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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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durchquert, ehe es mir – unter Zuhilfenahme meiner suggestiven Kräfte und einer Summe, die ausgereicht hätte, den altersschwachen Zweispänner zu kaufen – endlich gelungen war, einen Wagen zu bekommen. Das Dutzend anderer Kutscher, das wir vorher angesprochen hatten, hatte uns entweder davongejagt oder so getan, als existierten wir nicht. Ich konnte es ihnen nicht einmal verdenken. Wer nimmt schon mitten in der Nacht zwei Fremde auf, von denen der eine aussieht wie Frankensteins großer Bruder nach einer Schlägerei und der andere keine Schuhe anhat und nach verfaultem Gemüse stinkt?
    Die Kutsche schaukelte um eine Straßenbiegung und wurde ein wenig schneller und ich sah abermals aus dem Fenster. Die Gegend schien mit jedem Yard, den die Kutsche zurücklegte, schäbiger zu werden. Die Häuser waren schwarz vor Ruß und Jahrzehnte altem Schmutz und die kleinen Fenster schienen wie blind gewordene Augen auf uns herabzustarren. Müde versuchte ich, Ordnung in das Durcheinander zu bringen, das hinter meiner Stirn herrschte, und dachte noch einmal über das nach, was ich von Rowlf erfahren hatte. Er hatte in einem Straßencafe am Opernplatz gewartet, wie Howard es ihm befohlen hatte, aber Lovecraft war lange vor Ende der Vorstellung wieder aufgetaucht – nur, um sofort in eine Kutsche zu springen und zu verschwinden, ehe Rowlf auch nur recht begriffen hatte, was vorging. Alles, was wir noch hatten, war die Adresse eines Mannes, von dem wir nichts außer seinem Namen wussten – und der Tatsache, dass er Howard hasste. Nicht gerade die idealen Voraussetzungen dafür, in einer Stadt wie Paris einen einzelnen Mann zu finden; einen Mann dazu, der sicher alles in seiner Macht Stehende tun würde, seine Spur zu verwischen.
    »Wir hätten ihn inne Sähne schmeißn solln«, drang Rowlfs Stimme in meine Gedanken.
    Ich sah auf, starrte ihn einen Moment verständnislos an und fragte: »Wen?«
    »Den Blechkopp«, antwortete er. »s’ wird ne Menge Ärger gem, wenner jefunden wird. Wär besser gewesen, wir hättn verschwinden lassen.«
    Ich nickte, zuckte gleich darauf mit den Achseln und sah demonstrativ aus dem Fenster. Natürlich hatte Rowlf Recht: Es würde mehr als nur »Ärger« geben, wenn die menschengroße Puppe gefunden wurde und Madame Dupre ihre Aussage machte. Aber es war zu spät für solcherlei Überlegungen – und ich hatte auch keine Lust mehr, darüber nachzudenken. Eine Stadt mehr, in der es besser für mich war, mich nicht mehr blicken zu lassen, dachte ich. Was machte das schon? Allmählich begann ich mich daran zu gewöhnen, an jeden Ort nur einmal zurückzukehren.
    »Wir sind da«, sagte Rowlf plötzlich. Ich schrak aus meinen Gedanken hoch, streckte die Hand nach der Türklinke aus und öffnete sie, kaum dass der Wagen angehalten hatte. Regen und ein Schwall eisiger Luft schlugen mir ins Gesicht, als ich auf die Straße hinabsprang. Weiter im Westen, über dem Zentrum der Stadt, wetterleuchtete das blaue Gleißen eines Gewitters. Sekunden später ertönte der erste, noch gedämpfte Donnerschlag.
    Der Wagen fuhr weiter, nachdem Rowlf ausgestiegen war. Der Fahrer würde die beiden sonderbaren Gäste vergessen, die er mitten in der Nacht durch halb Paris kutschiert hatte, und sich am nächsten Morgen über das Bündel Geldscheine wundern, das in seiner Rocktasche war, dafür hatte ich gesorgt. Einen Moment lang wünschte ich mir, dass alle Probleme so leicht zu lösen wären – mit Geld und ein wenig Hokuspokus. Aber das würde wohl immer ein frommer Wunsch bleiben. Oder ein dummer, je nachdem.
    Rowlf deutete auf einen winzigen Laden auf der gegenüberliegenden Straßenseite, dessen Fensterscheiben matt im grauen Licht der Dämmerung blinkten. »Dort.«
    Seine Stimme klang gepresst und ich war sicher, dass es nicht nur die Müdigkeit war, die ich darin hörte. Einen ganz kurzen Moment lang zögerte er noch, dann ging er, schräg gegen den Wind und den Regen geneigt, über die Straße und blieb vor der Tür des Ladens stehen.
    Ich folgte ihm. Die Kälte schien zuzunehmen, als ich neben Rowlf stehen blieb, und für einen Moment glaubte ich ein helles metallisches Klirren unter dem Heulen des Windes zu hören. Erschrocken fuhr ich herum. Aber die Straße war leer.
    »Was ist los?«, fragte Rowlf alarmiert.
    »Nichts«, antwortete ich. »Ich bin nervös, das ist alles.«
    Rowlfs Blick sagte mir sehr deutlich, wie wenig er mir diese Erklärung abnahm. Aber er ging nicht weiter auf meine Worte ein, sondern

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