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Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Titel: Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Stehkneipe, das halbe Dutzend Gäste um uns herum, ja selbst Cody, Bodine und Annie waren verschwunden. Es war wie eine Woge, eine brüllende Sturmflut übersinnlicher Eindrücke, durcheinanderwirbelnder Bilder und Dinge, die ich nicht in Worte zu fassen vermochte:
    Da war so etwas wie ein Wolfsrudel. Wild um sich schießende Soldaten. Schnee. Beißende Kälte und ein weißes, wirbelndes Chaos. Dann das Gesicht einer jungen Frau – eine Indianerin? –, eine vage, noch nicht formulierte Bedrohung … Wieder Schüsse.
    Dann war es vorbei, so schnell, wie es gekommen war. Zurück blieb ein unheimliches, bedrückendes Gefühl, eine Angst, die noch nicht vollends erwacht war, aber wie ein schlechter Geschmack am Grunde meiner Seele lauerte.
    Ich versuchte den Schrecken abzuschütteln, der von meinen Gedanken Besitz ergriffen hatte, aber ganz gelang es mir nicht. Ich fühlte mich wie ein Mann, der unvermittelt aus einem Traum gerissen worden war und noch nicht vollends in die Wirklichkeit zurückgefunden hatte. Ich war wach; gleichzeitig schien mir etwas von den düsteren Visionen, die ich – auf welchem Wege auch immer – über den Geist des alten Indianerhäuptlings empfangen hatte, gefolgt zu sein.
    »Was ist mit Ihnen?«, fragte Bodine besorgt.
    »Was … was soll sein?«, fragte ich stockend. Plötzlich wurde mir klar, dass ich für Augenblicke die Kontrolle über mich verloren haben musste. Der Schrecken, den ich empfunden hatte, musste ziemlich deutlich auf meinem Gesicht zu lesen sein; zumindest den besorgten Blicken nach zu schließen, mit denen mich Bodine, Annie und Cody plötzlich musterten. Der Einzige, der mich weiterhin vollkommen ausdruckslos anstarrte, war Sitting Bull. Aber das mochte täuschen. Es war sehr schwer, in dem faltenzerfurchten Gesicht des Indianers überhaupt irgendeine Regung zu erkennen.
    »Sie sehen aus, als hätten sie gerade ein leibhaftiges Gespenst gesehen, Robert«, sagte Bodine ernst.
    Ich lächelte. »Unsinn«, sagte ich. »Ich hätte mich nur gerne noch ein wenig mit Ihnen unterhalten, das ist alles.«
    »Vielleicht sehen wir uns ja in Europa wieder«, sagte Cody. »Wir werden sicher ein Jahr drüben bleiben. Wenn nicht zwei. Kommt ganz auf den Erfolg unserer Tournee an.«
    Er leerte sein Glas, stellte es mit einem übertrieben heftigen Ruck auf den Tisch zurück und wandte sich demonstrativ zur Tür.
    »Ich begleite Sie noch zum Zug«, sagte ich hastig.
    Cody sah mich an und für einen ganz kurzen Moment runzelte er beinahe verärgert die Stirn. Dann nickte er. »Gut«, sagte er. »Warum nicht?«
    Beinahe verzweifelt suchte ich Sitting Bulls Blick. Aber wenn der alte Indianer überhaupt bemerkt hatte, was sich gerade abgespielt hatte, so beherrschte er sich meisterhaft.
    Ebenso meisterhaft, wie er es fertigbrachte, mich anzulächeln, ohne mir dabei in die Augen zu sehen.
    Wir überquerten die Straße, betraten den Bahnhof und eilten zum Zug. Cody und seine Begleiter hatten natürlich schon ihre Karten, sodass wir keine Zeit am Schalter verloren, und ebenso natürlich stand der Zug schon unter Dampf, aber er war in einem Zustand, der alles andere als abfahrbereit war. Die meisten Türen standen offen und vor dem Gepäckwagen stapelten sich wahre Berge von Koffern und Kisten.
    »Die Eile war überflüssig«, sagte ich scherzhaft. »Sie haben mindestens noch eine halbe Stunde Zeit.«
    Cody seufzte. »Ich fürchte«, sagte er. »Aber was machts? Europa läuft uns nicht davon.« Er lächelte, blickte erst auf sein Billett, verglich die Wagennummer mit den in goldenen Lettern gemalten Zahlen auf den Waggons und deutete auf eines der letzten Abteile. »Dort«, sagte er.
    »Ich … begleite Sie noch ein Stück«, sagte ich hastig und fügte mit einem nicht einmal geschauspielerten, verlegenen Lächeln hinzu: »Wenn ich darf, heißt das.«
    Codys Stirnrunzeln vertiefte sich, aber er nickte auch diesmal, wenngleich auch nicht mehr ganz so herzlich wie zuvor. Aber wahrscheinlich war er lästige Fans, die wie Teer an seinen Fersen klebten, gewohnt.
    Meine Gedanken überschlugen sich schier, während ich Cody und den anderen folgte und in den Zug stieg. Ich musste mit Sitting Bull sprechen, allein! Die blitzartige Vision, die ich gehabt hatte, konnte kein Zufall gewesen sein!
    Aber Sitting Bull gab mir nicht einmal die Spur einer Chance. Mit einer Geschicklichkeit, für die ich ihn unter anderen Umständen sicherlich bewundert hätte, wich er mir aus und brachte es stets fertig, entweder

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