Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Titel: Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
ganz und gar überflüssigen Geste zur Tür. »Sie müssen jetzt wirklich gehen, Craven«, sagte er. »Es sei denn, Sie wollen uns begleiten.«
    Ich nickte, öffnete die Abteiltür und blieb erneut stehen. Noch einmal suchte ich Sitting Bulls Blick – und diesmal wich er mir nicht aus, sondern sah mich direkt an.
    Und in seinen Augen stand ein Glitzern, das – auf seine Art – beinahe schlimmer war als die grässlichen Visionen zuvor.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln, fuhr auf dem Absatz herum und lief so schnell durch den Waggon, dass es fast einer Flucht gleichkam.
    Als ich auf den Bahnsteig herabsprang, erscholl von der Lokomotive her zum dritten Mal ein schriller, misstönender Pfiff und plötzlich begann das stählerne Ungetüm zu beben. Dampf zischte in grauen Wolken zwischen den Rädern hervor, ein helles Knirschen erscholl und dann setzte sich der Zug schnaufend und schaukelnd in Bewegung.
    Und ich spürte die Anwesenheit meines Verfolgers.
    Es war wie ein Hieb.
    So verrückt es sich im Nachhinein anhören mag – ich hatte den Grund, der mich in den Spielsalon und letztlich zu Cody und Sitting Bull getrieben hatte, vollkommen vergessen. Meine vier neuen Bekannten – und vor allem das, was zwischen Sitting Bull und mir passiert war – hatten mich den Verfolger und das Gefühl, beobachtet und belauert zu werden, für wenige Stunden verdrängen lassen.
    Dafür holte mich die Wirklichkeit jetzt umso brutaler ein.
    Diesmal war es nicht nur das Gefühl, beobachtet zu werden. Diesmal war es eine Drohung.
    Ich weiß nicht, ob es eine Vision war; oder etwas, das man so nennen kann.
    Genau genommen wusste ich in diesem Moment nur eines, das aber mit unerschütterlicher Sicherheit: dass ich sterben würde, wenn ich diesen Bahnsteig verließ. Was immer es war, das mir den ganzen Tag gefolgt war, es war hier, unmittelbar in meiner Nähe.
    Und es war gekommen, um mich zu töten.
    Jetzt.
    Es war kein bewusstes Denken mehr, das meine Handlungen bestimmte, sondern nur noch Angst. Eine Angst wie niemals zuvor in meinem Leben.
    Ohne auch nur noch eine weitere Sekunde zu zögern, fuhr ich herum, spurtete mit aller Kraft los, bekam das Plattformgeländer des letzten Waggons zu fassen und zog mich mit einem kraftvollen Schwung auf den Zug hinauf.
     
    Es hatte versagt. Es war bereit gewesen, zuzuschlagen. Unsichtbar und lautlos war es seinem Opfer und einem anderen, viel gefährlicheren Gegner gefolgt, hatte sie belauert und beobachtet und seine Fallstricke ausgelegt und gewartet, bis das Wild, das zu jagen es ausgesandt worden war, auftauchte.
    Aber es hatte versagt; das Opfer war entkommen, im buchstäblich allerletzten Augenblick; Sekunden, ehe es seine Tarnung aufgeben und es verschlingen wollte.
    Und trotzdem würde das Opfer sterben. Nicht jetzt, nicht hier, sondern später und an einem anderen Ort, aber das spielte keine Rolle.
    Es spielte auch keine Rolle, dass seine eigene Existenz enden würde, jetzt, wo es keine Aufgabe mehr gab, die es erfüllen musste, denn das furchtbare Wesen kannte Begriffe wie Angst oder Schmerz nicht.
    Der Shoggote verging. Sein Körper löste sich in schwarzen Urschlamm und rasch zerfallende, ohnehin nur für kurze Zeit und eigens für diese Aufgabe geschaffene Zellverbindungen auf, wurde zu einer Pfütze übel riechender, schwarzer Flüssigkeit und farbloser Gallerte und zerfiel weiter.
    Aber noch während das Etwas, das so etwas wie ein Bewusstsein für den Shoggoten gewesen war, zu verblassen begann, sandte es Befehle aus.
    Der Shoggote starb einen schnellen, lautlosen Tod.
    Aber die grässliche Saat, die er auf der Spur seines Opfers ausgelegt hatte, begann im gleichen Moment aufzugehen. Lautlos und unsichtbar.
    Noch …
     
    »Er ist tot.« Der Arzt hob bedauernd die Hände, in einer Bewegung, die zu schnell kam, um echt zu wirken, und sagte: »Es tut mir Leid«, mit einem Mitgefühl in der Stimme, das zu tief war, um mehr als berufsmäßig zu sein.
    Teagarden schwieg eine ganze Weile und auch von dem guten Dutzend Männern, die ihn, den Arzt, und den hastig freigeräumten Billardtisch mit dem Leichnam Vardens umstanden, sagte keiner ein Wort. Die Stille war beinahe unheimlich.
    »Tot?«, wiederholte Teagarden schließlich. Seine Stimme war vollkommen ausdruckslos.
    »Er war schon tot, als ich kam«, sagte der Arzt. »Beinahe jedenfalls.« Er seufzte, schüttelte den Kopf und begann seine Instrumente in die abgewetzte Ledertasche zu packen, die er mitgebracht hatte. »Vielleicht war

Weitere Kostenlose Bücher