Hexentöchter: Erotischer Vampirroman (German Edition)
gelegentlich sogar die Beherrschung hatte verlieren lassen. Es lag an Charlotta, dass er wieder Gefühle zuließ. Er musste achtsamer sein, vor allem jetzt, da Arsakes nach Macht strebte.
Er betrachtete Arsakes ebenso eindringlich wie dieser ihn. Sein hageres Gesicht wirkte zeitlos, wie auch seines. Wenn man viele Jahrhunderte, sogar ein Jahrtausend lebte, hinterließ die Zeit irgendwann keine Spuren mehr, außer in den Augen. Arsakes hatte tiefe Falten, die von seiner Nase bis zu seinem Kinn führten, seine Stirn war gefurcht. Der grausame Zug um seinen Mund, der schon in der Jugend seine Züge dominiert hatte, trat noch deutlicher hervor.
„Trinkst du immer noch Blut?“ Arsakes Stimme klang ganz ruhig, neutral, aber Cyrill hörte doch den lauernden Tonfall heraus.
„Gelegentlich. Sonst würde ich altern.“ Es war eine Lüge. Ihm lag nichts daran, nicht zu altern. Eigentlich hatte es ihm nie etwas bedeutet. Er hatte auch nie bewusst die Wahl gehabt, aber das hatte er erst viel später begriffen, als es schon zu spät gewesen war. Aber wenn Arsakes annahm, dass er sich mit Blut stärkte, würde ihn das vorsichtiger machen.
Arsakes wandte sich ab und ging einige Schritte hin und her, die Hände auf dem Rücken verschränkt, den Kopf nachdenklich nach vorn geneigt. Ein leichter Windstoß kam durch die zerbrochene Fensterscheibe herein, wirbelte den Staub vom Boden auf und trieb den üblen Gestank vom Fluss, den Geruch nach Abfällen und toten Fischen zu ihnen. Durch das Fenster sah Cyrill, dass einige Männer mit Eimern die Straße entlang kamen, sie lachten, aber als sie das Haus erreichten, verstummten sie und drückten sich schnell vorbei.
Arsakes blieb abrupt stehen und wandte sich Cyrill zu. „Du solltest dich auf meine Seite stellen.“
Cyrill sah ihn gleichgültig an. „Du weißt, dass mich das nicht interessiert.“
„So warst du immer schon. Hattest kein Verständnis für …“
„Macht? Grausamkeit?“ Cyrill verzog bitter den Mund.
„Wie sehr du mich missverstehst! Du bist mir immer wieder ausgewichen“, sagte Arsakes schmerzlich. „Mir, der dir näher steht als jeder andere auf dieser Welt.“ Er machte einen raschen Schritt auf Cyrill zu. „Weshalb verbindest du dich nicht mit mir? Gemeinsam könnten wir die ganze Erde beherrschen.“
„Darauf zielst du ab?“
„Sieh dich doch an“, erwiderte der andere mit einem ironischen Lächeln. „Du langweilst dich. Meinst du, dass diese Frau dich lange unterhält? Schon bald wirst du wieder nach neuen Reizen Ausschau halten. Macht, Cyrill, ist das Einzige, das niemals langweilt.“
„Macht bedeutet mir nichts.“ Er war gelangweilt, das stimmte. Aber das hatte daran gelegen, dass er versucht hatte, nichts mehr zu empfinden. Er hatte die langen Jahre der Enttäuschungen, des Schmerzes, der Trauer, des Verlustes nicht mehr ertragen. Die Jahrhunderte, in denen er Freunde und Geliebte hatte kommen und gehen, leben und sterben sehen, hatten ihn nicht weiser gemacht, sondern empfindlicher. Bis er begonnen hatte, jedes Gefühl fortzuschieben. Ein kurzes Aufwallen von Neugier und Lust war alles, was er sich noch gestattet hatte. Aber nun war Charlotta in sein Leben getreten, und Langeweile war wohl das Letzte, was ihm zu schaffen machte. Aber das war etwas, das Arsakes nicht einmal ahnen durfte.
Dessen heiseres Lachen drang in seine Gedanken. „Weil du nie gewagt hast, Macht zu kosten, sie wirklich an dich heranzulassen. Macht und ewiges Leben. Das ist es, was ich dir bieten kann, Cyrill!“
„Ich will beides nicht. Und du solltest auch nicht danach streben.“ Cyrill betrachtete sein Gegenüber nachdenklich. „Ich weiß, was du vorhast, Arsakes, aber ich warne dich. Nicht alle werden sich leicht auf deine Seite ziehen lassen. Du wirst mit großem Widerstand rechnen müssen, sogar mit Krieg. Selbst die Menschen werden gegen dich vorgehen, wenn du ihre Gesetze brichst.“
Arsakes Augen wurden schmal. „Drohst du mir? Willst du dich gegen mich stellen?“
„Du wolltest mich sprechen, um das abzuklären“, erwiderte Cyrill. „Und hier ist meine Antwort: Halte Frieden, dann hast du in mir keinen Feind.“ Er warf Arsakes noch einen scharfen, eindringlichen Blick zu, dann wandte er sich um und ging zur Tür.
„Du kannst dich mir anschließen, Cyrill“, rief ihm Arsakes nach. „Aber wage es nicht, dich gegen mich zu stellen, sonst muss ich dich vernichten!“
Cyrill zuckte mit den Schultern und ging ohne Eile davon.
„Malefica, meine
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