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Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod

Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod

Titel: Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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meiner Seele anrührte.
    Wir warteten. Die Zeit schien träge wie Sirup zu fließen und mein Herz begann vor Erregung schneller zu hämmern, je näher die unheimliche Flotte kam. Bald erkannte ich, dass es sich um ein gutes Dutzend absurder Gebilde handelte; Dinge, die wie eine reichlich misslungene Kreuzung zwischen skelettierten Riesentieren und irgendetwas Pflanzlichem aussahen und die von grotesken, knöchernen Wesen mit langen Stangen durch das seichte Wasser gestakst wurden. Zwischen ihnen tanzte scheinbar schwerelos eine große Anzahl kopfgroßer, in allen Farben des Regenbogens schillernder Kugeln auf dem Meer, und auch in den Booten selbst gewahrte ich große Mengen davon. Der Anblick erinnerte mich an etwas – und er war eine Erinnerung, die deutlich mit dem Empfinden von Gefahr gepaart war. Aber ich vermochte sie nicht zu fassen.
    Shannon berührte mich am Arm und deutete nach rechts, zum Eingang der Höhle, der wie ein aufgerissenes steinernes Maul in der Felswand klaffte. Vor Augenblicken war er noch leer gewesen, aber jetzt stand eine dunkle, nur als schwarzer Schatten gegen einen lavaglühenden Hintergrund zu erkennende Gestalt dort.
    »Dagon«, flüsterte Shannon, so leise, dass ich das Wort kaum verstand.
    Ich strengte nach Kräften meine Augen an, um die Gestalt vor dem Höhleneingang deutlicher erkennen zu können, sah aber weiterhin nichts als einen Schatten. Aber etwas an diesem Schatten war … sonderbar. Ich kannte Dagon zu gut, um seine hünenhafte, breitschultrige Gestalt zu verwechseln, nicht einmal bei einer so schlechten Sicht wie jetzt. Und der Schatten dort drüben war ganz entschieden nicht der des Fischgottes. Sicher, auch er war ein Gigant; ein Riese, selbst noch größer als Shannon. Aber er wirkte irgendwie … deformiert. Zusammengestaucht und auf furchtbare, nicht zu beschreibende Weise verdreht und verzerrt, als hätte jemand einen Klumpen Lehm genommen und versucht, eine menschliche Gestalt daraus zu formen, ohne auch nur die mindeste Ahnung von menschlichen Proportionen zu haben. Der Anblick ließ mich schaudern.
    »Bist du sicher?«, flüsterte ich.
    Shannon antwortete nicht, sondern machte eine unwillige Geste mit der Hand, die mir gebot zu schweigen. Gebannt blickten wir auf die See hinaus.
    Das Licht und der düstere Gesang waren stärker geworden und die bizarren Schiffe kamen näher. Obwohl wir kaum einen Steinwurf entfernt waren, konnte ich nicht genau erkennen, was geschah; Schatten wogten hin und her, Dinge bewegten sich auf dem Strand und ein Chor düsterer, auf bedrückende Weise Angst machender Stimmen mischte sich in das dumpfe Hämmern meines Herzens.
    Es musste eine halbe Stunde dauern; vielleicht länger, bis sich die knöcherne Armee wieder in die See zurückgezogen hatte.
    Aber es war noch nicht zu Ende.
    Ich wollte mich erheben, als das letzte Schiff in Nebel und Nacht verschwunden war, aber Shannon berührte mich rasch an der Hand und schüttelte den Kopf. Dann deutete er, ohne ein Wort zu sagen, zum Höhleneingang hinüber.
    Die Gestalt war verschwunden, nachdem sich die Schiffe wieder entfernt hatten, aber das steinerne Maul der Höhle war nicht leer. Zwei kleinere, schmächtige Schatten waren vor dem roten Licht der brennenden Lava erschienen, die ich nach Sekunden als die Männer identifizierte, die ich bei meinem ersten unfreiwilligen Besuch in Dagons unterirdischem Reich getroffen hatte. Sie taten nichts, sondern standen einfach nur da, die Köpfe gehoben und die Blicke auf das Meer gerichtet. Es sah aus, als warteten sie auf irgendetwas. Oder jemanden.
    Shannon zerbiss einen Fluch auf den Lippen. »Verdammt noch mal, worauf warten die?«, murmelte er. »Das war noch nie da.«
    Ich schwieg. Der Gedanke, abermals in Dagons unterirdisches, feuriges Reich eindringen zu sollen, lastete wie ein dumpfer, lähmender Druck auf meiner Seele. Schon einmal war ich dem chthonischen Labyrinth und seinen mörderischen Beherrschern nur mit äußerster Mühe und – wie könnte es anders sein? – nur durch Shannons Eingreifen entkommen. Gut, diesmal mochten die Karten etwas besser verteilt sein: Wir hatten den Vorteil der Überraschung auf unserer Seite und ich war fast wieder im Vollbesitz meiner magischen Kräfte. Aber – um bei dem Vergleich zu bleiben – wir hatten allerhöchstens ein Paar Siebener gegen Dagons Royal Flush.
    Plötzlich berührte mich Shannon abermals an der Schulter und deutete hinaus auf die See.
    Die bizarre Flotte der Knochenmänner war

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