Hexenwahn
Mann erfaßt.
Wie eine Puppe schleuderte ihn die schwere Rammstange hoch, dann fiel er wieder zurück, klatschte auf die Fahrbahn, und da waren plötzlich die gewaltigen Reifen dicht vor seinem Gesicht.
Als der Fahrer endlich bremste und der Lastwagen stand, lebte der Bobby bereits nicht mehr. Zeugen sagten hinterher, sie hätten etwas Grünes durch die Luft wischen und innerhalb eines schwarzen Jaguars verschwinden sehen, Wikka reagierte sofort. Eine kurze Drehung des Zündschlüssels, der Wagen fuhr ab. Die Oberhexe zeigte den entsetzten Zuschauern einen regelrechten Kavalierstart, behinderte noch zwei andere Wagen und war dann verschwunden. Jane hatte es nicht geschafft.
Schreiber atmete auf und lachte. »Das hättest du dir so vorgestellt, wie?« höhnte er. »Aber jetzt ist dein Helfer tot, und du bist es so gut wie.«
Jane hörte die Worte wie durch Watte gefiltert. Sie richtete sich auf und tastete dabei ihr Kinn ab. Wo die Faust sie getroffen hatte, schwoll es an.
»Ich hätte dir auch das Messer in den Bauch jagen können«, erklärte Schreiber. »Aber wir brauchen dich noch für unsere Hexenhochzeit.«
Wieder lachte er und holte dann einen Spiegel aus der Tasche. Er war rechteckig und nicht sehr groß. »Da, schau hinein!«
Jane nahm den kleinen Spiegel mit zitternden Fingern entgegen. In einer Handlänge Abstand hielt sie ihn vor ihr Gesicht. Zuerst sah sie ihr Kinn.
An der Spitze schimmerte es bläulich. Als sie den Spiegel anhob und einen größeren Teil ihres Gesichtes darin sah, konnte sie zuerst nichts Außergewöhnliches finden. Bis sie die Stirn sah.
Und dort, genau zwischen den Augen, befand sich das Zeichen, das Gordon Schreiber mit seinem Messer in die Haut geritzt hatte. Es war ein W.
Das Zeichen für Wikka - das Hexenmal!
»Jetzt«, kicherte Gordon Schreiber, »jetzt bist eine von uns, Jane Collins…«
Die Detektivin bekam Angst…
***
Judy Gray, so hieß die Freundin von Celia. Und sie sollte angeblich eine Hexe sein.
Wir waren gespannt. Suko und ich spielten mit vertauschten Rollen, denn nicht ich hockte hinter dem Steuer, sondern mein chinesischer Freund und Kollege. Er wollte, daß ich meine Hände schonte. Ich hatte zwar offiziell dagegen protestiert, doch irgendwie war es mir recht. So locker wie sonst wäre ich sicherlich nicht gefahren.
Die Adresse hatten wir uns gemerkt. Die Black Prince Road liegt nahe der Themse. Wir fuhren in Richtung Süden, passierten das große Westminster Hospital und sahen zu, daß wir auf die Lambeth Bridge kamen. Wenn man nach links schaute, waren der Tower zu sehen und die Grünanlagen davor, die Victoria Tower Gardens heißen. Auf der anderen Seite der Themse war der Verkehr nicht schwächer geworden. Hinter der Brücke begann ein Verteiler, und wir bogen in die Lambeth High Street ein, die direkt in die Black Prince Road mündet.
Und genau dort an der Ecke befindet sich das Hauptquartier der Feuerwehr.
Wir hatten es kaum passiert, als wir schon das Heulen vernahmen.
Alarm!
Ich drehte mich um und schaute durch die Heckscheibe. Zwei große Löschwagen verließen soeben die breite Einfahrt und rasten hinter uns her. Allerdings hatten wir so viel Vorsprung, daß wir nicht erst Platz zu machen brauchten.
»Was ist?« fragte Suko, als er von der Seite her in mein Gesicht schaute.
»Ich habe ein ganz dummes Gefühl.«
»Wieso?«
»Daß das Ausrücken der Feuerwehrwagen etwas mit unserem Fall zu tun hat.«
»Mal den Teufel nicht an die Wand.«
»Das brauche ich auch gar nicht. Sieh mal nach vorn!«
Fette Rauchwolken stiegen in den klaren Dezemberhimmel und verdunkelten ihn. Dies geschah auf der linken Seite, und dort wohnte Judy Gray.
»Shit!«
Suko fuhr noch schneller. Schon bald mußte er bremsen, denn zahlreiche Menschen hatten sich auf dem gegenüberliegenden Gehsteig versammelt und gafften.
Der Chinese ließ den Bentley ausrollen. Er fuhr ihn dabei dicht an den Straßenrand, denn wir wollten den Feuerwehrwagen nicht im Weg stehen. Als wir ausstiegen, rauschten sie schon heran. Das Jaulen der Sirenen schmerzte in unseren Ohren. Die Männer sprangen vom Wagen und begannen mit ihrer hektischen, aber wohldurchdachten Tätigkeit. Da wurden Leitern ausgefahren und Schläuche ausgerollt. In der Nähe stand ein Hydrant.
Suko und ich schauten auf das Haus. Es war vierstöckig. Niemand von uns wußte, in welcher Etage Judy Gray wohnte, aber es brannte die letzte Wohnung unter dem Dach. Durch die Hitze waren die Scheiben längst geplatzt,
Weitere Kostenlose Bücher