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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dinge; Dinge, an die er lieber nicht dachte.
    Zögernd löste sich Howard von seinem Platz, ging ein paar Schritte in den Raum hinein und sah sich unschlüssig um. Nein, er glaubte jetzt wirklich nicht mehr, dass er durch eine Laune des Zufalls hierhergekommen war. Vielmehr hatte er plötzlich das Gefühl, von irgendetwas gerufen worden zu sein …
    Plötzlich glaubte er eine Bewegung zu erkennen. Es war nichts Konkretes, sondern nur ein rasches Huschen und Wirbeln, als hätten sich die Schatten bewegt, aber es war auch zu deutlich gewesen, um eine Täuschung zu sein.
    Howard ging zögernd in die Richtung, in der er die Bewegung gesehen hatte, und blieb abermals stehen. An diesem Teil der Wände befanden sich alte, in kostbare Goldrahmen gefasste Bilder, die historische Persönlichkeiten, aber auch Honoratioren und Förderer der Universität zeigten.
    Eines davon bildete einen vielleicht fünfzigjährigen, schlank gewachsenen Mann ab. Er war elegant gekleidet und trug einen schmalen Spazierstock in den Händen, dessen großer Knauf aus einer Art Kristall zu bestehen schien. Sein Gesicht war schmal, fast asketisch, und um den Mund, der von einem scharf ausrasierten Kinnbart eingefasst war, lag ein entschlossener, beinahe verbitterter Zug. Seine Augenbrauen waren schmal und eckig, was ihm einen Hauch von Düsternis verlieh, und über seinem rechten Auge war eine breite Strähne seines Haares schlohweiß geworden, eine Strähne in der Form eines gezackten, nach hinten dünner werdenden Blitzes, die bis über den Scheitel hinaufreichte.
    Roderick Andara … dachte Howard. Wie oft hatte er schon hier gestanden und das Bild seines Freundes angeblickt, in den elf Monaten, die er nun in der Universität weilte? Wie oft hatte er mit dem Bild geredet, ihm seine Sorgen und Nöte anvertraut, so, wie er es früher bei Roderick gekonnt hatte? Jetzt war Andara tot, schon seit über zwei Jahren, und alles, was Howard von dem einzigen Freund geblieben war, war dieses Bild. Dieses Bild – und ein Junge von fünfundzwanzig Jahren, der die Macht seines Vaters geerbt hatte. Es würde lange dauern, bis Robert Craven sein Erbe so weit entwickelt hatte, dass er an die Fähigkeiten seines Vaters heranreichte, aber Howard spürte, dass er es schaffen würde. Er war jung und ungeduldig und verstand vieles nicht, aber er würde lernen. Und er, Howard, würde ihm dabei helfen, so gut er nur konnte.
    Und nicht nur, weil er es seinem Vater schuldig war.
    Länger als fünf Minuten stand er so reglos da, blickte das großformatige Ölgemälde an und schwieg. Dann seufzte er, senkte den Blick und wollte sich abwenden.
    Als er die Drehung halb beendet hatte, sah er die Bewegung erneut. Und diesmal sah er auch, woher sie kam – nämlich direkt aus dem Bild Andaras!
    Es war nicht mehr als ein rasches Verbiegen und Wogen der Wirklichkeit, ein Zucken, als betrachte er das gemalte Gesicht des Hexers für einen Moment durch schnell fließendes Wasser hindurch. Aber es war da, deutlich und sichtbar.
    Und dann hörte er die Stimme …
    Es war nur ein körperloses Flüstern, ein Wispern wie das Rascheln des Windes in den Baumwipfeln, aber es erklang direkt in seinen Gedanken, und es waren die Worte, die ihn erstarren ließen, nicht die Art, in der sie zu ihm gesprochen wurden.
    Howard, flüsterte die Geisterstimme, du musst Robert helfen! Er ist in Gefahr! In großer Gefahr!
    Howard erstarrte. Noch einmal zuckte und wogte die Wirklichkeit vor ihm, dann erlosch der bizarre Effekt und das Bild erstarrte wieder zu Bewegungslosigkeit.
    Aber der Ausdruck in den gemalten Augen Roderick Andaras hatte sich verändert und wirkte jetzt erschrocken, beinahe voller Angst.
    Plötzlich hörte Howard die Stimme noch einmal, und diesmal schwang ein fast panischer Ton darin mit, ein Ton so voller Angst und Furcht, dass Howard ein rasches, eisiges Frösteln verspürte.
    Hilf ihm, Howard!, flehte die Stimme. Mein Sohn ist in Gefahr, aber ich bin nicht stark genug, ihn allein retten zu können. Ich flehe dich an, hilf ihm! HILF MEINEM SOHN!
    Howard starrte das Bild noch eine halbe Sekunde lang an, dann fuhr er herum, riss die Tür auf und stürmte mit weit ausgreifenden Schritten aus dem Gebäude.
     
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich Shannons Stimme zu hören, die irgendetwas schrie, dann traf eine unsichtbare Titanenfaust das Boot, hob es zehn, fünfzehn Fuß weit in die Höhe und zermalmte es.
    Der Fluss schien zu explodieren. Ich fühlte mich hochgerissen und

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