Hexer-Edition 08: Engel des Bösen
aufsah, erkannte ich Howard, der von zwei von Cohens Männern begleitet wurde. Auf den Gesichtern der beiden Beamten erschien ein gleichermaßen erschrockener wie fragender Ausdruck, als sie die Waffe in Cohens Hand gewahrten. Aber ihr Erscheinen entspannte auch die Situation. Cohen atmete hörbar auf, ließ den Hahn behutsam zurückschnappen und schob die Waffe wieder unter seine Jacke. Er sagte kein Wort.
Die Tür wurde geschlossen und der Wagen fuhr an, kaum dass Howard und seine beiden Begleiter auf den unbequemen Bänken Platz genommen hatten. Die beiden Polizisten versanken in das gleiche, angespannte Schweigen, das auch von Cohen und uns Besitz ergriffen hatte, während sich der Wagen schaukelnd durch den dichten Nachmittagsverkehr quälte.
Eine Weile fuhren wir schweigend dahin, dann schienen wir die City hinter uns zu haben, denn der Wagen wurde schneller und der Verkehrslärm, der bisher durch die Wände gedrungen war, nahm hörbar ab.
»Was war los?«, fragte Howard schließlich. Die Frage galt mir, aber er sah Cohen dabei an.
Ich wollte antworten, aber der Polizeicaptain schnitt mir mit einer befehlenden Geste das Wort ab. »Keine Unterhaltungen«, sagte er. »Sie werden nachher mehr Gelegenheit zum Reden haben, als Ihnen lieb ist.«
Howards Gesicht verdüsterte sich. »Was soll das heißen?«, fragte er scharf. »Sie können mir schlecht das Reden verbieten, Mister.«
»Und ob ich das kann«, schnauzte Cohen. Er wirkte noch immer verstört, aber er verbarg seine Unsicherheit jetzt wieder hinter einem bissigen Auftreten. »Sie werden sich noch wundern, was ich alles kann. Ich kann zum Beispiel -«
Wir erfuhren nie, was Cohen beispielsweise gekonnt hätte, denn in diesem Augenblick hielt der Gefangenenwagen mit einem so harten Ruck an, dass wir allesamt von den Bänken geworfen wurden und wild durcheinander fielen. Ein zorniger Schrei drang durch das Holz der Wände, dann das erschrockene Kreischen eines Pferdes, dann begann ein Mann zu keifen, ohne dass ich die Worte verstanden hätte.
Mühsam rappelte ich mich hoch, schob Rowlfs Fuß von meinem Gesicht herunter und versuchte, meine Beine aus dem Gewirr von Gliedern und Körpern zu entflechten, in dem sie verschwunden waren. Das Schreien draußen vor dem Wagen nahm zu und plötzlich ging ein harter Schlag durch das Gefährt, der uns abermals zu Boden schleuderte. Diesmal dauerte es länger, bis ich mich aus dem Durcheinander befreit hatte und aufstand.
Das erste, was ich sah, war Cohen, der auf eine Bank gestiegen war und schon wieder mit seinem Revolver herumfuchtelte. »Keine Bewegung, Craven«, sagte er drohend. »Ich werde schießen, wenn Sie auch nur einen falschen Furz lassen, das schwöre ich Ihnen!«
»Idiot«, sagte Howard gelassen.
Cohen fuhr herum, schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen und wedelte mit dem Revolver vor Howards Gesicht. »Ich verbitte mir das!«, brüllte er. »Ich belange Sie wegen Beamtenbeleidigung.«
Howard seufzte, schüttelte ein paarmal den Kopf und schnippte mit einer betont gelangweilt wirkenden Bewegung ein imaginäres Stäubchen von seiner Jacke. »Tun Sie das, Mister Cohen«, sagte er freundlich. »Aber vielleicht sehen Sie vorher nach, was da draußen passiert ist.«
Cohen starrte einen Moment lang ihn, dann die geschlossene Tür an und nickte. Umständlich kletterte er von seiner Bank herunter, ging rückwärts zur Tür und klopfte mit der Faust dagegen. Draußen ertönte wie zur Antwort ein gellender Schrei und wieder kreischte ein Pferd. Diesmal war es eindeutig ein Schmerzensschrei.
Cohen erbleichte. Wie von Sinnen begann er mit den Fäusten gegen die Tür zu schlagen und zu brüllen, aber die einzige Reaktion auf seine Worte waren neue Schreie draußen auf der Straße und ein abermaliger dumpfer Schlag, der den Wagen traf. Dann krachte ein Schuss, gleich darauf ein zweiter und plötzlich begannen eine ganze Menge Stimmen gleichzeitig zu kreischen. Den Geräuschen nach zu urteilen, musste dort draußen eine mittlere Schlacht stattfinden.
»Warum schließen Sie nicht auf?«, schnappte Howard. »Da draußen passiert etwas, das hören Sie doch!«
Cohen nickte nervös. »Ich kann nicht aufschließen«, sagte er. »Ich habe keinen Schlüssel. Das ist Vorschrift.«
»Dann brechen Sie sie auf!«, sagte Howard.
Cohen zögerte einen Moment, lauschte noch einmal auf das Schreien und Krachen draußen und nickte abgehackt. Mit einem heftigen Ruck drehte er sich herum und richtete den Lauf
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