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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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im Halse stecken, als ich Howards Silhouette gegen das Dämmerlicht sah, das durch die offene Kellertür hereinfiel. Der Schatten sich windender Tentakel war nicht hinter ihm entstanden, sondern … auf seinem Kopf!
    Und wieder dauerte es einige Sekunden, bis ich erkannte, was die Tentakel wirklich waren. Jetzt drangen auch seine seltsamen Worte endlich in mein Bewusstsein.
    »Es gibt eine Lösung. Aber ich wäre reichlich bescheuert, wenn ich sie dir verraten würde …«
    Howards Körper fiel wie ein Ballon, aus dem die heiße Luft entweicht, in sich zusammen. Lange weiße Haare wehten mit einem Male auf seinem Kopf und seine Nase schwoll zu einer rot glänzenden Kartoffel an.
    »Gurk!«
    Der kleine Kobold krümmte sich vor Lachen und kugelte an mir vorbei auf den Boden des Kellers. Er hielt sich den fetten Wanst und streckte die haarigen Klumpfüße weit von sich. Schließlich trommelte er mit den Fäusten auf den harten Stein und versuchte glucksend Luft zu holen.
    Und ich stand da und wäre am liebsten im Erdboden versunken; gleich hier, zwischen den Scherben meiner Hoffnung. Alles war umsonst gewesen! Ich konnte diesen verfluchten kleinen Kerl nicht täuschen.
    Endlich hatte sich Gurk wieder so weit in der Gewalt, dass er sich aufsetzen konnte. In seinen gelben Telleraugen standen Tränen. Bestimmt keine der Trauer.
    »Köstlich!«, krächzte er mühsam und wurde von einem neuerlichen Lachkrampf befallen. Ich wartete geduldig, bis er sich davon erholt hatte.
    »Und das Beste kommt erst noch«, fügte er hinzu. »Du großer Schlonz – wenn du wüsstest …« Er japste nach Luft.
    »Wenn du elender -«, begann ich, wurde aber schon nach wenigen Worten von Gurk unterbrochen.
    »Jetzt wird’s lustig!«, brüllte er und deutete an mir vorbei zur Spitze der Treppe.
    Ich fuhr herum.
    Unter der Tür war ein gewaltiger, monströser Schatten erschienen. Gegen das Licht sah ich, dass seine Oberfläche in ständiger Bewegung war, sich verformte, Blasen warf. Ein Geruch von Salpetersäure stach in meine Lungen.
    Und dann kam er die Treppe herab …
     
    Für zart besaitete Gemüter war der Nachtdienst im British Museum gewiss kein leichter Job – noch dazu bei solch einem Wetter –, aber Hank O’Keefe konnte einfach nichts aus der Ruhe bringen. Er war seit 1853 in dieser Stellung und der Gang durch die hohen Säle, in denen jeder Schritt zehnfach verstärkt von den Wänden widerhallte, war ihm in den dreiunddreißig Jahren längst zur Routine geworden.
    Draußen tobte ein Gewitter, wie London es selten erlebt hatte; fast ununterbrochen zuckten die Blitze über den wolkenverhangenen Himmel und das Donnern war zu einem nicht enden wollenden, dumpfen Grollen angewachsen.
    Fast hätte O’Keefe auf die Laterne verzichten können – durch die hochliegenden, schmalen Fenster drang das Licht der grellen Entladungen und überschüttete die Glasvitrinen und Regale mit einem unwirklichen, bläulichweißen Licht. Die Sarkophage in der Mitte des Raumes warfen scharf abgegrenzte Schatten und die verkrümmten Leiber der Mumien darin zuckten im Licht hin und her, als würden sie leben.
    Bei jedem Donnerschlag bebten die gläsernen Schiebetüren der Vitrinen, warfen klirrende Geräusche in die Dunkelheit, die dem Blitz folgte.
    O’Keefe gähnte. Sein Kollege hatte ihn nicht zum Schichtwechsel wecken müssen. Bei diesem Lärm hätte er ohnehin kein Auge schließen können. Er war müde und allmählich begann sich zudem noch Kopfschmerz hinter seiner Stirn zu regen.
    Eine schlechte Zeit für einen Nachtwächter, besonders, wenn er so wetterfühlig war wie Hank O’Keefe.
    Zur Zeit führte ihn sein Kontrollgang durch die altägyptische Abteilung des Museums. Danach waren die Urviecher, an der Reihe, wie er die Abteilung für prähistorische Fossilien und Urweltechsen liebevoll nannte.
    Eigentlich hatte er den ganzen Weg zweimal zu gehen, aber heute kümmerten ihn die Vorschriften herzlich wenig. Bei solch einem Sauwetter war ohnehin kein Dieb unterwegs, der seiner Verlobten einen Unterschenkelknochen des Tyrannosaurus Rex zum Geschenk machen wollte.
    Ächzend ließ sich Hank O’Keefe auf eine der Besucherbänke sinken und stellte die Laterne neben sich. Dann zog er gemächlich seine Pfeife aus der Uniformjacke und den Tabaksbeutel aus der Hosentasche. Gelangweilt ließ er seinen Blick über die uralten Totenkästen schweifen, während er die Pfeife stopfte. Täglich kamen Hunderte von Besuchern her, um die alten Ägypter zu bestaunen,

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