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Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen

Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen

Titel: Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Turmspitze. Töte sie beide, wenn es sein muss, aber vernichte das Buch. Verbrenne es.«
    Der kurze Ausbruch hatte ihre letzte Kraft verbraucht. Sie begann zu zittern, sank in meinen Armen zur Seite und schloss mit einem sonderbar müde klingenden Laut die Augen.
    Ich schrie auf. »Nein!«, brüllte ich. »Nicht, Shadow. Du darfst nicht sterben!«
    Und Shadow öffnete noch einmal die Augen. Ihr Blick war jetzt frei von jedem Schmerz, aber es war ein Schatten darin, der mich noch mehr erschreckte als die Qual, die ich zuvor darin gelesen hatte.
    Ihre Lippen verzogen sich zu einem letzten, fast spöttischen Lächeln.
    »Du Narr«, sagte sie leise. »Weißt du denn nicht, dass Engel niemals sterben?«
    Und dann starb sie.
    Ihre Brust hörte auf, sich in unregelmäßigen Stößen zu heben. Ihr Atem stockte. Aus der Wunde zwischen ihren Schultern floss kein Blut mehr.
    Shadow, die El-o-hym, der Engel, der sich in einen sterblichen Menschen verliebt hatte, war tot.
    Ich blieb sehr lange so sitzen, starr, reglos, ohne zu denken, ja, fast ohne zu atmen, ihren leblosen Körper auf dem Schoß, ruhig, völlig ohne irgendeine Empfindung. Ich spürte keine Trauer. Keinen Schmerz. Nicht einmal Hass auf Necron.
    Dann, irgendwann, nach Ewigkeiten, wie es schien, legte ich Shadow behutsam zu Boden, schloss ihre Augen und faltete ihre Hände über der Brust. Dann stand ich auf, verließ die Zelle und wandte mich nach rechts.
    Nach oben, der eigentlichen Burg zu.
    Dem Turm.
    Necron.
     
    Van Velden und Bruder André kamen eine Stunde später. Der Sturm hatte sich gelegt und wie immer nach einem besonders heftigen Ausbruch der Naturgewalten war eine fast unheimliche Ruhe über dem Berg eingekehrt. Aber die Luft über dem zusammengebrochenen Kastell war noch immer voller Staub und Sand, sodass der Blick nicht sehr weit reichte und alles sonderbar schemenhaft und unwirklich aussah.
    Balestrano war beinahe froh, dass es so war.
    Er war nicht sicher, ob er den Anblick in allen grässlichen Einzelheiten ertragen hätte, denn die zerborstene Albtraumlandschaft, die sich unter ihm ausbreitete, war nicht nur der Rest einer total zerstörten Festung, sondern auch ein Grab. Das Grab von fünfhundert tapferen, aufrechten Männern, die ihr Leben in seine Hände gelegt hatten.
    Sie hatten ihm vertraut. Und er hatte sie getötet. Botho von Schmid hätte ihm widersprochen, hätte er den Gedanken laut ausgesprochen, und de la Croix die Schuld zugeschoben und Hayworthy hätte wahrscheinlich auf seine gewohnt sachliche Art argumentiert, dass weder ihn noch den Storm-Master irgendeine Schuld traf, sondern einzig Necron, dessen düstere Magie den Höllensturm auf die Angreifer umgelenkt hatte, und sie beide hätten auf ihre Art Recht gehabt.
    Aber das änderte nichts daran, dass sich Jean Balestrano schuldig fühlte und dass er wusste, dass es so war.
    Er hätte es wissen müssen. Von allen hier – selbst die vier Master eingeschlossen – war er der Einzige, der wirklich gewusst hatte, mit welcher Macht sie konfrontiert wurden. Er war mitgekommen, weil er als einziger Necrons ganze Verschlagenheit kannte. Weil es seine Aufgabe gewesen wäre, sie zu warnen.
    Und er hatte versagt.
    Eine Hand berührte ihn an der Schulter. Balestrano schrak aus seinen Gedanken hoch und sah direkt in das schmale, von grauem Haar eingefasste Gesicht Rupert Hayworthys.
    »Bruder André und Bruder Nies sind zurück«, sagte er leise.
    »Ich weiß«, antwortete Balestrano. Er hatte die beiden einsamen Gestalten, die wie Geister aus dem wirbelnden roten Sand aufgetaucht waren, schon vor Minuten bemerkt. Augenblicke bevor sie selbst die zertrümmerte Burg gesehen hatten und wie erstarrt stehen geblieben waren. Sie standen noch immer dort, hundert Schritt entfernt, gelähmt von dem entsetzlichen Anblick, der sich ihnen bot. Von Schmid hatte ihnen entgegengehen wollen, aber Balestrano hatte es verboten und einen der anderen Männer geschickt. Nicht alle waren tot, wie er im ersten Moment geglaubt hatte – eine Hand voll Krieger hatte das Chaos überlebt, verschüttet unter gewaltigen Steinquadern, die so über ihnen zusammengebrochen waren, dass sie sie vor der schlimmsten Gewalt des Sturmes geschützt hatten; vom Sand eingeschlossen, aber unversehrt in dem stehen gebliebenen Rest des Turmes. Aber es waren so wenige. Zwei Dutzend. Sechsundzwanzig Mann, wenn er die Verwundeten mitzählte. Sechsundzwanzig von fünfhundert!
    »Woran denkst du, Bruder?«, fragte Hayworthy plötzlich.

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