Hexenwahn
paßte. »Warum hast du mir nichts davon gesagt, Gordon Schreiber?«
»Ich hielt es nicht für wichtig.«
»Aber jetzt, wie?«
»Genau. Es hat sich eben etwas ergeben, was mir nicht gefällt. Ich rief bei Samantha an. Sie hat sich nicht gemeldet. Es ging überhaupt keiner an den Apparat.«
»Das kann viele Gründe haben.«
»Klar. Nur habe ich zwei Stunden später noch einmal telefoniert. Da war sie immer noch nicht zu Hause. Auch Judy Gray meldete sich nicht. Bei den anderen passierte das gleiche. Ich habe das Gefühl, daß jemand eine Schlinge um uns gelegt hat.«
»Und wer sollte das wagen?«
»Zunächst einmal die Hexenjäger.«
Wikka winkte ab. »Das sind Schwachköpfe. Vergiß nie, daß wir unter dem Schutz eines Mächtigen stehen.«
»Daran denke ich auch. Aber da existiert noch dieser Geisteräger John Sinclair. Ich habe ihn kennengelernt. Ein sehr gefährlicher Mann, kann ich dir sagen.«
»Auch nur ein Mensch.«
»Das stimmt, aber er hat der Hölle schon manche Niederlage beigebracht. Selbst gegen Asmodis hat er Kämpfe bestanden. Daran solltest du denken.«
Jetzt grinste die Hexe. »Er weiß doch nichts von uns. Er hat keine Ahnung, was wir hier in London vorhaben. Da kann er forschen, so viel er will. Nie wird er auf unsere Spur kommen.«
»Vielleicht durch sie.« Schreiber deutete auf Jane Collins.
Der Oberhexe warf der Detektivin einen schnellen Blick zu. »Ist sie in der Lage gewesen, mit ihm zu telefonieren? Wohl kaum. Wir hatten sie immer unter Kontrolle. Deshalb verstehe ich nicht, wieso du dir große Sorgen machst.«
»Ich bin eben nur vorsichtig.«
Wikka lachte auf und warf dabei ihren Kopf in den Nacken. »Wie oft soll ich es dir noch sagen, daß du nicht immer wie ein Mensch denken sollst. Durch den Schlangenbiß trägst du den Keim der Hölle in dir, Gordon Schreiber. Du wirst es erleben. Es gibt keine Menschen, die dich besiegen können.«
Schreiber runzelte die Stirn. Wikkas Worte hatten seine Skepsis nicht vertreiben können.
»Sie werden kommen!« flüsterte die Hexe. »Sie müssen kommen. Denn sie sollen erleben, wie durch diese Hochzeit unsere Macht bis fast ins Unermeßliche wächst, so daß wir uns schon bald mit Asmodis, dem Herrn der Hölle, vergleichen können. So muß es sein, und so wird es sein, Gordon Schreiber. Weder John Sinclair noch irgend jemand aus dem Club der Hexenjäger können uns etwas antun. Wir haben die Macht und kein anderer.«
Solche und ähnliche Worte hatten einen Mann wie Gordon Schreiber immer überzeugt. Heute jedoch, an diesem ereignisreichen Tag, war er voller Skepsis und böser Ahnungen. Seltsam, sehr seltsam…
***
Wir fuhren dorthin, wo sich unsere zweite Heimat befand. Zum Yard Building. Ein Fahrstuhl brachte uns hoch zum gemeinsamen Büro. Auf dem Weg dorthin zogen wir uns einen Automatenkaffee. Glenda war nicht mehr da, sie hatte sich einen halben Tag Urlaub genommen, um Weihnachtseinkäufe zu machen. Da wir Freitag hatten, würde sie sich wohl in das dickste Gewühl stürzen müssen. Als ich mir eine Zigarette anzündete, deutete der Chinese auf das Telefon. »Du wolltest eine gewisse Jane Collins anrufen, John.«
»Das mache ich auch.« Erst nahm ich noch einen Schluck vom dem miesen Kaffee und tippte dann Janes Nummer. Eigentlich rechnete ich damit, daß sich Jane melden würde, doch es hob niemand ab. Allerdings hörte ich ihre Stimme aus dem Anrufbeantworter, und von ihm erfuhr ich, daß Jane einige Tage Urlaub machte.
Ich legte den Hörer auf.
»Was ist?« fragte Suko, der es wohl meinem Gesicht angesehen hatte, daß etwas nicht stimmte.
»Jane macht Urlaub.«
Auch Suko war erstaunt. »Ehrlich?«
»Ja.«
»Das hätte sie uns doch gesagt. Sie ist noch nie unangemeldet für einige Tage verreist.«
»Davon habe ich auch nichts gesagt.«
»Du meinst, daß sie in London geblieben ist?«
»Das ist anzunehmen.«
Suko schüttelte den Kopf. »Ich verstehe das nicht. Wirklich. Daß Jane solche Dinge dreht, ist mir unverständlich. Es sei denn…« Er stockte.
»Rede weiter«, forderte ich ihn auf.
»Es sei denn«, wiederholte Suko, »Gordon Schreiber hätte sich Jane Collins geschnappt.«
Genau daran hatte ich auch gedacht. Eine halbe Minute sprachen wir nicht. Ich brach schließlich das Schweigen. »Wir wissen leider nicht, wie lange sich Schreiber schon in London aufhält, und verdammt noch mal, wenn er bereits einige Tage hier ist, dann wird er auch Zeit und Gelegenheit gehabt haben, sich mit Jane Collins zu befassen.
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