Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
musste.
    Nein, was mich erstaunt im Schritt verharren ließ, war die Dutzendschaft Polizisten, die überall umhereilten, hier etwas vom Boden aufnahmen, dort einen Mauerrest eingehend untersuchten. Die Stelle, an der das Mädchen gelegen hatte, war abgesperrt worden; grobe Kreidestriche zeichneten die Umrisse ihres Körpers nach.
    Ich klopfte mir die Kleidung so gut es ging sauber, ignorierte den Schmerz in meinem Knöchel und trat zu einem der Bobbys. Er hatte gerade etwas mit einer Zange vom Pflaster aufgenommen und in eine dünne Glasphiole gefüllt. Im Näherkommen erkannte ich, dass es ein Hautfetzen des Wesens sein musste, grau und schwammig aufgedunsen.
    Ich räusperte mich. »Guten Morgen, Officer«, begrüßte ich den Polizisten. Er fuhr wie von der Tarantel gebissen herum und musterte mich mit misstrauischem Blick. Sein Urteil fiel anscheinend zu meinen Ungunsten aus.
    »Morgen«, brummte er unwillig. »Früh auf den Beinen, wie?« Sein Blick blieb an dem Blut auf meiner Weste hängen. »Was ist denn mit Ihnen geschehen?«, fragte er. Seine Stimme nahm einen lauernden Ton an.
    Ich zauberte ein gequältes Lächeln auf mein zerschundenes Gesicht. »Ich bin auf die Nase gefallen und das auch noch im wahrsten Sinne des Wortes«, gab ich zur Antwort. »Kein Wunder bei den schlechten Straßen hier.«
    Ich konnte förmlich spüren, wie sein Denkapparat zu arbeiten begann. Gleich würde er mich fragen, was ich in dieser gottverlassenen Gegend zu suchen hatte. Ich kam ihm zuvor.
    »Und das alles nur, weil Rex sich losgerissen hat. Haben Sie einen Hund, Officer?« Gleichzeitig drang ich behutsam in seine Gedanken vor und lenkte sie in mir wohlgesonnene Bahnen.
    »Nein«, brummte er. »Kann Hunde nicht ausstehen.« Seine Stirnfalten glätteten sich wieder. Ich atmete innerlich auf.
    »Was ist denn hier passiert?«, brachte ich das Gespräch auf einen interessanteren Punkt.
    »Schlimme Sache, Sir«, gab er zuvorkommend Auskunft. »Ein Mädchen ist gestern Nacht an dieser Stelle überfallen worden. Schrecklich.« Er schüttelte sich. »Muss irgendein Perverser gewesen sein. Das arme Ding.«
    »Wie geht es ihr?«, fragte ich wie beiläufig. Ich würde sie im Krankenhaus besuchen und, falls nötig, die Operation finanzieren. Das war das Mindeste, was ich für sie tun konnte.
    »Wie es ihr geht?« Die Miene des Beamten verfinsterte sich. Er senkte den Blick. »Sie ist vor zwei Stunden gestorben, Sir. Wir suchen einen Mörder …«
     
    Howard setzte die Laterne ab und zündete sich in aller Gemütsruhe eine seiner unvermeidlichen Zigarren an. Während ich vor Ungeduld von einem Fuß auf den anderen trat, paffte er ein paar blaue Rauchwolken in die Luft und klopfte dann mit dem Fingerknöchel gegen den großen Metallzylinder.
    »Ich will verdammt sein …«, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Robert, das sieht schlecht aus, verflucht schlecht.«
    »Was sieht schlecht aus?«, fragte ich ärgerlich. Seine krankhafte Hinhaltetechnik, die er nicht abgelegt hatte, seit ich ihn vor nunmehr drei Jahren kennen lernte, ging mir gehörig auf die Nerven. Eines aber konnte ich bereits aus seinen Worten herauslesen: Wenn Howard Phillips Lovecraft zu fluchen begann, war die Lage mehr als ernst. »Hast du eine Idee, was das hier darstellen könnte?«, fügte ich hinzu, als er noch immer nicht antwortete.
    »Ich hoffe, dass ich mich irre«, bequemte er sich endlich zu sagen. Seine Stimme gefiel mir nicht; da war ein leises Beben, das ich bislang selten bei ihm gehört hatte – es klang irgendwie nach Weltuntergang. »Das alles hier sieht mir nach einem Versuchsaufbau aus, der im Mystericum Humanum, beschrieben wurde … ein Buch deines Vaters«, fügte er überflüssigerweise hinzu. »Und wenn der Versuch tatsächlich geglückt ist, dann …«
    Ich seufzte übertrieben laut. »Was dann, Howard? Bitte!«
    »Der Golem«, sagte er nur.
    Mir war, als hätte eine eiskalte Hand meine Seele berührt. Für Sekunden war ich fassungslos. »Aber Howard«, warf ich dann ein, »der … der Golem ist eine Legende. Ein jüdisches Märchen. Ein reines Hirngespinst!«
    »Meinen Glückwunsch!«, entgegnete er sarkastisch und ließ seine schwarze Zigarre in den anderen Mundwinkel rollen. »Dann bist du gestern Nacht einem Hirngespinst begegnet.« Er ging langsam um den Zylinder herum, eine dichte Rauchwolke hinter sich zurücklassend, bückte sich kurz, um die bizarr anmutenden Messinstrumente einer kurzen Überprüfung zu unterziehen und

Weitere Kostenlose Bücher