Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
machte ich.
    »Er sagte auch, ich solle Ihnen zu essen geben, wenn Sie kommen«, fuhr Madame Scheuerlappen wichtigtuerisch fort. »Es ist zwar schon recht spät, aber für Gäste, die im Voraus zahlen, mache ich schon einmal eine Ausnahme.«
    »Das ist sehr freundlich«, antwortete ich hastig, »aber es wäre mir im Moment wichtiger, mit Monsieur Lovecraft reden zu können. Welches Zimmer hat er?«
    »Zweiundzwanzig«, antwortete sie. »Gleich neben Ihrem. Aber es hat gar keinen Zweck, hochzugehen. Die Herren sind nicht da.« Ihr Augenaufschlag würde noch verführerischer. »Warum kommen Sie nicht herein? Ich mache Ihnen einen starken Kaffee.«
    »Später«, sagte ich eilig, als sie bereits Anstalten machte, die Tür vollends zu öffnen und mich kurzerhand zu sich hereinzuzerren. »Ein Kaffee wäre göttlich, aber es ist im Moment sehr wichtig, dass ich mit Howard spreche. Wissen Sie, wohin er gegangen ist?«
    Einen Moment lang blickte mich Madame Dupre fast vorwurfsvoll an, dann seufzte sie, fuhr sich mit einem fettigen Daumen über den Nasenrücken und deutete zur Tür. »In die Oper. Aber es hat gar keinen Zweck, wenn Sie ihnen nachfahren.«
    »In die … Oper?«, fragte ich zweifelnd. »Sind Sie sicher?«
    »Und ob ich sicher bin«, entgegnete sie beleidigt. »Ich habe selbst den Wagen bestellt. Aber es hat keinen Sinn, wenn Sie ihnen nachfahren. Die Vorstellung ist garantiert ausverkauft. Heute ist Premiere, da gibt es schon Tage vorher keine Karten mehr. Und die Vorstellung ist sowieso bald aus. Warum kommen Sie nicht herein und trinken Kaffee mit mir, bis Ihre Freunde zurückkommen? Sie sehen aus, als hätten Sie es nötig«, fügte sie hinzu.
    Einen Moment lang war ich wirklich versucht ihr Angebot anzunehmen; ich war hundemüde und fühlte mich – im wahrsten Sinne des Wortes – ziemlich zerschlagen. Der Gedanke, auf der Treppe der Pariser Oper herumzustehen und darauf zu warten, dass Howard und Rowlf auftauchten, erfüllte mich nicht gerade mit Begeisterung. Aber dann blickte ich wieder in Madame Dupres treue Schweinsäuglein und der Ausdruck, den ich darin las, überzeugte mich davon, dass sie weit mehr im Sinne hatte als Kaffeetrinken. Vielleicht war ein wenig frische Luft doch nicht zu verachten.
    »Später«, sagte ich noch einmal. »Wenn ich zurück bin. Wie komme ich zur Oper?«
    Das Lächeln auf Madames Gesicht wurde eisig. »Mit einem Wagen«, antwortete sie spröde. »Aber um diese Zeit kriegen Sie keinen mehr. Nicht in dieser Gegend. Und zu Fuß brauchen Sie eine Stunde.« Allmählich begann ich ihre Hartnäckigkeit zu bewundern.
    »Trotzdem«, begann ich. »Ich muss Howard sprechen. Wenn Sie so nett wären, mir den Weg -«
    Weiter kam ich nicht. Madame Dupre kam auch nie mehr dazu, mir statt des Weges zur Oper den in ihr Bett zu zeigen. Denn in diesem Augenblick wurde die Tür in meinem Rücken mit einem einzigen, gewaltigen Hieb eingeschlagen und ein verzerrter menschlicher Schatten erschien unter der Öffnung.
    Madame Dupre begann wie von Sinnen zu kreischen, während ich herumfuhr und instinktiv die Hand auf den Griff meines Stockdegens sinken ließ.
    Aber ich führte die Bewegung nicht zu Ende, denn im gleichen Moment fegte der Eindringling die Reste der zerbrochenen Tür vollends beiseite und ich erkannte sein Gesicht.
    Oder das, was davon übrig war.
    Die linke Hälfte seines Kopfes war nahezu unversehrt, während die andere regelrecht zermalmt worden war. Das braune Material, das menschlicher Haut so täuschend ähnlich sah, war zerrissen und hing in Fetzen herunter. Der eiserne Knochen darunter war zerbrochen und eingedrückt und aus dem zerfransten Loch, in dem einmal die Nachbildung eines menschlichen Auges gewesen war, ragten die abgerissenen Enden dünner, silberner Drähte.
     
    »Aber Monsieur, ich bitte Sie – das geht doch nicht!« Der Lakai begann verzweifelt mit den Händen zu ringen. Seine Stimme wurde schrill und die Blicke, die er Howard zuwarf, grenzten eindeutig an Panik. Aber Howard beachtete ihn gar nicht, sondern schob ihn kurzerhand zur Seite und stürmte mit gesenktem Kopf an ihm vorbei. Hinter ihm wurden aufgeregte Stimmen laut, gefolgt von den Schritten von gleich drei, vier Männern. Ohne auch nur zurückzusehen, rannte Howard weiter, erreichte die schmale Tür am Ende des Ganges und riss sie auf.
    Die Musik aus dem Bühnenraum wurde lauter, als er auf den winzigen Balkon hinaustrat. Hinter ihm erscholl ein fast entsetztes Keuchen und eine Hand legte sich auf

Weitere Kostenlose Bücher