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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
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davontrugen. Sie stürzte los und sprang. Mit ihrem Amtsdolch in der Hand schlug sie nach den Silberfäden.
    Ein paar Kolibris stießen herab, um ihren Hieb abzuwehren. Als die Klinge zwischen die Vögel fuhr, hätten Blut und Federn spritzen müssen, das flinke Flattern zerbrechlicher Flügel zum Stillstand kommen; stattdessen entwand sich der Dolch ihrem Griff, als hätte sie damit auf einen Mähdrescher mit eisernen Dreschflegeln eingeschlagen. Sie starrte die Vögel an, die mit tausend stecknadelgroßen, schwarzen Augen
zurückstarrten, dann rannte sie zu ihrem Dolch, der jetzt am Rand der Lichtung auf der schmutzigen Erde lag.
    »Scheiße«, sagte Rondeau, »halten ganz schön was aus, die kleinen Viecher!«
    Finch hatte sich unterdessen in einen Bären verwandelt. Der Anblick wirkte vollkommen natürlich - auf dieser Lichtung war Mutex der Eindringling und offensichtlich auch die Beute. Der Bär richtete sich brüllend auf und überragte den dürren Schamanen bei Weitem, sein verfilzter Pelz hatte sich zu Stacheln aufgestellt. Dann ließ er sich wieder auf alle viere fallen und ging auf Mutex los, begierig, ihn zu zerfleischen oder ihm die Eingeweide herauszureißen oder was auch immer wütende Bären mit dem Ziel ihrer Wut machten. Marla hatte noch nie einen Grizzly aus der Nähe gesehen, nur hinter der Scheibe im Zoo, und der war alt und fett gewesen und schlief die meiste Zeit. Sie war neugierig, auf welche Weise Finch Mutex töten würde. Marla hoffte, dass die Kolibris wieder ein etwas natürlicheres Verhalten an den Tag legen und entweder den Grenzstein fallen lassen oder von seinem Gewicht auf den Boden gezogen werden würden, sobald der dünne Dschungelschamane tot war. Zumindest müsste der Schutzzauber, mit dem Mutex sie belegt hatte, dann gebrochen sein, und Marla sollte sich ihrer auf unkomplizierte Art entledigen können.
    Mutex schmunzelte amüsiert, als er Finch auf sich zupreschen sah. Marla freute sich schon darauf, wie Finch ihm dieses Grinsegesicht gleich vom Schädel reißen würde, aber irgendwie beunruhigte es sie auch. Mutex war ganz offensichtlich der Meinung, er hätte noch einen Trick auf Lager, aber als Bär war Finch stärker als jeder Magier und als jedes wilde Tier. Er hatte alle seine magischen Fähigkeiten
zur Verfügung - zumindest jene, die keine deutliche Aussprache erforderten - und dazu noch Klauen, Reißzähne und Kräfte, die in der Natur ihresgleichen suchten. Bären standen für riesige Kräfte und unbezähmbare Wildheit, und Finch war jetzt die Verkörperung dieser Eigenschaften.
    Mutex nahm den Deckel von seinem Weidenkorb und leerte mit einer fast beiläufigen Bewegung den Inhalt auf den Boden.
    Zuerst dachte Marla, er streue Goldnuggets aus, einen Sturzbach aus kleinen, glänzend gelben Dingern, doch dann sah sie, wie sie sich bewegten, und begriff, was sie in Wirklichkeit waren: winzige, gelbe Frösche wie jener, der aus Lao Tsungs Mund gekommen war.
    Nun, damit war auch dieses Rätsel gelöst. Außer es gab noch einen anderen Magier mit einem Froschzirkus in der Stadt, was wenig wahrscheinlich war. Also hatte Mutex Lao Tsung getötet, und das zweifellos, nachdem er ihn gefoltert hatte, um das Versteck des Grenzsteins aus ihm herauszupressen. Eigentlich wenig überraschend, aber es war schön, dass jetzt auch die letzten Zweifel ausgeräumt waren.
    Die Frösche griffen Finch nicht an, sie schienen ihn gar nicht zu bemerken. Sie verteilten sich einfach über das Gras, hüpften ziellos umher und prallten ständig gegeneinander, immer noch ein wenig desorientiert von dem unsanften Sturz. Marla fiel auf, dass der Korb immer noch bis oben hin voll mit zappelnden Fröschen war, was bedeutete, dass sich auch dahinter eine Raumfalte verbarg. Es war durchaus möglich, dass Mutex da ein komplettes Miniaturökosystem voller Giftfrösche mit sich herumtrug.
    Finch hatte die Gefahr erkannt und versuchte, den hüpfenden
Tretminen aus dem Weg zu gehen, um ihrem tödlichen Gift zu entrinnen.
    »Pass auf!«, schrie Rondeau, aber es war zu spät. Finch trat mit dem linken Hinterbein auf einen Frosch. Er brüllte, hob die Pranke sofort hoch und schüttelte sie so heftig, dass er dabei ins Taumeln geriet und über noch mehr Frösche stolperte. Er stieß einen fast menschlichen Schrei aus und begann selbst zu hüpfen, als könne er sich dadurch aus dem Ring von Fröschen befreien. Stattdessen trat er nur auf noch mehr von den Tieren.
    Rondeau machte Anstalten einzugreifen, aber Marla

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