Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod
schließlich zehn der Drachenschiffe und drückte die Trümmer tief unter Wasser.
Was von der bizarren Flotte übrig geblieben war, prallte krachend gegen die Bordwand. Flammen schossen über die Reling der Zuidermaar und plötzlich waren überall Rauch, Funken und kleine, blitzende Explosionen. Tief unter Harmfelds Füßen trafen Funken auf ein Pulverfass, ließen es explodieren und rissen ein gewaltiges Loch in die Flanke des Schiffes und plötzlich stand der Bug des Schiffes in hellen Flammen, dann der Fockmast, das Segel …
Harmfeld warf das Steuer abermals herum. Die Zuidermaar schien sich aufzubäumen wie ein sterbendes Tier, aber auch jetzt gehorchte sie seinem Befehl noch, schwenkte beinahe auf der Stelle herum und zermalmte die Boote, die sich in ihre Flanken gekrallt hatten.
Rauch und Feuer nahmen Harmfeld die Sicht und ließen ihn husten. Ein stechender Schmerz machte sich in seiner Brust bemerkbar. Wie durch blutige Nebel sah er, wie das Meer eine neue Welle der grässlichen Drachenschiffe ausspie und die Zuidermaar, den Angreifern nun ihre unverletzte Seite zuwendend, abermals zu feuern begann. Nur jedes dritte oder vierte Boot durchbrach die Barriere aus Flammen und Tod, die die Zwölfpfünder der Zuidermaar über das Meer legten.
Und dann ging ein knirschender Laut durch das Schiff. Das Steuer unter Harmfelds Händen drehte plötzlich ohne Widerstand durch und er wusste, dass es nie wieder zum Leben erwachen würde.
Wenige Augenblicke später erreichte die Phalanx der Knochenschiffe die Zuidermaar. Harmfeld hörte eine Reihe dumpfer, krachender Laute, als die Schiffe gegen den Rumpf ihres gigantischen Gegners krachten, dann ein fürchterliches Schaben und Kratzen, als krallten sich gigantische Insektenbeine in das harte Holz des Rumpfes.
Sein Blick wanderte noch einmal über das Deck der Zuidermaar. Ein Teil der Aufbauten war zerstört, zwei seiner fünf riesigen Hauptsegel standen in Flammen und aus den Masten regneten brennende Trümmerstücke auf das Deck.
Dann erschien ein schwarzer, schrecklich gezahnter Dämonenschädel über der Reling, gefolgt von chitinglitzernden schwarzen Armen, einem Albtraumleib und dürren, blitzenden Knochenbeinen …
Der letzte, entscheidende Angriff hatte begonnen.
Harmfeld zog seinen Säbel.
Ich lag auf einer glatten, kühlen Unterlage, als ich erwachte. Meine Arme und Beine waren auf unangenehme Weise gespreizt und gefesselt, wie ich rasch feststellte, und über mir war die schwarze Lava der Höhlendecke. Es war sonderbar kühl. Ich schloss die Augen.
Zehn, fünfzehn Sekunden lang lag ich einfach reglos da, versuchte an nichts zu denken und mich zu entspannen, dann öffnete ich die Augen wieder und versuchte noch einmal, mich zu erheben.
Es war sinnlos. Meine Arme und Beine waren so perfekt gebunden, dass ich mich nicht um einen Millimeter rühren konnte.
Wieso lebte ich noch?
Das letzte, woran ich mich erinnerte, war der Sturz in den grünen Pfuhl gewesen, das weit aufgerissene Maul eines Thul Saduun, die furchtbare Angst, die wie eine Flamme in mir emporgelodert war …
Dann nichts mehr.
Das Geräusch leiser, schlurfender Schritte drang an mein Ohr. Ich wollte den Kopf wenden, konnte es aber nicht, denn auch um meine Stirn spannte sich ein dünnes Band aus kaltem Eisen.
Die Schritte brachen ab, kamen wieder näher und stoppten erneut. Etwas an ihrem Rhythmus stimmte nicht.
Dann trat eine Gestalt in mein Gesichtsfeld.
Der Anblick traf mich wie ein Schlag.
Ich erkannte Barlaam sofort. Ich hätte ihn auch erkannt, wenn er in Gestalt eines vollkommen anderen vor mir erschienen wäre, denn es war sein Blick, der Blick seiner Millionen Jahre alten, grausamen Augen, den niemand, der ihm einmal begegnet war, in seinem Leben wieder vergessen konnte.
Aber sein Körper hatte sich auf fürchterliche Weise verändert.
Sein Gesicht war verbrannt, die Lippen darin wie vernarbte Wunden. Sein Körper wirkte sonderbar gestaucht und deformiert und seine Arme und Beine sahen aus, als wären sie mehrfach gebrochen und falsch wieder zusammengewachsen. Die linke Hand hielt er verkrümmt vor der Brust, eine nutzlose Klaue, an der drei Finger fehlten. Sein Atem ging röchelnd und unregelmäßig.
Lange, fast, als wolle er mir ausreichend Gelegenheit geben, seinen zerstörten Leib zu begutachten, stand Barlaam reglos da und starrte mich nur an. Dann verzogen sich seine Lippen zu der schrecklichsten Imitation eines Lächelns, die ich jemals gesehen
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