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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Jedenfalls sagt das der Portier.« Er grinste. »Hoffentlich ist er nicht so bösartig wie der, an den Sie heute Morgen geraten sind, Jeff.«
    Ich blickte ihn mit einer Mischung aus Trauer und Betroffenheit an. »Sie glauben mir immer noch nicht, wie?«
    Shannon zuckte mit den Achseln. »Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht«, antwortete er. »Sie sind … seltsam, Jeff. Normalerweise weiß ich immer sofort, mit wem ich es zu tun habe. Bei Ihnen stehe ich vor einem Rätsel.«
    »Danke, gleichfalls«, erwiderte ich. »Aber trotzdem – warum lassen wir nicht das alberne Sie? Immerhin haben wir einige Gemeinsamkeiten.«
    Shannon nickte. »Gerne, Jeff. Aber trotzdem: Ihre – deine – Geschichte gefällt mir nicht besonders. Wie bist du überhaupt in dieses Haus geraten?«
    »Ich habe das Hotel gesucht. Wenn ich jemanden um Auskunft hätte fragen können … aber die Stadt war ja wie tot.«
    Shannon lachte heiser. »Arkham ist keine … normale Stadt, weißt du?«, sagte er. »Ich bin zum ersten Mal hier, aber ich habe schon viel über diese Stadt gehört. Und ihre Bewohner.«
    »Und was?«, erkundigte ich mich.
    Shannon schwieg einen Moment und ich spürte, dass es ihm bereits Leid tat, das Thema überhaupt angeschnitten zu haben. »Dies und das«, sagte er schließlich ausweichend. »Fremde meiden die Stadt – und ihre Einwohner sind nicht beliebt. Und sie ihrerseits mögen keine Fremden.«
    Er blieb plötzlich stehen und deutete nach rechts. Direkt vor uns gabelte sich die Straße in einen breiten, gut gepflasterten Fahrweg und eine schmale Nebenstraße, die nach wenigen Dutzend Schritten vor einem hölzernen Landungssteg endete. Ich hatte bisher nicht einmal bemerkt, dass wir uns dem Fluss genähert hatten.
    »Der Miscatonic River«, erklärte Shannon. »Die Universität liegt am anderen Ufer, noch eine gute Meile entfernt. Aber es ist kürzer, wenn wir ihn hier bereits überschreiten. Dort unten liegt ein Boot, das jedermann benutzen darf, so lange er es in ordentlichem Zustand zurückgibt.«
    Für einen Mann, der zum ersten Mal in Arkham war, wusste er eine ganze Menge, fand ich. Aber ich schwieg auch diesmal, nickte nur und folgte ihm zum Fluss hinab.
    Der Miscatonic war breiter, als ich geglaubt hatte. Auf der Karte, die ich während der dreiwöchigen Schiffspassage von England nach Nordamerika studiert hatte, war er nicht mehr als ein dünner, kaum erkennbarer Strich gewesen – jetzt offenbarte er sich als gewaltiger, beinahe eine halbe Meile breiter Strom, dessen Fluten mit erstaunlicher Geschwindigkeit dahinflossen. Ein machtvolles Rauschen schlug uns entgegen, und als ich auf den Steg hinaustrat, sah ich, dass seine Oberfläche hier und da gekräuselt war; wie von Strudeln oder Felsen, die sich dicht darunter verbargen.
    Ein kühler, leicht modrig riechender Hauch schlug uns von der Wasseroberfläche entgegen. Dicht neben dem Steg schaukelte ein kleines, nicht sehr Vertrauen erweckendes Ruderboot auf den Wellen.
    Shannon sprang ohne ein weiteres Wort in das Boot hinab. Er balancierte einen Moment lang mit gespreizten Beinen und ausgebreiteten Armen die Erschütterung aus und winkte mir grinsend, ihm zu folgen. In diesem Moment erschien er mir mehr denn je wie ein großer, fröhlicher Junge.
    Und gleichzeitig spürte ich deutlicher denn je, dass sich hinter seinem mädchenhaft zarten Kindergesicht ein Geheimnis verbarg.
    Vielleicht ein tödliches Geheimnis.
    Ich folgte ihm – weit weniger elegant, aber dafür sicherer – nahm auf der Bank ihm gegenüber Platz und griff wortlos nach einem der beiden Ruder. Shannon ergriff das andere und löste das Haltetau.
    Die Strömung erwies sich als stärker, als ich geglaubt hatte, und sofort brauchten wir unseren ganzen Atem, um das Boot vorwärts zu rudern und nicht allzuweit vom Kurs abgetrieben zu werden.
    Ich war froh, nicht mit Shannon reden zu müssen. Insgeheim zerbrach ich mir bereits den Kopf darüber, wie ich verhindern konnte, dass Shannon meine wahre Identität erfuhr, sobald wir die Miscatonic-Universität erreicht hatten.
    Irgendetwas sagte mir, dass es wichtig für mich war, mich Shannon gegenüber nicht zu erkennen zu geben.
    Vielleicht lebenswichtig.
     
    Shannon war verwirrt. Zum ersten Mal in seinem Leben war er einem Menschen begegnet – mit Ausnahme des Meisters selbst – den er nicht durchschauen konnte.
    Er hatte es versucht, immer und immer wieder, am Morgen, während er Jeff dabei half, seine Kleider in die Koffer zu stopfen, vorher,

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