Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons
verstummt. Er hatte den Widerstand aufgegeben. Ich konnte nicht erkennen, ob er überhaupt noch bei Bewusstsein war.
Das Wissen, das plötzlich in mir war, erfüllte mich mit neuer Kraft. Zwei Tentakel zuckten gleichzeitig auf mich zu, doch diesmal wich ich nicht aus. Jetzt wusste ich endlich, wie das Monstrum zu vernichten war! Etwas in meinem Inneren schien zu explodieren, die Barriere zu meinem magischen Erbe, das in mir schlummerte, wurde weggelegt. Ich sah die Tentakel wie zuckende Schlangenleiber näher kommen, doch etwas war mit der Zeit geschehen. Sie lief um ein Vielfaches langsamer ab.
Scheinbar ohne Grund peitschte ein Fangarm aus der Richtung, schlug gegen den zweiten und stieß auch ihn zur Seite. Doch damit nicht genug. Als ich meine Geisteskraft verstärkte, mit meiner Magie nach dem Lebensnerv der Bestie griff, den mir die bizarre Zeichnung offenbart hatte, begannen sich die faustgroßen Schuppen zu verfärben. Sie wurden dunkler und kräuselten sich dabei, als wären sie mit Säure bestrichen worden. Dünner Rauch stieg auf und eine dickflüssige Substanz tropfte zu Boden, wo sie kleine, schwarze Lachen bildete.
Noch immer war mir nicht richtig bewusst, dass ich es war, der diesen Vorgang auslöste, noch immer schien ich den Geschehnissen seltsam entrückt zu sein, zu einem unbeteiligten Zuschauer degradiert.
Die Tentakel verdorrten, verfaulten. Die Schuppen lösten sich auf und darunter befand sich nichts als sirupartiger Schleim, der sich bei der Berührung mit Luft sofort zersetzte und zu schwarzer Schlacke wurde.
In gespenstischer Lautlosigkeit zerfiel auch der Tentakel, der Jeff umklammert hatte. Es dauerte mehrere Sekunden, bis der Junge bemerkte, dass er wieder frei war. Taumelnd kam er auf die Beine.
»Lauf weg!«, schrie ich mit überschnappender Stimme. »Los, beeil dich!«, brüllte ich noch einmal, als er nicht sofort reagierte. »Nimm den dritten Gang von rechts.«
Endlich kam er meinem Befehl nach. Mit prophetischer Klarheit wusste ich, welcher Weg der richtige war. Spätestens in diesem Moment war mir klar, dass mir jemand beistand in diesem Kampf. Jemand, der diese Gänge kannte, als hätte er selbst sie angelegt. Vielleicht hatte er es sogar.
Die Nebel in der Halle schienen sich gelichtet zu haben, doch das war nur eine Täuschung. Sie hatten sich lediglich wie ein Schutzwall noch enger um die Bestie geballt. Ich sah, dass Jeff Conroy losrannte, sich von einem Rest seines klaren Verstandes getrieben nach der Fackel bückte – und im falschen Stollen verschwand! In einem Gang, der im Nichts endete …
Es war zu spät, ihn zurückzurufen. Der Stollen hatte ihn verschluckt wie ein riesiges, gieriges Maul.
Ein weiterer Tentakel peitschte auf mich zu, ohne mich zu erreichen. Er verging ebenso schnell wie die anderen.
Ich hatte mir mit meinem Angriff nur etwas Luft verschafft. Ich wusste, dass ich den Kampf auf diese Art nicht gewinnen konnte. Die Kreatur vermochte beliebig viele Tentakel neu zu erschaffen und mich allein durch diese Übermacht zu bezwingen, aber für den Moment war der Weg frei.
Meine Bewegungen waren kaum mehr als ein unsicheres und kraftloses Vorwärtstaumeln. Dann rutschte ich in einer der schleimigen Lachen auf dem Boden aus und beim Sturz fiel etwas mit einem leisen Klirren aus meiner Tasche, rollte in einem Halbkreis über den Boden und kam neben meiner Hand zum Stillstand. Ein kleines, ovales Stück Stein.
Der Shoggotenstern, der mich bereits in dem magischen Moor gerettet hatte!
Er konnte der Bestie ebensowenig Schaden zufügen wie der Degen, aber er konnte mich bei meinem Vorhaben schützen. Ich griff nach dem Stern, stemmte mich hoch und torkelte in die Nebelwand hinein. Der pestilenzartige Gestank drehte mir den Magen um. Ich kam nicht mehr gegen den Ekel an und erbrach mich würgend, ehe es mir gelang, meine Beine weiter vorwärtszubewegen.
Plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, befand sich die Kreatur unmittelbar vor mir! Und diesmal hüllte kein Nebel sie ein!
Ich blickte auf brodelnden Urschlamm von einer Finsternis, zu der es kein materielles Gegenstück in unserer Welt gab. Das Monstrum erreichte mehr als die vierfache Größe eines Menschen. Seine Oberfläche befand sich in unablässiger Bewegung. Der Schädel des Wesens – oder zumindest das, was man für etwas Derartiges halten konnte – befand sich in Höhe meiner Brust. Er war bogenförmig nach hinten in die Länge gezogen und ihm entwuchsen Tentakel, die sich gerade neu
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