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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Helsing vorgestellt hatte. Oder überhaupt irgendeines Schiffes, das größer als fünf Zoll war.
    Kapitän De Cruyk – den Namen hatte ich aufgeschnappt – war ungefähr so groß wie ich (in diesem Augenblick jedenfalls; und ich saß vornüber gebeugt auf einem niedrigen Stuhl!), aber genauso breit. Sein Gesicht glänzte ölig und erinnerte mich an das eines äußerst missgelaunten Buddhas, wurde jedoch von einem sorgsam toupierten Haarschopf gekrönt. Seine Nase sah aus, als hätte sie schon einmal Bekanntschaft mit einem Stuhlbein gemacht, denn sie war in der Mitte deutlich eingekerbt, und seine Augen blickten mit einer Mischung aus angeborener Aggressivität und Feigheit auf mich herab, die mich instinktiv vorsichtig werden ließ. Als er an mir vorüberging, streifte mich ein Hauch von Pomade, der mir fast den Atem verschlug.
    »Sie sind also Craven«, begann er ohne Umschweife, nachdem er um seinen Schreibtisch herumgetrippelt war und sich in einen Stuhl hatte fallen lassen, der besonders hoch sein musste, denn er war auf einmal ein gutes Stück größer als ich.
    »Das bin ich«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Und Sie müssen Kapitän De Cruyk sein. Ich danke Ihnen, dass Sie mich aus dem Wasser gefischt haben.«
    De Cruyk machte eine großspurige Geste. »Nicht der Rede wert, Craven.«
    So, wie er es sagte, klang es, als täte er Tag für Tag nichts anderes, als ertrinkende Amerikaner aus dem Wasser zu fischen. Aber ich beließ es bei einem zustimmenden Nicken und sah ihn nur fragend an. Etwas an De Cruyks Freundlichkeit störte mich. Sie wirkte falsch.
    »Wo kommen Sie her, Mister Craven?«, fuhr De Cruyk nach einer Weile fort. »Von welchem Schiff?«
    Einen Moment lang dachte ich daran, mir irgendeinen Namen aus den Fingern zu saugen, aber dann fiel mir der Rat ein, den mir Howard einmal gegeben hatte: Wenn man schon lügen muss, dann immer so dicht an der Wahrheit wie möglich. Die Wahrscheinlichkeit, sich zu verplappern, ist dann kleiner.
    »Von der DAGON«, antwortete ich.
    De Cruyk runzelte die Stirn. »Sonderbarer Name. Ein amerikanisches Schiff?«
    Ich nickte hastig und De Cruyk fuhr fort, als wäre dies Erklärung genug: »Was ist passiert?«, fragte er. »Ist das Schiff gesunken, oder sind Sie über Bord gefallen?«
    »Ich … fürchte, letzteres«, gestand ich mit gespielter Zerknirschung. Meine Gedanken überschlugen sich schier. De Cruyks Fragen schrien geradezu nach einer Falle und seine Freundlichkeit war so falsch wie die Edelsteine in seinen Ringen.
    »Wo?«, schnappte er.
    »Wo?« Ich tat so, als verstünde ich ihn nicht.
    »Wo«, bestätigte De Cruyk. »Wo ist es passiert?«
    Ich schluckte ein paarmal, um Zeit zu gewinnen. »Nun«, sagte ich schließlich, »ich stand am Heck, auf der rechten Seite. Ich glaube, ihr Seeleute sagt Backbord dazu – oder war es Steuerbord?«
    De Cruyks Gesichtsausdruck verdüsterte sich wie eine Lampe, die an ihrem eigenen Ruß erstickt. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«, fragte er.
    »Keineswegs«, versicherte ich hastig. Meine Gedanken rasten. Wie zum Teufel sollte ich ihm erklären, wo ich die DAGON verlassen hatte? Irgendwo an der Küste Englands, sicher – aber das Tor konnte mich genauso gut zwei wie zweitausend Meilen weit transportiert haben!
    »Ich weiß es wirklich nicht, Kapitän«, versicherte ich mit gespielter Zerknirschung. »Ich verstehe nichts von Seefahrt oder Nautik, müssen Sie wissen. Wir waren lange unterwegs und ich war die meiste Zeit über in meiner Kabine. Die Seekrankheit, Sie verstehen? Und ich war mehr als zwölf Stunden lang im Wasser. Vielleicht … wenn Sie mir auf der Karte zeigen, wo wir jetzt sind …«
    Ich weiß, es klingt unglaublich – aber De Cruyk fiel tatsächlich darauf herein! Eine Sekunde lang starrte er mich durchdringend an, dann riss er eine Schublade seines Schreibtisches auf und förderte eine fleckige Seekarte zutage, die er vor mir auf dem Tisch ausbreitete.
    »Genau hier«, sagte er und tippte mit einem fetten Zeigefinger auf eine Stelle dicht an ihrem Rand.
    Hätte er mir den gleichen Finger in diesem Moment ins Auge gestochen, wäre ich kaum überraschter gewesen.
    Meine Geographiekenntnisse waren niemals besonders gut, aber die Küstenlinie, die die Karte zeigte, war zu markant, um sie nicht zu erkennen. Außerdem standen die Namen der beiden großen Inseln, die sie zeigte, in verschnörkelten Buchstaben überdeutlich am unteren Rand der Karte.
    SUMATRA und JAVA.
    Ich hatte mich getäuscht; das

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