Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
als gäbe es nichts Lebendiges mehr auf der Welt. Für ihn hatten die Sensationen aus grauer Vorzeit längst ihren Reiz verloren. Auch die Einlieferung des gewaltigen Mammuts, das vor wenigen Wochen vollkommen erhalten im ewigen Eis Grönlands gefunden worden war und das nun in den Kühlräumen des Museums auf seine Präparierung wartete, hatte ihm wenig mehr als beiläufiges Interesse entlockt.
    Hank O’Keefe paffte ein paar blaue Rauchkringel in die Luft und tastete nach seiner Stirn. Der Kopfschmerz wurde schlimmer, begann in seinem Schädel zu pochen und machte ihn nervös und unruhig.
    Schließlich hielt er es auf der Bank nicht mehr aus. Sollte William ruhig meckern, wenn er eine halbe Stunde vor der Zeit ins Wachzimmer zurückkehrte, wo sie abwechselnd schliefen. Er musste jetzt ein Schmerzpulver einnehmen, oder er würde verrückt werden.
    Dieses verdammte Unwetter! Und dabei hatte der sonnige Tag einen verträumten, warmen Abend versprochen …
    Der Wachmann durchquerte den Raum mit schnellen Schritten, vorbei an den Vitrinen und Sarkophagen. Eher zufällig warf er einen Blick in eine der geöffneten Kisten.
    Mit einem Schrei prallte er zurück.
    Die Mumie – sie starrte ihn an! Der schmale, bandagenlose Kopf hatte sich ihm zugewandt und begegnete seinem entsetzten Blick aus dunklen, leeren Augenhöhlen!
    Unsinn, Hank!, schalt er sich selbst einen Narren. Das bildest du dir doch nur ein. Das Gewitter hat dich nervös gemacht.
    Und doch … er hätte schwören können, dass dieser Leichnam zuvor in einer anderen Stellung in seiner Kiste gelegen hatte …
    Er trat noch einen Schritt zurück und bückte sich zu dem polierten Messingschild hinunter, das an dem Sarkophag befestigt war.
    Mumifizierter Grabwächter, um 1325 v. Chr. Fundort: Bibán el Mulúk, 1866, Leihgabe des Metropolitan Museum, New York.
    Kein Zweifel; er hatte diese Mumie schon mehr als einmal im Vorbeigehen betrachtet – und ihre Lage hatte sich verändert! Hank O’Keefe war keine ängstliche Natur, im Gegenteil, aber nun rann ihm doch ein eisiger Schauer über den Rücken. Er drehte den Docht seiner Lampe weiter heraus und betrachtete im aufflackernden Licht den Leichnam noch einmal genauer.
    In diesem Moment schlug der Blitz ganz in der Nähe ein. Ohrenbetäubender Donner ließ O’Keefe zusammenzucken. Eines der schmalen Fenster zerbarst mit einem lauten Knall und der Sturm warf die Scherben weit in den Raum hinein.
    O’Keefe fuhr herum. Sein Herz setzte einen Schlag aus und im grellen Licht des nächsten Blitzes sah man, dass sein Gesicht alle Farbe verloren hatte.
    Sein Blick war starr auf das zersplitterte Fenster gerichtet, durch das nun Laub und schwere Tropfen hineinregneten. Der Wind erfasste seine Wärterkappe und wirbelte sie davon, in den dunklen Raum hinein. Er merkte es nicht einmal.
    Und dann hörte er hinter sich Glas zerplatzen.
    Abermals wirbelte er herum.
    Die Laterne entglitt seinen Fingern und fiel zu Boden. Petroleum strömte aus, entzündete sich an dem blakenden Docht. In Sekundenschnelle loderten Flammen hoch und tauchten den Saal in flackerndes, tanzendes Licht.
    O’Keefe taumelte zurück, den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet, doch kein Laut kam über seine Lippen.
    Das Glasgehäuse, das den Sarkophag vor allzu neugierigen Besuchern schützte, war zusammengebrochen, zerschmettert von einer sehnigen, mit fleckiger, pergamentener Haut überspannten Hand.
    Dürre Finger streckten sich O’Keefe entgegen und der Mund der Mumie klaffte auf wie zu einem höhnischen Gelächter. Langsam richtete sich der Leichnam auf und fegte die letzten Bruchstücke des Kastens beiseite. In seinen Augenhöhlen flackerte ein unheiliges Feuer und der schreckliche Blick bannte den alten Nachtwächter mit fast hypnotischer Kraft auf die Stelle.
    Mit unbeholfenen, doch ungeheuer kraftvollen Bewegungen stieg die mumifizierte Leiche aus ihrem Grab, in dem sie über drei Jahrtausende geruht hatte, und kam mit schweren, steifen Schritten auf Hank O’Keefe zu.
    Und noch immer war der alte Wächter wie versteinert. In seinen weit aufgerissenen Augen flackerte nackte Panik, doch er konnte sich nicht rühren. Reglos stand er da und starrte auf den erwachten Toten, der langsam auf ihn zukam, immer näher und näher, die verkrümmten, dürren Arme nach ihm ausgestreckt. In seinen Ohren rauschte das Blut und grelle Lichtblitze begannen vor seinen Augen zu tanzen. Er hörte nicht die polternden Schritte, die sich vom Ausgang her näherten, sah

Weitere Kostenlose Bücher