Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons
niemals so übertölpeln können.« Teagarden beruhigte sich nur langsam. Sein Atem ging schnell und auf seinem Gesicht waren hektische rote Flecken erschienen. »Er wird mir dafür bezahlen!«, versprach er. »Und Cody und dieser verdammte Indianer auch. Wann ist der Zug abgefahren?«
»Vor … vor einer halben Stunde«, antwortete Joe stockend. »Ich bin gleich zurückgekommen.«
»Eine halbe Stunde.« Teagarden überlegte. »Er fährt über Salt Lake City, nicht? Da muss er durch die Berge. Und außerdem einen gewaltigen Umweg machen. Mit etwas Glück schnappen wir ihn noch.«
»Schnappen?« Joe keuchte. »Aber wieso -«
»Warum überlässt du das Denken nicht mir?«, unterbrach ihn Teagarden kalt. »Geh und rufe die Jungs zusammen. Ich brauche zwanzig Mann. Und sie sollen die schnellsten Pferde nehmen, die sie haben. Außerdem genug Waffen und Proviant für ein paar Tage.«
Joe zögerte.
»Passt dir etwas nicht?«, fragte Teagarden lauernd.
»Doch, doch«, beeilte sich Joe zu versichern. »Es ist … nur …«
»Nur was?«, flüsterte Teagarden.
»Es wird eine Menge Ärger geben, wenn wir den Zug anhalten«, sagte Joe halblaut. »Die Marshals verstehen in dieser Beziehung keinen Spaß.«
»Ich will diesen Craven!«, fauchte Teagarden. »Ich habe dich nicht gefragt, ob es dir Spaß macht, Joe. Dieses Schwein soll bezahlen. Aber wenn es dir hilft, deine Bedenken zu überwinden«, fügte er mit einem kalten Lächeln hinzu, »dann frage Pete an der Kasse, in welcher Höhe sein Kreditbrief ausgestellt war.«
»Kreditbrief?« Joe wurde hellhörig.
Teagarden nickte. »Die zehntausend, die ich ihm abgeknöpft habe, waren nur eine Anzahlung. Der Bursche ist gut das zehnfache wert. Such dir zwanzig Jungs, die mitmachen. Die Beute gehört euch. Ich will keinen Penny. Nur Craven. Und Cody, wenn wir schon einmal dabei sind.«
Joe zögerte noch immer, aber Teagardens Rechnung ging auf. Die Aussicht auf eine solche Menge Geld – mehr, als er in seinem ganzen bisherigen Leben zusammengenommen je verdient hatte – zerstreute auch seine letzten Bedenken.
»Okay«, sagte er schließlich. »In einer Stunde.«
»Einer halben«, sagte Teagarden.
Joe nickte. »Sie sind der Boss.«
Teagarden wartete, bis er gegangen war, dann fuhr er herum, scheuchte die Männer mit einer ungeduldigen Bewegung zur Seite und stürmte aus dem Saal.
Hinter einer schmalen, durch einen Vorhang verborgenen Tür an der Rückwand des Spielsalons lag sein Büro, ein winziger Verschlag, der gerade Platz bot für einen Schreibtisch, zwei Stühle und einen überdimensional großen Tresor. Teagarden nahm sich nicht einmal die Zeit, die Tür hinter sich abzuschließen, wie er es sonst immer tat, wenn er den Tresor öffnete, sondern kniete hastig vor dem gewaltigen Stahlschrank nieder, stellte mit zitternden Fingern die Kombination ein und öffnete die Tür.
In den unterschiedlich großen Fächern des Schrankes stapelten sich Geldbündel und buchstäblich Dutzende von kleinen Leinensäckchen, in denen Münzen, Gold und Wertgegenstände aufbewahrt wurden. Teagarden war ein reicher Mann. Aber das Geld interessierte ihn im Moment nicht. Er zählte zehntausend Dollar ab, schob sie achtlos in seine Jackentasche und nahm dann fast behutsam einen gut meterlangen Kasten aus poliertem Buchenholz aus dem Schrank. Vorsichtig trug er ihn zum Tisch, legte ihn ab und öffnete den Deckel.
Auf dem blauen Samt, mit dem der Kasten ausgeschlagen war, lag ein auseinander gebautes Gewehr. Eine Waffe, an der auf den ersten Blick nichts Besonderes zu sein schien. Nur ein wirklicher Fachmann hätte erkannt, dass die vermeintliche Winchester alles andere als ein nur besonders formschönes Gewehr war.
Mit den behutsamen Bewegungen eines Arztes, der eine komplizierte und gefährliche Operation ausführt, nahm Teagarden die Einzelteile der Büchse aus dem Kasten, setzte sie zusammen und überprüfte jeden Handgriff dreimal, ehe er den nächsten in Angriff nahm.
Er benötigte fast die ganze halbe Stunde, die er Joe gegeben hatte, mit den Männern zurückzukommen; und auf dem kleinen Hinterhof, der sich an sein Büro anschloss, wurde bereits der Hufschlag der ersten Pferde laut, bis er das schwarze Zielfernrohr auf die Büchse aufsetzte und mit spitzen Fingern festzog.
Aber als er fertig war und aus dem Haus trat, trug er kein normales Gewehr unter dem Arm, sondern eine Waffe, wie es sie auf der ganzen Welt vielleicht nur noch ein- oder zweimal gab. Ein Präzisionsgewehr
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