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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Strudel und Wellen liefen durch seine Oberfläche, winzige, zuckende Bewegungen, als huschten Käfer oder Ameisen unter dem Sand entlang. Der Boden zuckte, wand und bog sich, klaffte zu winzigen, fingerbreiten Spalten und Rissen auseinander … und barst rings um Shannons Kopf auseinander.
    Dann begann er einzusinken.
    Als wäre unter dem Sand eine Höhle, die plötzlich einstürzte, bildete sich unter Shannons Gesicht ein flacher, kreisförmiger Krater, an zwei Stellen durch dünne Kanäle mit dem Fluss verbunden, sodass das Wasser sprudelnd hineinströmte.
    Als ich aus meiner Erstarrung erwachte, war Shannons Gesicht schon halb unter Wasser und die Fluten des Miscatonic begannen seinen Mund zu füllen.
    Ich schrie auf, warf mich nach vorne und zerrte ihn in die Höhe und ein Stück vom Fluss weg.
    Wenigstens wollte ich es.
    Irgendetwas hielt ihn fest. Ich bekam seinen Kopf aus dem Wasser heraus, aber sein Körper rührte sich nicht, sondern blieb unverrückbar im Fluss, als hielten ihn unsichtbare Arme fest.
    Meine Gedanken überschlugen sich.
    Der Krater, der sich unter Shannons Gesicht gebildet hatte, wuchs rasend schnell. Schon lag sein ganzer Oberkörper in einer flachen, aber rasch tiefer werdenden Pfütze und auch unter meinen Knien begann der Sand zu knistern und einzusinken. Der Fluss holte sich sein Opfer zurück!
    Ich sprang auf, legte Shannon so hin, dass sein Gesicht wenigstens noch für Augenblicke über Wasser blieb, und sprang mit einem Satz in den Fluss. Meine Hände tasteten an seinem Leib entlang, fanden seine Beine, glitten tiefer – und stießen auf ein Hindernis!
    Shannons Beine waren bis über die Waden hinauf im Morast des Flussgrundes versunken! Und noch während ich fassungslos dastand, ging ein sanfter Ruck durch seinen Leib und sein rechtes Knie glitt in den Boden. Der Fluss saugte ihn auf, zerrte ihn wie ein tödlicher Sumpf in die Tiefe hinab!
    Mit einem Schrei fiel ich auf die Knie und begann zu graben, schaufelte und hieb den Schlamm des Flussgrundes zur Seite.
    Lass es, Robert.
    Eine endlose, quälende Sekunde lang blieb ich wie versteinert sitzen, gelähmt von der Stimme und den Worten. Sie waren direkt in meinen Gedanken erklungen, lautlos und wispernd wie ein Ruf aus dem Jenseits, aber das war es nicht, was mich erstarren ließ.
    Es war die Tatsache, dass ich diese Stimme kannte.
    Lass es, Robert, sagte sie noch einmal. Du kannst ihn nicht retten.
    Langsam, mit einer erzwungen ruhigen, fast verkrampften Bewegung, wandte ich mich um und sah zum Ufer zurück.
    Wenige Schritte über mir stand ein Mann. Sein Körper wirkte sonderbar düster und bedrohlich gegen den grellen Hintergrund der Sonne, zugleich aber auch beinahe transparent und flackernd, als wäre er nur ein Schatten. So, wie er stand, konnte ich sein Gesicht nicht erkennen, aber das war auch nicht nötig.
    Ich wusste, dass seine Züge den meinen stark ähnelten; dass er das gleiche, scharf geschnittene Gesicht hatte wie ich, den gleichen penibel gestutzten Kinnbart und die gleichen dunklen, manchmal stechend wirkenden Augen.
    Wenn ich mir die Farbe aus dem Haar wusch, mit der ich mich eigens für diese Reise getarnt hatte, würde ich sogar die gleiche, gezackte weiße Haarsträhne über der rechten Braue haben, denn abgesehen von dreißig Jahren Altersunterschied ähnelte ich dem Mann wie ein Zwilling dem anderen.
    Oder wie ein Sohn seinem Vater. Denn der Mann, der vor mir stand, war mein Vater.
    Roderick Andara. Mein Vater, den ich erst vor zwei Jahren kennen gelernt hatte. Und der kurz darauf in meinen Armen gestorben war.
     
    »Er hat versagt!«
    DeVries’ Stimme zitterte vor Wut und sein Gesicht, das normalerweise blass und immer irgendwie krank aussah, hatte sich vor Zorn gerötet. Seine Rechte lag auf dem kreuzförmigen Griff des Schwertes, das er am Gürtel trug. Necron hatte den sicheren Eindruck, dass der dunkelhaarige Flame sich nur mit Mühe beherrschte. Instinktiv spannte er sich und bereitete sich auf einen möglichen Angriff vor. Nicht, dass er wirklich damit rechnete; DeVries wusste sehr gut, dass Necron mit weltlichen Waffen so gut wie nicht zu verletzen und schon gar nicht zu töten war. Und dass allein ein solcher Versuch sein sicheres Todesurteil gewesen wäre.
    Aber DeVries war von Sinnen vor Zorn.
    »Er hat versagt, Necron!«, zischte er noch einmal. »Ihr habt versagt. Er hätte ihn töten können, und stattdessen hat er Craven das Leben gerettet! Ist das die Art, in der Ihr Eure Absprachen haltet,

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