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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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herumgewirbelt, fünf, zehn Meter weit fast waagerecht durch die Luft geschleudert und dann mit mörderischer Kraft in den Fluss zurückgeworfen. Das Wasser verwandelte sich durch die schiere Wucht meines Sturzes in eine Glasscheibe, aber die gleiche Titanenfaust, die das Boot gepackt und mich davongeschleudert hatte, hämmerte mich jetzt hindurch und presste mich tief unter Wasser. Ich bekam Wasser in die Luftröhre und begann zu würgen. Noch immer wurde ich herumgewirbelt und noch immer presste mich der Sog weiter unter Wasser. Rings um mich herum tanzte der Fluss, kochendes graues Wasser und sprudelnder Schaum, und vor meinen Augen begannen rote Ringe zu tanzen. Meine Lungen brannten, und eine unsichtbare Gewalt legte sich wie ein stählerner Reif um meine Brust und zog sich erbarmungslos zusammen.
    Mit Armen und Beinen fing ich die irrsinnige Kreiselbewegung, in die mich der Sog gezwungen hatte, für einen Moment auf und sah die Wasseroberfläche wie einen tanzenden silbernen Himmel eine Armeslänge über mir.
    Mit aller Kraft stieß ich mich ab, durchbrach den Fluss und schnappte nach Luft. Der erste Atemzug füllte meine Lungen mit köstlichem, süßem Sauerstoff und sprengte die tödliche Klammer, die sich um meine Rippen gelegt hatte.
    Der zweite spülte brackiges Wasser in meinen Mund.
    Mühsam öffnete ich die Augen. Der Anblick ließ mich aufstöhnen.
    Das Boot war verschwunden und der Miscatonic schien zu kochen wie ein sprudelnder Höllenpfuhl. Eine unablässige Folge lautloser Explosionen ließ seine Oberfläche immer und immer wieder aufbrechen, schleuderte zehn, zwanzig Meter hohe Geysire aus schäumendem Wasser in die Luft und riss Löcher in die Flussoberfläche, brüllende Strudel, die sich mit irrsinniger Geschwindigkeit drehten, bis sie nach Sekunden von den zusammenschlagenden Wassermassen geschlossen wurden. Da und dort barsten faustgroße Blasen im Fluss und der Wind trug einen warmen, stickigen Hauch mit sich, der mir bewies, dass der Miscatonic nicht nur scheinbar kochte.
    Der bizarre Effekt war auf einen relativ kleinen Bereich beschränkt – ein grob kreisförmiges Gebiet von vielleicht fünfzig Metern Durchmesser, an dessen äußerer Peripherie ich mich befand. Das war wahrscheinlich der einzige Grund, aus dem ich noch lebte. Im Zentrum dieses sprudelnden Höllenpfuhls kochte das Wasser und spie grauen Dampf aus, und selbst in meiner unmittelbaren Nähe wurde der Miscatonic bereits heiß.
    Ich warf mich auf den Rücken, schwamm mit ein paar hastigen Stößen aus der unmittelbaren Gefahrenzone und hielt nach Shannon Ausschau. Alles war so unglaublich schnell gegangen, dass ich bisher nicht einmal Zeit gefunden hatte, auch nur an ihn zu denken.
    Aber von dem Jungen war keine Spur zu entdecken.
    Die Strömung begann sich allmählich stärker bemerkbar zu machen und schob mich wie eine sanfte, aber kraftvolle Hand wieder auf den kreisförmigen Bereich sprudelnden Wassers zurück. Ich stemmte mich dagegen und versuchte verzweifelt, irgendein Lebenszeichen meines Retters zu gewahren. Da und dort tanzten zerborstene Planken und Holzsplitter auf den Wellen – alles, was von unserem Boot geblieben war –, aber Shannon schien von den Fluten des Miscatonic verschlungen worden zu sein.
    Plötzlich drang ein Laut durch das Crescendo des tobenden Flusses zu mir, ein Geräusch wie ein Schrei. Und dann sah ich Shannon!
    Er war keine dreißig Meter von mir entfernt, aber er hätte genauso gut auf dem Mond sein können, denn er befand sich genau im Zentrum der schäumenden Wassermassen, dort, wo der Fluss noch immer tobte und das Wasser zischend zu Dampf und Nebel verkochte!
    Er lebte, warf sich verzweifelt hin und her und schlug mit den Armen um sich, als kämpfe er gegen unsichtbare Fesseln an, aber ich zweifelte nicht daran, dass ich seinem Todeskampf zusah. Die Temperatur des Miscatonic musste da, wo er sich befand, weit über dem Siedepunkt liegen, und ich sah, dass sich sein Körper immer wieder wie in Krämpfen wand.
    Und dann hörte ich seine Stimme!
    Er schrie, gellend und in höchster Todesangst, stieß unmodulierte, fürchterliche Töne und Laute aus – und brüllte dazwischen immer und immer wieder meinen Namen!
    »Jeff!«, schrie er. »Hilf mir! So hilf mir doch!«
    Es waren Schreie, wie ich sie niemals zuvor in meinem Leben gehört hatte.
    Eine endlose Sekunde blieb ich, wo ich war, und starrte den tobenden Hexenkessel vor mir an, dann kraulte ich los, so schnell ich konnte.
    Direkt in

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