Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
Craven, jemanden wie dich. Ich brauche dich.«
»So?«, fragte ich. »So wie dieses Mädchen dort unten?« Ich deutete auf das grünlich schimmernde Wasser, das ein Drittel des Raumes ausfüllte, und fügte zornig hinzu. »Oder die anderen, die du umgebracht hast?«
»Keiner von ihnen ist tot«, schnappte Dagon. »Aber das gehört nicht hierher. Hör mir zu, Robert Craven, und du wirst begreifen, welche Gefahr uns allen droht.« Er legte eine dramatische Pause ein, wandte sich um und wiederholte seine weit ausholende Handbewegung.
»Du weißt, wie ich hierher gelangte«, sagte er.
Ich nickte, obwohl er die Bewegung nicht sehen konnte. »Ich erinnere mich schwach«, sagte ich.
»Das Tor, das ich mit deiner Hilfe fand«, begann Dagon, »brachte mich hierher, in eure Welt, aber es brachte mich nicht in deine Zeit, Robert Craven. Als ich hierher gelangte, war euer Volk noch jung. Für dich mögen erst wenige Wochen vergangen sein, seit du Maronar und die, die von ihm geblieben sind, gesehen hast, aber ich, Robert Craven, bin seit mehr als fünftausend Jahren hier.«
Ich starrte ihn an. Fünftausend Jahre! Es gab keinen Beweis für Dagons Worte, aber ich spürte einfach, dass er die Wahrheit sprach. Alles um mich herum strahlte Alter aus wie eine finstere Aura.
»Fünftausend Jahre!«, murmelte ich.
Dagon drehte sich herum, sah mich an und nickte. »Fünftausend Jahre, Robert Craven«, bestätigte er. »Eine sehr lange Zeit. Ich war ein Gott, als ich hierher kam. Die Menschen in diesem Land beteten mich an. Sie knieten vor mir und verehrten mich und sie gaben mir alles, was ich wollte.« Plötzlich lächelte er, aber es war ein sehr trauriges Lächeln. »Sie errichteten diese Stadt, Robert Craven, nur um mir zu huldigen. Ich hätte mich zum Herren der Welt aufschwingen können.«
Die bissige Antwort, die mir auf der Zunge lag, blieb mir im Halse stecken. »Und warum«, flüsterte ich, »hast du es nicht getan?«
Dagon seufzte. »Aus einem Grund, den du nur zu gut kennst, Robert Craven«, antwortete er. »Aus Angst.«
»Angst?« Diesmal war ich ehrlich erstaunt. »Vor wem?«
»Vor den Wesen, vor denen ich floh, als du mir das Tor zeigtest«, antwortete Dagon, und wieder spürte ich, dass er die Wahrheit sprach. »Jene in der Tiefe sind mächtig und sie sind schrecklich in ihrem Zorn. Ich habe sie verraten, denn sie waren es, die das Tor benutzen wollten, durch das ich ging.«
»Aber sie sind seit fast zweihundert Millionen Jahren tot!«, widersprach ich.
Dagon lachte. Es klang nicht sehr amüsiert. »Wie können sie sterben, wo sie niemals gelebt haben, Robert Craven?«, sagte er. »Du begreifst nichts. Du bist ein Mensch – und die Menschen sind so dumm wie überheblich. Sie sind Götter, finstere, böse Götter, für die ein Menschenalter weniger als ein Gedanke zählt! Während all dieser Zeit, Robert Craven, hatte ich Angst. Angst, von ihnen gefunden zu werden, denn ihre Rache würde fürchterlich sein. Fünftausend Jahre lang hatte ich Angst!«
Ich schauderte. Plötzlich – und mit solcher Macht, dass ich außerstande war, mich dagegen zu wehren – verspürte ich nichts als Mitleid mit Dagon. Fünftausend Jahre voller Angst … Ich versuchte es mir vorzustellen, aber ich konnte es nicht.
»Und jetzt haben sie dich gefunden«, murmelte ich. Plötzlich war mir kalt, furchtbar kalt, denn ich begriff, was Dagons Nicken bedeutete. Wenn sie ihn gefunden hatten – dann hatten sie auch uns gefunden.
»Warum gerade jetzt?«
Dagon schwieg einen Moment, dann lächelte er. »Es war einer von euch, Robert Craven, der das uralte Siegel brach und dreizehn der GROSSEN ALTEN in eure Zeit holte. Jene in der Tiefe sind ihre Diener, doch täusche dich nicht ob dieses Wortes, denn auch die Diener von Göttern sind Götter, tausende Male schlimmer, als du es dir auszumalen vermagst.«
»Und was geschieht jetzt?«, fragte ich mit heiserer Stimme.
»Ich spüre ihr Nahen, Robert Craven«, sagte Dagon. »Noch sind sie nicht hier; die Siegel sind ungebrochen und der uralte Bann hält sie zurück. Aber etwas hilft ihnen. Eine Macht, die ich nicht zu deuten vermag, aber die stärker wird.«
»Aha«, sagte ich.
Dagon seufzte. »Ich sehe, du verstehst nicht«, sagte er. »Ich will es dir erklären, denn es ist wichtig, dass du alles weißt. Deine Sorgen sind unbegründet, Robert Craven«, sagte Dagon. »Ich war niemals daran interessiert, die Herrschaft über diese Welt zu übernehmen, und ich bin es auch jetzt nicht. Ich
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