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Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Titel: Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Annie, Bodine oder Cody zwischen sich und mir zu haben. Als wir das Abteil erreichten, das Cody gemietet hatte, setzte er sich an einen Platz am Fenster und blickte starr hinaus.
    Beinahe verzweifelt versuchte ich, seinen Blick im verzerrten Spiegelbild seines Gesichtes auf der Scheibe zu erhaschen. Wenn es mir wenigstens gelang, ihn einmal anzusehen, konnte ich vielleicht auf geistiger Ebene in Kontakt mit ihm treten.
    Mit ihm oder dem Ding, das sich in seinem Bewusstsein eingenistet hatte …
    Aber es gelang mir nicht. Länger als eine halbe Stunde lungerte ich in Codys Abteil herum und erfand immer neue Ausreden, nicht gehen zu müssen. Buffalo Bills Geduld neigte sich sichtlich dem Ende zu und auch das beständige Grinsen auf Bodines Gesicht wurde immer eisiger, aber es gelang mir einfach nicht, an Sitting Bull heranzukommen.
    Ich war nahe daran, ihn schlichtweg vor aller Ohren auf mein Erlebnis anzusprechen; und sei es nur, um irgendeine Reaktion zu provozieren, als von draußen ein schriller Pfiff in den Wagen scholl.
    Buffalo Bill Cody atmete eindeutig erleichtert auf. »Das war das Signal, Craven«, sagte er. Dass er mich plötzlich nicht mehr mit meinem Vornamen ansprach, entging mir keineswegs, aber ich tat so, als hätte ich es nicht bemerkt.
    »Welches Signal?«, fragte ich dümmlich.
    Cody lächelte. »Das Signal, dass alle, die nicht mitfahren wollen, den Zug verlassen müssen«, erklärte er geduldig.
    Ich spielte den Überraschten, zauberte ein noch schwachsinnigeres Grinsen auf meine Lippen und beugte mich vor. Ohne auf Codys unwilliges Grunzen zu achten, ergriff ich Annies Arm und hauchte ihr einen perfekten Handkuss auf den rechten Handrücken.
    »Eine alte europäische Sitte«, erklärte ich. »Sie werden sich daran gewöhnen müssen.« Annie Oakley starrte mich an, aber dann lächelte sie und auch Cody schluckte die zornige Bemerkung, die ihm sichtlich auf den Lippen lag, herunter.
    »Lassen Sie mich Ihnen zum Abschied noch einmal die Hand schütteln«, bat ich – womit ich mir wahrscheinlich auch noch den letzten Rest Sympathie verspielte, die Cody noch für mich empfinden mochte.
    Aber ich gab ihm keine Gelegenheit, zu protestieren, sondern packte seine Rechte, schüttelte sie übertrieben heftig, fuhr herum, verfuhr mit Bodine ebenso und wandte mich schließlich an Sitting Bull.
    Der Indianer machte keine Anstalten, auch nur den kleinen Finger zu rühren, aber selbst das war mir mittlerweile egal. Jegliche Regeln von Höflichkeit und Anstand über Bord werfend, griff ich nach seiner Hand.
    Jedenfalls wollte ich es.
    Aber ich führte die Bewegung nicht zu Ende. Mein Blick fiel auf das Spiegelbild von Sitting Bulls Gesicht in der Scheibe.
    Oder dem, was dort war, wo eigentlich sein Gesicht sein sollte.
    Die Vision war deutlicher als die erste.
    Und tausend Mal schrecklicher.
    Ich sah …
    Eine Ebene.
    Feuer, das die Nacht wie tausend kleine Seen aus rot leuchtendem Blut erhellte.
    Rauch, fettiger, schwarzer Qualm.
    Ein Gesicht, schmal und zerbrechlich und mit großen, grundlosen Augen, in denen ein Ausdruck namenloser Qual geschrieben stand.
    Ich hörte …
    Schreie.
    Die gellenden Todesschreie von Menschen und Tieren.
    Gewehrfeuer.
    Dann das Heulen von Wölfen.
    Ein Tappen und Hecheln und ein Geräusch wie von schweren Körpern, die durch Blattwerk und Geäst brachen.
    Und ich roch …
    Den Gestank von Pulver und Blut.
    Den Odem von Tod und Vernichtung.
    Den Geruch von Raubtieren, scharf und rasend schnell näher kommend.
    Dann war die Vision verschwunden, so übergangslos wie die erste.
    Aber anders als vor einer halben Stunde sah Sitting Bull mich an, als ich in die Wirklichkeit zurückgeschleudert wurde, und diesmal las ich überdeutlich in seinem Blick, dass er wusste, was geschehen war.
    Und es war noch etwas in seinem Blick. Etwas, das mich innerlich zu Eis erstarren ließ.
    »Sind Sie jetzt fertig, Mister Craven?«, fragte Cody eisig.
    Ich nickte, richtete mich mit einer übertrieben hastigen Bewegung auf und wandte mich um. »Ja«, sagte ich. »Ich … entschuldigen Sie, Mister Cody.«
    Verdammt, was war mit mir los? Ich benahm mich wie ein Idiot und ich spürte es selbst. Aber ich war einfach nicht in der Lage, so zu reagieren, wie ich es gewohnt war. Etwas von dem Düsteren und Bedrohlichen in Sitting Bulls Gedanken hatte von mir Besitz ergriffen.
    Ich versuchte das Gefühl abzuschütteln, aber es ging nicht.
    Vom Bahnsteig her erscholl der zweite Pfiff und Cody deutete mit einer

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