Hexenzorn
stiegen sie aus.
»Sie sind mit dem Bus hergekommen?«, fragte Rondeau, als sie den Laden des Himmlischen verlassen hatten, und suchte immer noch nach dem Auto, das nicht da war.
»Ich habe kein Auto«, sagte B.
Rondeau schüttelte den Kopf. »Ich sitze an diesen Stuhl gefesselt und lasse mich foltern - nun, wurde ich nicht, aber ich hätte gefoltert werden können -, und Sie klauen nicht einmal ein Auto?«
»Vielleicht könnte ich sogar ein Auto stehlen, wenn der Schlüssel noch im Zündschloss steckt«, sagte B., »aber sobald nur die Tür zugesperrt ist, würde ich mir bei dem Versuch, die Scheibe einzuschlagen, wahrscheinlich den Ellbogen brechen. Ich bin nicht sonderlich bewandert in den kriminellen Künsten.«
»Okay, okay«, sagte Rondeau. »Suchen wir uns ein Auto … das da zum Beispiel.« Er lief auf ein zweitüriges Sportcoupé zu. B. folgte ihm und fragte sich, ob Rondeau tatsächlich am helllichten Tag ein Auto aufbrechen wollte.
Rondeau legte eine Hand auf den Griff der Fahrertür und zog. Mit einem Ploppen sprang die Tür auf, Rondeau schlüpfte grinsend hinein und öffnete die Beifahrertür für B., der daraufhin ebenfalls einstieg. »Ich kenne nicht viele Zaubertricks«, sagte Rondeau. »Eigentlich nur das mit dem Fluchen, was wohl eine angeborene Begabung ist, so wie bei jemandem, der das Alphabet rülpsen oder die Innenseite seiner Augenlider nach außen stülpen kann. Aber ich weiß, wie man Schlösser aufkriegt. Anfangs noch mit Schraubenzieher
und Brechstange, weil Marla so großen Wert auf althergebrachte Handwerkskunst legt, die auch ohne Magie funktioniert. Doch sobald ich’s draufhatte, zeigte sie mir auch ein paar schnellere Methoden.« Während er sprach, klappte er den Aschenbecher auf, riss ihn heraus und warf ihn auf den Rücksitz. Dann griff er in das gähnende Loch und machte etwas mit den Drähten dahinter. Der Motor erwachte brüllend zum Leben, Rondeau straffte sich in seinem Sitz, legte einen Gang ein, und sie brausten los.
»Haben Sie keine Schuldgefühle, wenn Sie ein Auto stehlen?«, fragte Rondeau.
»Nope«, sagte Rondeau, »und schon gleich gar nicht, wenn es ein Mietwagen ist.« Er klopfte auf ein Bündel Papiere, das hinter die Sonnenblende geklemmt war. »Und noch viel weniger, wenn ich Teil einer Mission bin, bei der es um die Rettung der Menschheit geht. Selbst dann, wenn ich eigentlich gar nicht unbedingt dabei sein muss.«
»Ich hatte zwar keine Vision«, sagte B., »aber das bedeutet nicht, dass Sie nicht eine Rolle zu spielen haben. Wir beide können Marla helfen.«
»Immer krieg ich nur die beste Nebenrolle«, sagte Rondeau. »Was für ein beschissenes Leben. Wohin müssen wir?«
»Ja, richtig. Zum Japanischen Teegarten, Golden Gate Park. Ich fahre nicht oft mit dem Auto, aber ich glaube, ich finde den Weg …«
»Schon gut«, sagte Rondeau und steuerte den Wagen mit traumwandlerischer Sicherheit durch das Gewirr von Einbahnstraßen und in zweiter Reihe parkender Autos, die in diesem Teil der Stadt überall herumstanden. »Ich war so begeistert von der Vorstellung, dass wir nach San Francisco fliegen, dass ich sämtliche Stadtpläne auswendig gelernt habe.«
» Alle ?«
»Sie sind nicht der Einzige, der angeborene Begabungen hat«, sagte Rondeau.
Marla und Cole schlichen auf das Eingangstor zum Japanischen Teegarten zu, Ch’ang Hao ging mit etwas Abstand leise hinterher. Am Tor hing ein handgemaltes Schild mit der Aufschrift: ›Wegen Renovierungsarbeiten geschlossen.‹ Wahrscheinlich hatte Mutex das Schild irgendwo in einem Schuppen gefunden, dachte Marla. Sie schloss die Augen und versuchte sich die Anlage des Gartens vorzustellen, so wie sie sie von oben im Spiegel gesehen hatte. »Mutex hält sich ein Stück nordwestlich von hier auf, in der Nähe des Zentrums des Gartens. Wir könnten es nordöstlich versuchen - dort gibt es jede Menge Deckung, Hecken und den Souvenirladen -, uns am Teehaus vorbeischleichen und so ziemlich nahe an ihn herankommen, ohne dass er uns sieht, würde ich meinen.«
»Dieser Plan scheint mir so gut wie jeder andere«, sagte Cole.
»Achten Sie auf Frösche«, sagte Marla.
»Das werde ich.«
»Könnten die Frösche eine Bedrohung für dich darstellen, Ch’ang Hao?«, fragte Marla.
Hao rümpfte die Nase. »Frösche. Nein. Von Fröschen habe ich nichts zu befürchten, sie dienen meiner Art als Nahrung.«
Marla drückte gegen das Tor. Es war verschlossen. Sie legte eine Hand auf das Holz und konzentrierte sich,
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