Hexentraum
Geist zu retten.«
Die Katze stand auf, blinzelte ein Mal und verließ den Raum. Luna blieb erschüttert und gedemütigt zurück. »In die Stadt der Teufel werde ich gehen, ja«, schwor sie.
Und sie glaubte, die Göttin zur Antwort seufzen zu hören.
Vier
Artemis
Im Triumph die Deveraux herrschen
Nichts wird je sein wie zuvor
Stöhnt und weint nur, ihr Cahors
Sterbend unter samtblauem Himmel
Alle Reinheit ist nur Trug
Liebe nichts als Vorwand für
All die Dinge, die wir tun
Gutes ist selten, Wahrheit nur Lug
Seattle: Michael und Holly
Michael meinte, dass Holly schon ein wenig besser aussah. Andererseits war das schwer zu beurteilen. Ihre Augen glänzten ... Sie könnte Fieber haben, oder eine der Höllenbestien in ihr steigt gerade empor. Sie sabberte nicht mehr... Vielleicht ist sie dehydriert. Sie hatte es sogar geschafft, selbstständig ein wenig zu essen... Nun, sie hatte mehr davon im Gesicht als im Mund. Er seufzte. Es gab nur eine Möglichkeit, sich Gewissheit zu verschaffen.
Sie saß auf dem Sofa, in die Betrachtung ihrer Knie versunken. Vorsichtig setzte er sich neben sie. »Holly, hörst du mich?«, fragte er.
Sie nickte knapp.
»Verstehst du mich?«
Sie sah ihn an und nickte erneut.
Ha, ein Fortschritt! »Holly, ich möchte, dass du mir sehr aufmerksam zuhörst.«
Ihr Blick war immer noch auf ihn gerichtet. Ein gutes Zeichen. »Holly, ich will, dass du Amanda und Nicole Anderson tötest.«
Er wartete kurz, während sie darüber nachzudenken schien. »Amanda und Nicole töten«, sagte sie langsam.
Beinahe hielt er den Atem an. Die Verbindung zu ihr war schwach, aber offenbar da. Er sandte seine Gedanken aus und drängte sanft in ihren Geist. Mein Wille sei deiner. So funktionierte die Hörigkeit.
Laut fragte er: »Holly, kannst du das tun?«
Sie hob die Hand. »Töten«, flüsterte sie. Sämtliche Glühbirnen im Raum explodierten.
In der plötzlichen Dunkelheit wusste Michael nichts anderes zu sagen als: »Sehr gut.«
Luna: Los Angeles
Luna, Hohepriesterin des Mutterzirkels, starrte aus dem Fenster, während das Flugzeug über dem Los Angeles International Airport kreiste. Schwerer, giftiger Smog hing über der Stadt wie ein Leichentuch über einem verwesenden Kadaver. Die Erde, das Meer, die Luft selbst waren dort reines Gift, die Menschen wandelnde Leichen, bloße Hüllen menschlicher Wesen, hohl und leer. Doch auch das erklärte nicht die Finsternis, die Luna sehen konnte, die meisten Leute aber nicht. Eine Düsternis lag über der gesamten Umgebung, die waberte wie zahllose schwarze Schatten. Das Böse, das aus den Gebäuden, den Leuten, ja selbst der Erde wallte, war überwältigend.
Sie bewegte die Lippen in stummem Gebet an die Göttin und bat um Schutz und Führung. Als die Maschine mit dem Landeanflug begann, bekam sie eine Gänsehaut. Das junge Mädchen neben ihr rutschte unbehaglich auf dem Sitz hin und her und rückte von Luna ab. Sie hält mich für verrückt, dachte Luna traurig. Sie betrachtete die freizügige Kleidung des Teenagers, den seelenlosen Blick und das von einem Schönheitschirurgen perfektionierte Gesicht. In Wahrheit ist sie diejenige, die verrückt ist. Sie opfert ihre Jugend und ihre Seele dieser Stadt des Bösen, die schon so viele vor ihr verschlungen hat und noch viele nach ihr verschlingen wird.
Luna wandte sich wieder dem Fenster zu. Das Flugzeug hatte noch nicht einmal den Boden berührt, doch sie fühlte sich jetzt schon müde, ausgezehrt und alt. Sie betete weiter, stärkte ihren Geist und versuchte die Zellen ihres Körpers zu beruhigen, die vor dem Grauen dort unten zurückscheuten.
Als das Flugzeug landete, fühlte sie sich elend, und ihr war schlecht. Es dauerte fünfzehn Minuten, bis sie das Gate erreichten, und sobald die kleine Leuchtanzeige ihnen erlaubte, die Sicherheitsgurte zu öffnen, sprang das Mädchen neben ihr auf und eilte den Gang entlang nach vorn. Die Tür ging auf, und die Luft von draußen rauschte herein und vermischte sich mit der im Flugzeug. Luna drehte es den Magen um. Sie blickte umher: Alle anderen mühten sich mit ihrem Gepäck ab, und niemand sonst schien die Veränderung zu bemerken. Sie seufzte tief und schloss die Augen. Manchmal ist es wirklich die Hölle, eine Hexe zu sein.
Sie brachte den Weg durch den Flughafen so rasch wie möglich hinter sich. Selbst hier gedieh die schäbige Schattenseite der Stadt. Bettler spazierten herum, verkauften Aufkleber und anderen Kleinkram und drängten sich den
Weitere Kostenlose Bücher