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Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erfahrener Magier«, sagte er eindringlich. »Ein Mann, der diese Tore seit Jahrhunderten benutzt, Robert. Er kennt die Gefahren, die auf diesen Wegen lauern können, und weiß, wie er ihnen begegnen muss. Du nicht.«
    »Aber du! Und trotzdem hast du …«
    Ich verstummte wieder und kniff die Lippen zusammen.
    Meine Worte taten mir im gleichen Moment schon wieder Leid, als ich sah, wie Howard wie unter einem Hieb zusammenzuckte. Er antwortete nicht, sah mich auch nicht mehr an, sondern blickte starr an mir vorbei aus dem Fenster, ohne indes wirklich hinauszusehen. Er machte sich schwere Vorwürfe, und nicht erst seit heute. Meine ständigen Beteuerungen, dass er nichts dafür konnte, dass seine Falle nicht wie geplant funktioniert hatte, hatten daran nichts geändert.
    Und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst war, dann gab es einen kleinen, unlogischen Teil in meinem Bewusstsein, der mir ständig zuflüsterte, dass Howard die Schuld an Priscyllas Verschwinden trug. Ich hatte versucht dagegen anzukämpfen und die lautlose Stimme zum Schweigen zu bringen, aber es war mir nicht gelungen.
    Howard stand plötzlich auf, straffte übertrieben die Schultern und wandte sich zur Tür.
    »Wohin willst du?«, fragte ich scharf. »Wir sind noch nicht fertig.«
    Howard lächelte. »Ich komme wieder. Meine Zigarren sind alle. Ich gehe nur nach unten und hole eine neue Kiste aus meinem Koffer. Die Luft hier ist noch zu gut, weißt du.«
    Ich runzelte missbilligend die Stirn, aber Howard reagierte darauf nur mit einem noch breiteren Lächeln, ging mit raschen Schritten zur Tür und verließ das Zimmer.
    Ich hatte das sichere Gefühl, dass er nicht nur hinausgegangen war, um neue Zigarren zu holen; wahrscheinlich wollte er ein paar Minuten in Ruhe darüber nachdenken, wie er mir am besten den Wind aus den Segeln nehmen könnte. Wäre es nach mir gegangen, dann wären wir jetzt schon an Bord eines Schnellseglers, der uns zurück nach Amerika bringen würde.
    Aber es ging nicht nach meinem Willen, und Howard trug nicht einmal Schuld daran, auch wenn ihm die Entwicklung sicherlich ganz gelegen kam. Während der letzten anderthalb Wochen hatte er es mit beinahe übernatürlichem Geschick verstanden mir auszuweichen, mich zu vertrösten oder irgendwelche furchtbar wichtigen Dinge vorzuschützen, nur um diesem Gespräch aus dem Wege zu gehen.
    In den ersten Tagen war ihm dies sehr leicht gemacht worden – das Haus hatte sich in einen Bienenkorb verwandelt, in dem ein ununterbrochenes Kommen und Gehen geherrscht hatte. Eine halbe Hundertschaft von Scotland-Yard-Beamten war über uns hergefallen und während der ersten fünf Tage war ich kaum zum Schlafen gekommen, geschweige denn, dass ich eine freie Minute gefunden hätte, mit Howard zu reden.
    Jetzt war es vorbei. Irgendwie haften es Howard und Dr. Gray – der echte Dr. Gray, den Howard mit einem Blitztelegamm herbeizitiert hatte – fertiggebracht, meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen; wenigstens vorerst.
    Nicht, dass die Angelegenheit vollkommen erledigt gewesen wäre – wir hatten eine kleine Verschnaufpause bekommen, mit den üblichen Auflagen: die Stadt nicht zu verlassen, jederzeit zur Verfügung zu stehen und so weiter. Die polizeiliche Untersuchung würde weitergehen, so lange, bis ein Verantwortlicher gefunden oder die Akten als unerledigt abgelegt wurden. Der erste Fall würde nie eintreten und auf den zweiten konnten wir Jahre warten, mit etwas Pech.
    Wieder suchte mein Blick wie von selbst die mächtige Standuhr in der gegenüberliegenden Ecke. Sie wirkte bedrohlich und finster, ein grauer, hölzerner Obelisk, der nur darauf wartete, erneut mit aller Macht zuzuschlagen.
    Ich stand auf, näherte mich der Uhr mit vorsichtigen, kleinen Schritten und streckte die Hand nach dem rissigen Holz ihrer Seitenwand aus. Mein Herz schlug ein wenig schneller, obwohl ich wusste, dass – zumindest im Augenblick – keine Gefahr mehr von diesem … Ding ausging.
    Trotzdem bildete ich mir ein, ein unangenehmes, helles Kribbeln in den Fingerspitzen zu spüren, als ich das Holz berührte. Vor meinem inneren Auge sah ich die Tür sich öffnen und dahinter war plötzlich nicht mehr das komplizierte Laufwerk der vier unterschiedlichen Ziffernblätter, sondern die monotonen schwarzen Wogen eines mitten in der Bewegung erstarrten Ozeans, ein krankes, böses Land, beschienen von einem bleichen Schädelmond …
    Mit einem Ruck zog ich die Hand zurück und presste die Lider zusammen, so fest, dass

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