Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht

Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht

Titel: Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Geist jedoch hatte sich von der irdischen Hülle getrennt und war hinabgetaucht in das Ebenbild seines Gesichtes, das sich verschwommen auf dem Wasser spiegelte. Und sah …
    Eine graue Zeltplane, nur provisorisch mit Stangen zu einem Dach befestigt. Ein niedriger Tisch darunter, auf dem Karten und Rollen beschriebenen Papiers ausgebreitet lagen. Bärtige Männer in maßgeschneiderten Uniformen, mit blitzenden Orden und blanken, schwarzen Stiefeln. Ein Posten vor dem Zelt, der nun mit einem Ruck Haltung annahm und das Gewehr präsentierte …
    »Rühren«, befahl George Armstrong Custer, blieb einen Moment stehen und musterte das offene Gesicht des Kadetten. Der Junge war höchstens vierzehn Jahre alt, fuhr es ihm durch den Kopf. Zu jung eigentlich für den Heldentod. »Name?«
    Der Junge bemühte sich um noch mehr Haltung und erstarrte zum Ebenbild eines polierten Zinnsoldaten. »Einnewacker, Sir!«, brüllte er. »Siebente Kavallerie, C-Kompanie, Sir!«
    Custer grinste. Der Bursche musste geradewegs aus West Point kommen. Fast wäre ihm das Trommelfell geplatzt. Nun, nach der ersten Schlacht würde er gewiss stiller werden … Custer salutierte lässig und betrat das Zelt. Seine Hunde, die ihn wie immer begleitet hatten, ließen sich sehr zum Leidwesen des Kadetten, dem angesichts der mächtigen Tiere der kalte Schweiß ausbrach – vor dem Eingang nieder und hielten aufmerksam Wache.
    Die Offiziere nahmen Haltung an, als sie den hochgewachsenen Mann in seiner Uniform aus dem Bürgerkrieg erblickten. Custer trug den blauen Rock aus gutem Grund: Er zeigte die Rangabzeichen eines Major-General, jenes Dienstgrades, den Custer während des Krieges innehatte. Jetzt war er nur noch Lieutenant Colonel, doch seine Uniform garantierte ihm den alten Respekt.
    Colonel Waters, sein Kamerad aus längst vergangenen Militärschultagen, kam auf ihn zu und streckte Custer seine Pranke hin. »Ein großer Tag, George«, dröhnte er mit seiner grollenden Bassstimme, die in seinem umfangreichen Bauch wohl den idealen Resonanzkörper fand. »Wir machen Geschichte – das heißt, wenn du mir noch ein paar von den Rothäuten übrig lässt!« Er lachte, dass die Zeltplane sich ein gutes Stück in die Höhe hob – und verstummte mit einem Schnauben wieder, als er in Custers ernstes Gesicht blickte.
    »Gentlemen, wir sind hier, um über den Verlauf einer Schlacht zu entscheiden, über Sieg oder Niederlage und das Leben unserer Soldaten«, sagte Custer ruhig. »Wenn ich Sie also bitten dürfte …« Er trat an den Tisch heran und rollte eine Karte von Süd-Montana auf. »Ihr Bericht, Captain Newhouse.«
    Für Sekunden verschwamm das Bild vor Sitting Bulls innerem Auge. Ohne in seiner ungeheuren Konzentration nachzulassen, tastete er blind nach dem kleinen Leinenbeutel und streute neues Pulver auf das nebelüberzogene Wasser. Sofort tanzten wieder irrlichternde Funken über seine Oberfläche und erneut versank sein Geist in den Tiefen der magischen Schale. Mit dürren Geistfingern griff er aus der Welt der Visionen hinaus, in die Wirklichkeit, Hunderte von Meilen entfernt, unter dem grauen Dach einer Zeltplane …
    »Ich stoße von Süden gegen die Hauptmacht der Sioux vor«, Custer zog mit dem Finger einen Halbkreis über die verschlissene Karte, »und treibe sie gegen General Gibbons Truppen. Er steht … hier.« Sein Finger übersprang gute fünfzig Meilen und tippte energisch auf das Papier. »Damit haben wir sie in der Falle«, fuhr er nach einer gewichtigen Pause fort. »Wir werden planmäßig morgen früh um fünf Uhr aufbrechen. In zwei Tagen erreichen wir das Hauptlager –«
    »Zwei Tage«, unterbrach ihn General Terry ungläubig. »Das ist Wahnsinn, Custer. Zwölf Kompanien können nicht -«
    »Und treiben die Sioux vor uns her, geradewegs in Gibbons Hände«, fuhr Custer ungerührt fort. »Das Überraschungsmoment ist auf unserer Seite, meine Herren. Wir, werden …«
    Er stockte mitten im Satz. Ein heftiger Schmerz durchzuckte plötzlich sein Gehirn. Er stöhnte auf und strich sich mit einer fahrigen Handbewegung aber die Stirn. Die Karte verschwamm vor seinen Augen und er musste sich auf den Tisch stützen.
    Er blickte auf, aber die Gesichter seiner Offiziere waren nur noch verwaschene Flecken gegen den dunklen Zeltstoff. Ihre besorgten Stimmen klangen seltsam verzerrt und falsch in seinen Ohren und wie durch eine Schicht von Watte nur konnte er ihre Griffe spüren, mit denen sie ihn stützten.
    Dann war es vorüber. Die

Weitere Kostenlose Bücher