tun, was nötig war. Hyto verstand es, sich Leute gefügig zu machen, das stand fest. Er wusste genau, auf welche Knöpfe er drücken musste.
    »Gut. Folge mir und sei jetzt still.«
    Wir gingen durch mehrere lange Kammern, alle so kahl und leer wie die erste. Entweder hatte Smoky seine Vorliebe für ein komfortables Zuhause nicht von Hyto geerbt, oder der versteckte alle guten Sachen in seinen Privatgemächern. Jede dieser Höhlen war kalt, karg und ungemütlich, und im Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher als mein Bett zu Hause, mit einer weichen Decke und meinen Geliebten neben mir. Ich vermisste meine Ehemänner und meine Schwestern so sehr, dass mir schlecht war. Aber ich riss mich zusammen und bemühte mich, die Angst zurückzudrängen. Ich musste mir diese Höhlen einprägen. Falls ich ein Versteck brauchen sollte, musste ich wissen, wo ich verschwinden konnte.
    Wir betraten eine kleinere Kammer zur Linken. Endlich ein Wohnquartier – zumindest für Sterbliche. Mehrere Betten waren im Raum verteilt, insgesamt zählte ich zwölf. In der Mitte der Höhle dampfte ein Bassin voll heißem Wasser. Eine natürliche heiße Quelle? Unwahrscheinlich. Wohl eher Schnee, geschmolzen über dem riesigen Feuer in einer Grube am anderen Ende. Auch hier war es noch kalt, aber nicht mehr ganz so eisig wie in den äußeren Höhlen, vor allem, nachdem die Frau einen Vorhang vor dem Eingang zugezogen hatte.
    »Setz dich und lass mich diese Wunde säubern.« Sie schob mich zu einer schmalen steinernen Bank. Ich setzte mich und betastete die geschwollene Schnittwunde, die Hytos Haar an meiner Wange hinterlassen hatte. Sie fühlte sich warm an, und ich fragte mich, ob Drachenhaar entzündliche Wunden verursachen konnte. Dann rasselte etwas am anderen Ende der Höhle, und ich schnappte nach Luft.
    »Was ist das?« Ich sprang auf und sah mich um.
    »Mein Sohn. Hinsetzen.« Sie schob mich zurück, und ich ließ mich langsam wieder auf die Bank niederdrücken. Mit zusammengekniffenen Augen spähte ich ins Halbdunkel. Als meine Augen sich an das trübe Licht der Laternen gewöhnt hatten, entdeckte ich schließlich etwas: einen Käfig aus Eisen und starkem Leder. Er hing gut zwei Meter über dem Höhlenboden an Lederriemen von der Decke und war etwa so groß wie ein umgekippter Kleiderschrank.
    Darin hockte ein junger Mann, etwa fünfzehn, mit wild funkelnden Augen. Sein langes, goldblondes Haar war zu Dreads verfilzt und so schmutzig, dass es stellenweise schwarz war. Er war mit einer derben Hose bekleidet, die von einem Stück Schnur um die Taille gehalten wurde. Als ich genauer hinsah, entpuppte sich das vermeintliche Mesh-Top als Geflecht erhabener Narben. Er war geschlagen worden, und zwar so, dass Muster aus dauerhaften Narben entstanden.
    Menollys Schilderungen ihrer Folter schossen mir durch den Kopf, als ich den Jungen betrachtete.
    Hyto. Das musste Hyto gewesen sein. Er hätte keinerlei Skrupel, einen Sterblichen zu quälen – Nordmann hin oder her, und sei es ein Kind.
    Ich blickte zu der Frau auf, die mich beobachtete. »Wie heißt du? Und wie heißt dein Sohn? Hat Hyto …«
    »Ich heiße Hanna. Mein Sohn heißt Kjell. Und ja, der Herr bestraft meinen Sohn für meine Fehler.« Ihre Oberlippe zuckte, und sie blinzelte rasch, aber ich sah trotzdem, dass sie Tränen zurückhalten musste.
    »Er hat auch damit gedroht, den Rest deiner Familie zu töten, nicht wahr?« Eigentlich brauchte ich gar nicht zu fragen. Ich wusste, wozu Hyto fähig war. Er würde zu jeder erdenklichen Form seelischer und körperlicher Folter greifen, und um jemanden zum Gehorsam zu zwingen, war die Drohung, dessen Familie zu vernichten, sehr gut geeignet.
    Hanna reinigte sanft die Wunde an meiner Wange und strich dann irgendeine Salbe darauf. »Er hat meinen Mann getötet. Meine Töchter konnte ich noch aus dem Haus schmuggeln, ehe er sie zu fassen bekam. Aber Kjell und mich hat er erwischt, als wir fliehen wollten.« Noch einmal trug sie die Salbe auf, dann trat sie zurück. »So. Jetzt zieh dich aus. Denk nicht einmal daran, mir zu widersprechen. Du

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