Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers
zu können.«
Der Kartenverkäufer maß die beiden ungleichen Männer erneut mit einem langen, bedauernden Blick, sah fast wehmütig auf die beiden Banknoten vor sich hinunter und schob sie dann mit spitzen Fingern zurück. »Es tut mir Leid, Monsieur«, sagte er. »Glauben Sie mir, ich würde Ihnen helfen, wenn ich könnte. Aber wir sind restlos ausverkauft.«
Howard blickte ihn noch einen Moment fast flehend an, dann zuckte er mit den Achseln, strich sein Geld wieder ein und trat vom Schalter zurück. Rowlf folgte ihm, nicht ohne dem Verkäufer hinter der Scheibe noch ein missbilligendes Stirnrunzeln zuzuwerfen.
»Das gefällt mir nicht«, sagte er ohne viel Umschweife, als Howard stehen blieb. »Du willst wirklich allein da rein?« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die beiden gewaltigen Türen, die ins Innere des Opernhauses führten. »Kann’ne Falle sein«, fügte er hinzu.
»Eine Falle?« Howard lächelte. »Kaum, Rowlf. Um jemanden in eine Falle zu locken, wüsste ich auf Anhieb ungefähr zehntausend besser Örtlichkeiten, allein hier in Paris.«
Howard lächelte erneut, um seine Worte zu unterstreichen. Aber trotzdem ertappte er sich dabei, einen verstohlenen Blick über die Menschenmenge zu werfen, die sich in der Empfangshalle der Pariser Oper drängte. Er glaubte nicht wirklich, dass ihm hier irgendeine Gefahr drohte, die Templer waren keine Männer, die dramatische Auftritte suchten. Sie scheuten nicht davor zurück, wenn es unbedingt nötig war, aber wo es ging, erledigten sie ihre Aufgaben im Stillen. Um ihn zu töten oder zu entführen, hätten sie weiß Gott bessere Orte finden können als ausgerechnet das Opernhaus.
Und trotzdem war ihm nicht sonderlich wohl in seiner Haut. Das Paket, das ihm Gaspard übergeben hatte, hatte das Siegel des Pariser Templerkapitels getragen und niemand, der auch nur die Hälfte seiner fünf Sinne beisammen hatte, hätte es gewagt, dieses Siegel zu fälschen. Aber alles, was das Päckchen enthalten hatte, war eine Karte für diese Premiere gewesen – und ein kleines, in Gold und Emaille gearbeitetes Opernglas.
Nun, dachte Howard, es gab wohl nur eine einzige Möglichkeit, dieses Rätsel zu lösen …
»Es wird Zeit«, sagte er. »Ich gehe hinein. Das Beste wird sein, wenn du hier draußen irgendwo auf mich wartest.« Er deutete auf ein kleines Straßencafe, dessen Lichter auf der entgegengesetzten Seite des Opernplatzes funkelten. »Warum setzt du dich nicht dorthin und genehmigst dir ein Bier, bis ich zurück bin? Oder auch zwei!«
Rowlf erwiderte sein Lächeln nicht. »Ich wäre lieber bei dir«, sagte er. »Ich trau diesem Templerpack kein Stück.«
»Vermutlich erwarten mich da drinnen nichts als zweieinhalb Stunden tödlicher Langeweile«, sagte Howard.
Diesmal widersprach Rowlf nicht mehr und nach einer weiteren Sekunde drehte sich Howard herum und verschwand im Inneren des Opernhauses.
Vor der Garderobe herrschte ein solches Gedränge, dass Howard seinen Mantel anbehielt und, den strafenden Blick der Garderobiere ignorierend, gleich die breite Treppe zu den Galerien hinaufging. Ein livrierter Dienstbote kam ihm entgegen, verlangte höflich, aber bestimmt seine Eintrittskarte zu sehen, und führte ihn zu einer Tür am Ende des Ganges, die auf den ersten Rang hinausführte. Obwohl bis zum Beginn der eigentlichen Vorstellung noch eine gute halbe Stunde verstreichen würde, waren die gepolsterten Sitzreihen schon fast bis auf den letzten Platz besetzt. Der Lakai führte ihn zu seinem Platz, bedeutete ihm mit Gesten, sich zu setzen, und verschwand wieder.
Howard sah sich mit einer Mischung aus allmählich stärker werdender Unruhe und Enttäuschung um. Aus dem Zuschauerraum unter ihm drang das Raunen der Menschenmenge wie das dunkle Echo seines eigenen Herzschlages herauf und das Licht war bereits gedämpft, sodass er die Gesichter der Männer und Frauen in seiner Umgebung nur undeutlich erkennen konnte. Aus dem Orchestergraben drang das misstönende Stimmen und Quietschen der Instrumente und der dunkelrote Samtvorhang, der die Bühne noch vom Zuschauerraum trennte, bewegte sich träge, wie von unsichtbarem Wind gebauscht. Howards Verwirrung stieg. Was sollte er hier? Seine ehemaligen Brüder hatten keinen Zweifel daran gelassen, dass sie seinen Tod wollten – aber wollten sie ihr Urteil etwa hier vollziehen, vor den Augen hunderter, wenn nicht tausender Zeugen? Howard konnte sich das kaum vorstellen.
Die Zeit verging träge. Dann und wann öffnete
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