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Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Titel: Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fast Schwereloses. Majestätisch wie ein Wal, aber vier Mal so groß, durchbrach er die Wasseroberfläche, sank mit einem gewaltigen Rauschen und Krachen zurück und kam schaukelnd zur Ruhe; ein Riese wie ein finsterer Meeresgott, aber aus schwarzem Stahl gefertigt. Eine doppelte Reihe winziger, gelb erleuchteter Bullaugen an seiner Flanke zauberte hüpfende Lichtflecke auf das Wasser und plötzlich strahlte an seinem Bug ein helles, gleißendes Licht auf, tastete wie ein suchender Finger über das Meer und erlosch wieder.
    Aber so kurz der Scheinwerferstrahl auch nur geleuchtet hatte, sein Licht hatte ausgereicht, mir den Namenszug zu zeigen, der in geschwungenen goldenen Lettern unter dem zwanzig Yards langen Rammsporn am Bug des Giganten prangte:
    NAUTILUS.

 

     
     
    Der Raum war nicht sehr viel größer als eine Gefängniszelle, zwei Schritte in der Breite und kaum doppelt so lang, dazu so niedrig, dass ich mich nicht einmal vollends aufrichten konnte, wollte ich nicht mit dem Kopf gegen die sanft gekrümmte Decke stoßen.
    Aber er war sehr viel behaglicher eingerichtet. Die Wände, aus härtestem Stahl geschmiedet, lugten nur hier und da hinter kostbaren Vorhängen und Gobelins hervor und auf dem Boden lag ein wolkenweicher Teppich. Ein buntbestickter Diwan nahm fast die Hälfte des vorhandenen Platzes ein und vor der gegenüberliegenden Wand, gleich neben einer niedrigen, halbrunden Tür, war ein niedriger, kunstvoll gedrechselter Tisch am Boden verschraubt, auf dem noch die Reste des üppigen Mahles standen, das mir einer von Nemos Männern vor Stundenfrist gebracht hatte; dazu eine Flasche des köstlichsten Champagners, der mir jemals untergekommen war.
    Auf einem Wandbord daneben standen eine kostbare, goldgeschnittene Bibel und zwei kleine metallene Kistchen, von denen eine eine Anzahl teurer Havanna-Zigarren und die andere drei Lagen likörgefüllter Pralines enthielt. Mein Gastgeber schien großen Wert darauf zu legen, für mein körperliches und seelisches Wohl zu sorgen.
    Was nichts daran änderte, dass die Kammer ein Gefängnis war. Ein sehr komfortables Gefängnis vielleicht, aber trotzdem nicht mehr.
    Es gab kein Fenster und die Tür hatte auf der Innenseite keinen Griff, sondern nur einen runden Knauf, an dem ich ziehen konnte, bis ich schwarz wurde. Es war ein Gefängnis.
    Missmutig wälzte ich mich auf dem Diwan von einer Seite auf die andere, knuffte das bestickte Seidenkissen zu einem Ball zusammen und versuchte vergeblich, das Gefühl der Übelkeit zu ignorieren, das in gleichmäßigen Wellen aus meinem Magen emporstieg. Mir war schlecht wie selten zuvor in meinem Leben.
    Aber die Übelkeit, die mich quälte, kam weder von dem zu reichlichen Essen noch von der Flasche Champagner, die ich fast zur Gänze geleert hatte, sondern resultierte einzig aus dem beständigen Stampfen und Schaukeln, das begonnen hatte, als ich diesen Albtraum von Schiff betrat und seither – von einer einzigen, kurzen Unterbrechung abgesehen – nicht mehr aufgehört hatte.
    Ich war seekrank.
    Ich habe Schiffe nie gemocht, sondern ihnen immer ein natürliches Misstrauen entgegengebracht; seit ich denken konnte, ist mir stets alles, was sich nicht auf festem Boden oder wenigstens Rädern oder Schienen bewegt, irgendwie suspekt gewesen. Aber seit ich an Bord der NAUTILUS war, hatte ich angefangen, sie zu hassen.
    Dabei war das beständige Schaukeln und Wiegen des Bodens nicht einmal sehr schlimm. Immerhin befanden wir uns gute zehn Faden unter der Oberfläche des Meeres, sodass das Schiff vom Wellengang weitgehend unberührt blieb, aber die Strömung war hier, nahe der schottischen Küste, selbst unter Wasser so stark, dass sich das Boot beständig mit der Kraft seiner Maschinen gegen den Druck des Wassers stemmen musste.
    Wenigstens war das die Erklärung, die ich mir selbst zurechtgebastelt hatte, in den Stunden, die ich wach auf dem Diwan gelegen, die Decke angestarrt und versucht hatte, der Übelkeit in meinen Eingeweiden Herr zu werden.
    Ich wusste nicht einmal, wie lange ich mich an Bord dieses phantastischen Schiffes befand. Trotz allem war ich eingeschlafen, kaum dass mich Nemo unter Deck gebracht und mir meine Kabine gezeigt hatte; und der Schwere meiner Glieder nach zu urteilen, die ich nach dem Erwachen verspürte, musste es ein sehr langer Schlaf gewesen sein.
    Seitdem lag ich hier, starrte die Decke mit der runden, elektrischen Lampe darunter an und wartete; worauf, wusste ich selbst nicht. Kapitän Nemo

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