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Hexentraum

Hexentraum

Titel: Hexentraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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verflucht, dass sogar ihm die Haare zu Berge standen.
    Einen dieser Orte würde er heute Nacht aufsuchen. Ein köstlicher Schauer rieselte seinen Rücken hinab, und er nahm sich einen Moment Zeit, dieses Kribbeln zu genießen.
    »Ist Holly fertig?«
    Der Wichtel hüpfte auf und ab und nickte voll hämischer Freude.
    Michael grinste. »Dann sollten wir gehen.«
    Holly saß auf dem Rücksitz, halb betäubt und leicht sabbernd. Der Wichtel sprang auf ihr herum, hopste sogar auf ihren Kopf und ließ sich dort nieder, und sie nahm keine Notiz davon. Michael warf einen Blick in den Rückspiegel und lächelte grimmig. Der Nachthimmel war klar, die Sterne leuchteten hell. Der verfluchte Mond war nirgends zu sehen. Michael hatte eine mondlose Nacht für das Ritual gewählt - es war besser, wenn dieses Symbol der Göttin nicht dabei war. Noch lieber hätte er die Zeremonie abgehalten, während der Gott unangefochten über den Mittagshimmel herrschte, doch aus Gründen der Diskretion brauchte er den Schutz der Dunkelheit. Als er auf dem Parkplatz der Baptistenkirche hielt, war folglich niemand da, der ihn hätte sehen können.
    Er stieg langsam, beinahe ehrfürchtig aus dem Auto. Das hatte nichts mit der derzeitigen Funktion der Kirche zu tun, sondern mit ihrer früheren Geschichte. Dies war einst eine Kirche der Freimaurer gewesen, und es hieß, dass dort sowohl Tiere als auch Menschen geopfert worden seien. Michael hatte die Identität jener, die diese Opfer dargebracht hatten, nie sicher bestimmen können. Doch an den Mauern und in den verborgenen Räumen unter der Kirche hatte er genug gesehen, um zu wissen, dass sich dort noch viel Schlimmeres als Menschenopfer zugetragen hatte.
    Er öffnete die Fondtür und zerrte Holly vom Rücksitz. Sie schwankte, als er versuchte, sie auf die Beine zu stellen. Ungeduldig warf er sie sich über die Schulter und ging auf den Seiteneingang des Gebäudes zu. Der Wichtel tänzelte neben ihm her.
    Die Tür war nicht verschlossen - Christen können ja so vertrauensselig sein -, und er schlüpfte hinein. Er schloss die Tür und ging zum Diakonieraum, wobei er sich bemühte, die Kirchenbänke nicht zu berühren. Die Tür zum Nebenraum war ebenfalls nicht abgeschlossen, und der Wichtel hielt sie auf, während Michael Holly hineintrug.
    Er setzte sie an der Wand ab und lehnte sie so in die Ecke, dass sie hoffentlich nicht umkippen würde. Dann kniete er vorsichtig an der Rückwand nieder und fuhr mit den Fingern unter die Kante des Teppichbodens. Er hob ihn leicht an und löste ihn dann mit einem mächtigen Ruck, so dass sich der Teppich zur Hälfte auf die andere Seite des Raums faltete. Darunter kam der nackte Boden mit einer Falltür zum Vorschein.
    Michael beschwerte den umgeschlagenen Teppich, damit er nicht zurückrutschte und die Falltür bedeckte. Er klappte sie hoch und legte sich Holly wieder über die Schultern. Der Wichtel nahm seine Taschenlampe und wankte ihm voran die Treppe hinunter, so dass der Lichtstrahl hin und her schwenkte.
    Es ging hinab in so greifbar dichte Dunkelheit, dass Michael sich belustigt fragte, ob sie direkt in die Hölle stiegen. Üble Gerüche drangen ihm in die Nase, die feuchte, muffige Luft stank nach Blut und Tod. Dann hatten sie die letzte Stufe hinter sich und standen in einem Verlies, von dem in der kleinen Baptistenkirche da oben niemand etwas ahnte. Das Böse bedeckte die Wände und stieg aus dem Boden auf. Michael erschauerte, als es ihn erfasste, und ihm sträubten sich die Nackenhaare. Dies war ein finsterer Ort, ein böser Ort, der wesentlich schlimmere Dinge gesehen hatte als das, was er hier zu tun plante. Er machte ihm Angst, und da er das so selten erlebte, genoss er das Gefühl. Er war erst ein Mal hier gewesen, als Kind. Sein Vater hatte ihn mitgenommen, und das Erlebnis war ihm klar und deutlich in Erinnerung geblieben. Allerdings hatte er sich nicht getraut zu fragen, wie sein Vater diesen Ort gefunden hatte.
    Er stellte Holly wieder auf die Füße und schlang einen Arm um sie, damit sie stehen blieb. Sie wandte ihm den Kopf zu, starrte ihn mit großen, wilden Augen an und begann, leise vor sich hinzusummen. Es klang beinahe wie ein Kinderlied. Dann lachte sie plötzlich laut und hohl, und das Geräusch hallte schauerlich von den Wänden wider.
    Als er ihr forschend in die Augen blickte, zuckte er leicht zusammen. Sie sah... glücklich aus... als fände das Wesen, das Besitz von ihr ergriffen hatte, diesen Ort ganz nach seinem Geschmack.

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