Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire
Aber ich habe von ihm gehört. Bisher war ich allerdings der Annahme, dass er nichts als eine Legende ist, mit der man allenfalls Kinder erschrecken kann.«
»Wenn ichn zwischen die Finger krich«, versprach Rowlf düster, »dann könnse hinterher nichmal mehr’n Hund mittem erschrecken.«
»Du musst uns alles erzählen, Rowlf«, sagte ich. »Was ist passiert? Wieso hat er Howard entführt und wie bist du in …« Ich zögerte, rettete mich in ein verlegenes Lächeln und begann neu. »Wie ist dir die Flucht gelungen?«
»Flucht?« Rowlf verzog das Gesicht und starrte betreten die Bettdecke an. »Überhaupt nich«, gestand er kleinlaut. »Er hat mich gehn lassn. Ich weiß nich, wasser gemacht hat – zwei von sein Prügelknaben ham mich gepackt und durch so ne Art Tür geschmissen, un das nächste, woran ich mich erinnern kann, is dieser schwarze Sumpf.« Er verzog angeekelt die Lippen, sagte aber nichts mehr. Aber ich hatte seine Schreie gehört. Rowlf war durch ein Inferno gegangen, während er in der Welt der GROSSEN ALTEN gewesen war.
»Er hat dich gehen lassen?«, fragte ich, als klar wurde, dass er nicht von selbst weiterreden würde.
Rowlf nickte. »Ich … soll dir was sagn.«
»Und was?« Die Frage war im Grunde überflüssig. Ich wusste, was Necron von mir wollte.
Statt einer Antwort drehte Rowlf den Kopf in den Kissen und blickte Tornhill einen Herzschlag lang durchdringend an.
»Du kannst ihm vertrauen«, sagte ich.
»Vertraun?« Rowlfs Augen wurden schmal. »Wieviel weiß’n der?«
»Alles«, sagte ich. Rowlf fuhr zusammen und ich fügte hastig hinzu: »Jedenfalls genug. Du kannst sprechen.«
»Er will dich«, sagte Rowlf leise. »Dich und das Buch, Robert. Aber ich weiß nicht, was er mehr will!«
»Das Buch?« Tornhill sah mich alarmiert an. »Das NECRO-NOMICON?«
Rowlf starrte mich mit einer Mischung aus Staunen und Zorn an. »Verdammt, was weiß der Kerl’n noch alles?«, schnappte er.
»Genug«, antwortete Tornhill an meiner Stelle. »Jedenfalls genug, um zu wissen, dass wir ihm dieses Buch nicht geben können. Wohin haben er und seine Leute Lovecraft und das Mädchen gebracht?«
»Wieso wir?«, fragte ich betont. Den letzten Teil seiner Frage überhörte ich bewusst. »Bisher bin ich der Einzige, der weiß, wo das NECRONOMICON ist.«
Nein, ich war nicht der Einzige, der das Versteck des Buches kannte! Es gab noch jemanden. Jemanden, der alle meine Gedanken und Geheimnisse so genau kannte, als wären es seine eigenen.
»Versuchen Sie nicht, sich in Dinge zu mischen, die Sie nichts angehen«, sagte ich drohend.
Tornhill lachte leise. »Ich? Ich glaube, Sie verwechseln da etwas, Craven. Sie haben mich nicht gefragt, ob ich all diese Dinge wissen wollte. Ich wollte sie nicht wissen und ich gäbe meinen rechten Arm dafür, sie wieder vergessen zu können. Aber ich bin nun einmal mit drin, in diesem Fall.«
»Es ist keiner von Ihren Fällen, Tornhill«, unterbrach ich ihn scharf. »Sie können mir helfen, aber versuchen Sie nicht, mir in die Quere zu kommen. Es geht hier um mehr als ein Buch mit alten Zaubersprüchen. Das Leben meiner Freunde ist in Gefahr.«
»Sie wissen ganz genau, dass das NECRONOMICON kein Buch mit alten Zaubersprüchen ist«, antwortete Tornhill kalt. »Sie spielen doch nicht ernsthaft mit dem Gedanken, es Necron zu geben?«
»Er wird Howard un die Kleine töten, wenners nich kriegn tue«, sagte Rowlf.
»Das wird er nicht«, antwortete Tornhill gereizt. »Ich werde ihn daran hindern.«
»Sie?« Ich lachte, hart und bewusst herablassend. Tornhill erbleichte und starrte mich wütend an. »Sie wissen genau, dass Sie das nicht können, Tornhill«, sagte ich. »Wenn Sie versuchen sich einzumischen, bringen Sie Howard und Priscylla in Gefahr. Ich werde das nicht zulassen.«
»Aha. Und wie? Ich weiß, wo das Buch ist, vergessen Sie das nicht.«
»Dann wissen Sie auch, was geschieht, wenn Sie es auch nur anrühren«, antwortete ich. »Ihr Wissen nutzt Ihnen nichts, Tornhill. Was mit dem Buch geschieht, entscheide allein ich.«
Bevor er noch etwas sagen konnte, wandte ich mich wieder an Rowlf. »Was hat er genau gesagt? Versuch dich zu erinnern, Rowlf. Ich muss jedes einzelne Wort wissen.«
»Nicht viel«, antwortete Rowlf. »Nur dass du … bezahl’n sollst, glaub ich. Dasser dich ham will. Dich persönlich. Un du sollst das Nickernemikon mitbringn.«
»Und wohin?«
»Ins Haus«, sagte Rowlf nach kurzem Schweigen. »Mehr hatter nich gesacht. Er würd dich
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