Hexer-Edition 02: Als der Meister starb
waren fast bis auf den letzten Inch vollgestopft mit Waren, und sie starrten noch dazu vor Schmutz.
Wie die Bank war auch der Laden leer, was an der Tageszeit liegen mochte, mich jedoch in Anbetracht seiner Größe und der Tatsache, dass er das einzige Geschäft überhaupt war, doch ein wenig in Erstaunen versetzte.
Ich wartete. Nach einer Weile klangen auf dem hölzernen Zwischenboden über mir Schritte auf, dann polterte jemand lautstark eine Treppe herunter, und kurz darauf wurde eine schmale Tür an der Rückfront des Ladens aufgestoßen, und Leyman betrat den Raum. Jedenfalls nahm ich an, dass er es war.
Er kam auf mich zu, blieb in zwei Schritten Entfernung stehen und musterte mich einen Augenblick lang mit schon fast unverschämter Offenheit. Dann zauberte er ein berufsmäßiges Lächeln auf seine feisten Züge. »Was kann ich für Sie tun, Sir?«, fragte er.
»Ich … brauche einen neuen Anzug«, antwortete ich. »Und eigentlich auch ein neues Cape.«
Leyman maß mich mit einem weiteren Blick, mit dem er gleichzeitig meine Konfektionsgröße wie meine finanziellen Verhältnisse einzuschätzen schien. Eines von beiden schien ihm nicht zu gefallen.
»Auch auf die Gefahr, dass Sie es mir übel nehmen, Sir«, begann er vorsichtig, »aber ich würde beinahe sagen, Sie brauchen eine komplett neue Ausstattung. Ganz billig wird das allerdings nicht.«
Ich nickte, griff mit einer übertrieben lässigen Geste in die Westentasche und streute eine Handvoll zerknautschter Fünf-Pfund-Noten vor ihm auf die Theke. »Reicht das?«
Der Ausdruck auf Leymans Zügen änderte sich schlagartig. »Aber selbstverständlich, Sir«, sagte er hastig. »Welche Art von Kleidern …«
»Etwas Robustes«, unterbrach ich ihn. »Ich reise morgen bereits weiter, und ich gedenke mich in London standesgemäß einzukleiden.«
»Also etwas Praktisches, für die Reise«, nickte Leyman schon merklich kühler. Er hatte die Spitze registriert. »Ich glaube, da habe ich etwas für Sie.« Er zögerte, biss sich auf die Unterlippe und sah sich suchend um. Dann trat er an eines seiner Regale, suchte einen Moment herum, wobei er beständig vor sich hingrummelte, und kam schließlich mit einem ganzen Arm voll Hemden, Hosen und Unterkleidern zurück. »Jacken und Mäntel habe ich oben, Sir«, erklärte er, während er mir den Kleiderstapel ohne viel Federlesens in die Arme drückte. »Sie werden nicht so oft verlangt, wissen Sie? Aber Sie können diese Sachen schon einmal in aller Ruhe anprobieren, während ich ins Lager gehe. Die Umkleidekabine ist da hinten.« Er wollte sich herumdrehen, zögerte aber noch einmal und deutete mit einer Kopfbewegung auf meine Hand. »Verzeihung, Sir … Sie haben sich am Daumen verletzt.«
Ich folgte seinem Blick, nickte und zog die Hand hastig zurück, um die sauberen Kleider nicht mit Blut zu beschmieren. Der Schnitt, den ich mir drüben in der Bank selbst zugefügt hatte, blutete noch immer; nicht sehr stark, aber beständig.
»Es ist nur, damit die Sachen …« Leyman brach ab und lächelte verlegen. »Sie verstehen.«
»Aber sicher«, antwortete ich und steckte den Daumen in den Mund. Jetzt, als ich auf die Wunde aufmerksam geworden war, spürte ich auch Schmerz. Einen ziemlich ekelhaften Schmerz sogar. Der Schnitt musste tief sein.
»Nichts für ungut, Sir«, sagte Leyman nervös. »Aber Blutflecken gehen sehr schwer wieder heraus.« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich herum und ging.
Im gleichen Moment, in dem er die Tür hinter sich zuzog, registrierte ich den Fäulnisgeruch.
Es war nur ein Hauch, gerade an der Grenze des Spürbaren, aber meine überreizten Nerven reagierten darauf wie auf eine Wolke von Pestgestank.
Ich fuhr herum, ließ einen Teil der Kleider fallen und langte automatisch nach meiner Waffe.
Aber ich führte die Bewegung nicht zu Ende.
Der Laden war leer. Obwohl er bis zum Bersten mit Regalen und Verkaufsständern vollgestopft war, bot sich doch nirgendwo ein Versteck, das groß genug war, einen Menschen aufzunehmen. Ich war allein.
Und trotzdem spürte ich, dass ich beobachtet wurde. Es war nicht dieses flüchtige Gefühl des nicht-alleinseins, das man manchmal hat, wenn jemand mit einem im Raum ist, ohne dass man es weiß, sondern ein absolut sicheres Wissen. Außer mir war noch jemand im Raum – jemand oder etwas – und dieses Etwas kam näher.
Ich lauschte, aber das einzige, was ich hörte, waren das Hämmern meines eigenen Herzens und Leymans Schritte, die
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