Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
Vom Netzwerk:
will.«
    »Nun gut, doch wissen wir, wo er sich jetzt aufhält«, sagte Cole. »Im japanischen Teegarten, nicht wahr?«
    »Und? Wie soll uns das weiterhelfen?«
    »Dies ist meine Stadt, Marla«, sagte Cole mit sanfter Stimme, und Marla spürte plötzlich eine starke Verbundenheit mit ihm. Dies war seine Stadt, genauso wie Felport ihr gehörte. All die anderen Magier, die ihr Amt untereinander weitergegeben hatten, waren nur Coles Regenten, auch wenn sie davon nichts ahnten. »Nichts bleibt mir verborgen«, sagte Cole. »Ich kann jeden Teil dieser Stadt genauestens unter die Lupe nehmen, und keine Macht auf dieser Welt oder darunter kann mich davon abhalten. Haben Sie einen Spiegel?«
    Marla öffnete ihren Rucksack und zog ein Bündel aus Styropor, Luftpolsterfolie und Klebeband heraus. Manche Magierinnen, wie Susan beispielsweise, hatten reich verzierte Handspiegel mit einer Rückseite aus Perlmutt, in die Edelsteine eingelassen waren, aber Marlas Wahrsagespiegel war einfach nur ein Splitter von Sauvages Rasierspiegel, des Magiers, der Felport vor Marlas Amtszeit regiert hatte.
Marla faltete das Bündel auseinander und zog ein langes, dreieckiges Stück verspiegelten Glases heraus.
    »Dies Stück ist durch mächtige Hände gegangen«, sagte Cole beeindruckt und wog den Spiegel behutsam in der Handfläche. Er blickte hinein. »Schauen Sie«, sagte er.
    Der Spiegel zeigte den Japanischen Teegarten von oben. Cole murmelte etwas, und das Bild wurde größer, Pagoden, steinerne Brücken, Kieswege und Bäume wurden herangezoomt. Es waren auch Leichen zu sehen: tote Touristen, tote Angestellte, alle mit aufgeschnittenem Brustkorb und herausgerissenen Herzen. Das Blut schimmerte immer noch - sie waren erst vor Kurzem gestorben.
    Dann erschien Mutex im Spiegel. Ein Herz in jeder Hand stand er vor einer überlebensgroßen, bronzenen Buddhastatue und presste das Blut heraus, das zwischen seinen Fingern hervorquoll und auf die nackte Erde um das Fundament der Statue tropfte. Gleich neben der Statue lag ein Haufen blutbespritzter Früchte: Pfirsiche, Orangen, Erdbeeren, Zitronen und noch anderes Obst. Mutex’ Korb stand auf dem Boden, der Deckel war offen, und überall um ihn herum hüpften gelbe Frösche. Über ihm schwebte ein Schwarm Kolibris wie ein rubinrotes Zeltdach.
    »Diese Buddhastatue war noch nicht da, als ich den Park das letzte Mal sah«, sagte Cole. »Was ist das zu seinen Füßen?«
    Das Bild wurde größer, und man konnte ein Loch zu den Füßen des Buddha sehen. Es füllte sich langsam mit Blut. »Etwas ist in dem Loch vergraben«, sagte Cole.
    »Eine Statue«, sagte Marla und dachte an die Statue Tlaltecuhtlis, die aus der Galerie gestohlen worden war. »Ein Abbild der Gottheit, die er wiedererwecken will. Er füttert sie mit Blut.«

    »Er bespritzt auch den Buddha mit Blut«, sagte Cole. Beide starrten wie gebannt in den Spiegel, als Mutex ganze Hände voll Blut und Erde auf dem Bauch des Buddha verschmierte.
    »Die meisten Buddhisten, die ich kenne, sind zwar ziemlich umgängliche Leute«, sagte Marla, »aber ich glaube, bei dem Anblick würden sogar die ausflippen.«
    »Die kleine Statue ist eine Opfergabe«, sagte Cole. »Vielleicht auch eine Art Erinnerung, etwas, um den Geist Tlaltecuhtlis zu erwecken und ihm zu seiner ursprünglichen Gestalt zu verhelfen. Der Buddha ist der Kristallisationskeim, verstehen Sie? Die Gottheit kann nicht ohne einen Körper erscheinen, sie braucht etwas Dingliches als ihr Zentrum, so wie eine Auster ein Sandkorn braucht, um eine Perle entstehen lassen zu können. Der Buddha besteht aus geschmiedetem Metall, einem Material, das den Schätzen unserer Erde entnommen wurde und somit gut zu der Gottheit passt, die Mutex zu erwecken hofft.«
    »Und aus einiger Entfernung, bei schlechter Beleuchtung, sieht ein Buddha im Lotussitz fast aus wie ein Frosch«, ergänzte Marla.
    »Nun, es braucht ein wenig Fantasie, um das zu sehen«, sagte Cole. »Aber ich vermute, Sie haben recht. Wir schauen auf die Essenz eines Gottes.«
    »Aber wo ist der Grenzstein?«, fragte Marla. »Ich kann ihn nirgends sehen.«
    »Dort«, sagte Cole, und der Bildausschnitt schwenkte hinüber zu einer der Steinbrücken. Umgeben von einer rubinroten Wolke Kolibris ruhte der Grenzstein unter der Brücke und verbog das Licht um sich herum.
    Ch’ang Hao klopfte gegen das Seitenfenster, und sowohl
Marla als auch Cole schreckten hoch. »Gehen wir bald?«, fragte er.
    Cole blickte Marla an, und sie nickte, dann

Weitere Kostenlose Bücher