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Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein eisiger, harter Klumpen. Beinahe gegen meinen Willen hob ich den Kopf und starrte auf den kleinen Dauerkalender, der auf einer Ecke meines Schreibtisches stand.
    Er zeigte das heutige Datum an. Den 11. Juni 1885!
     
    Der Mann mochte Mitte dreißig sein, und was dem Portier als erstes an ihm auffiel, war seine ungewöhnlich dunkle Gesichtsfarbe. Er war kein Neger, aber die Sonne hatte seine Haut so sehr gebräunt, dass der Unterschied nur noch in Nuancen feststellbar war. Er war sehr groß – sicherlich an die zwei Meter –, aber er bewegte sich nicht mit der Schwerfälligkeit, die Menschen seines Wuchses meistens auszeichnet, sondern ungemein geschmeidig.
    Er hatte – ganz anders, als die meisten Gäste, die zum ersten Mal hierher kamen – nicht gezögert, nachdem er durch die Tür getreten war. Er hatte sich nur kurz und aufmerksam aus seinen tiefblauen, ein wenig schräg stehenden Augen umgesehen und war dann weitergegangen, zielstrebig direkt auf die Rezeption zu.
    Der Portier stand auf, schnippte hastig die Krümel des Käsesandwiches, mit dem er sich die letzte halbe Stunde vertrieben hatte, von seiner Hose und sah dem Mann mit einem berufsmäßigen Lächeln entgegen; nicht, ohne vorher einen raschen, missbilligenden Blick auf die Zeiger der mächtigen Messinguhr zu werfen, die hinter ihm an der Wand hing. Es war annähernd drei Uhr. Eine recht ungewöhnliche Zeit, sich ein Zimmer zu suchen.
    »Sir?«, begann er fragend.
    Der Fremde sah ihn einen Moment wortlos an, und irgendetwas war in seinem Blick, was den Portier schaudern ließ. Seine Augen schienen eine beinahe körperlich spürbare Kälte auszustrahlen. Es war, als würde er von einem eisigen Hauch getroffen.
    »Ein Zimmer«, sagte der Fremde. Seine Stimme klang sonderbar; rau und tief und so kehlig, als befleißige er sich normalerweise einer Sprache, deren Klangfarbe mit dem Englischen nichts gemein hatte.
    »Für … wie lange, Sir?«, fragte der Portier.
    Der Fremde zuckte die Achseln. »Zwei, vielleicht drei Tage«, antwortete er nach kurzem Überlegen. »Vielleicht auch mehr. Ich weiß es noch nicht.«
    Das Stirnrunzeln des Portiers vertiefte sich. Er räusperte sich, beugte sich demonstrativ über die niedrige Theke und blickte nach rechts und links. »Sie haben … kein Gepäck, Sir?«, fragte er.
    Seine Stimme klang spröde.
    »Kein Gepäck«, bestätigte der Fremde.
    »In diesem Fall, Sir«, sagte der Portier nach einem neuerlichen, etwas längeren Zögern, »muss ich leider auf einer Vorauszahlung bestehen. Eine Regel unseres Hauses.«
    Seltsamerweise zeigte der Fremde keinerlei Spur von Zorn oder auch nur Verärgerung. Schweigend griff er in die Tasche, zog eine zusammengefaltete Fünfzig-Pfund-Note hervor und legte sie auf die Theke. »Reicht das?«
    Der Portier widerstand im letzten Moment der Versuchung, die Hand auszustrecken und die Banknote an sich zu reißen. »Das ist … mehr als genug«, sagte er stockend. »Aber ich fürchte, ich werde Ihnen nichts herausgeben können. Die Kasse ist abgeschlossen. Wenn Sie sich bis morgen früh gedulden könnten, Sir …«
    »Das wird nicht nötig sein«, antwortete der Fremde, und seine Worte überzeugten den Portier endgültig davon, dass er entweder total verrückt oder auf der Flucht vor der Polizei war. »Sie können den Rest behalten.« Er lächelte, nahm schweigend den Schlüssel entgegen, den ihm der Portier reichte, und wandte sich um, aber der Mann hinter der Theke rief ihn noch einmal zurück.
    »Sie … müssen sich noch eintragen, Sir«, sagte er. »Der Meldezettel wäre noch …«
    Er verstummte, als ihn der Blick der stahlblauen Augen traf. Etwas hatte sich darin geändert, etwas, das nicht mit Worten zu beschreiben war.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte der Fremde. Seine Stimme klang plötzlich ganz anders als bisher.
    Der Portier wollte widersprechen, aber er konnte es nicht. Stattdessen nickte er, klappte das Meldebuch wieder zu und legte den Füllfederhalter aus der Hand. »Es wird nicht nötig sein«, bestätigte er.
    »Vielleicht ist es sogar besser, wenn niemand von meinem Hiersein erfährt«, fuhr der dunkelhäutige Fremde fort.
    »Selbstverständlich, Sir«, nickte der Portier. »Niemand wird etwas erfahren.« Was ist das?, dachte er entsetzt. Das waren nicht seine Worte!
    »Vielleicht sollten Sie auch vergessen, mich jemals gesehen zu haben, mein Freund«, fuhr der Fremde fort.
    »Das wäre wohl … das Beste«, bestätigte der Portier.
    »Wenn Ihre Ablösung

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