Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York
warf mich durch die Lücke zwischen ihm und der Wand.
»Wehe dir, Gurk!«, keuchte ich und zog die zweite Fackel aus meinem Gürtelbund.
Eine Rhabarberstange …
Okay, das Licht konnte ich vergessen. Blieb mir mein Degen.
Erst jetzt kam mir richtig zu Bewusstsein, dass ich ihn eben verloren hatte. Aber wo?
Der Golem war noch damit beschäftigt, sich schwerfällig herumzudrehen. Ich hatte für ein paar Sekunden Luft.
Ich ließ mich einfach auf die Knie fallen und tastete mit fliegenden Fingern über den Boden.
Und endlich hatte ich einmal Glück! Schon nach kurzer Suche stießen meine Finger auf die schmale, silberne Klinge der mächtigen Waffe, die mein Vater mir vererbt hatte, schlossen sich um den kristallenen Knauf und schwangen den Degen hoch.
Der Golem war fast heran, als ich wieder auf die Füße sprang. Ich führte einen schnellen, halbkreisförmigen Schlag und federte einen Schritt zur Seite.
Die Klinge schnitt in weiches, aufgedunsenes Fleisch, fuhr hindurch, ohne dass ich einen Widerstand spürte. Der Golem brüllte auf und taumelte zurück. Ein unheiliges Feuer flackerte in seinem Auge auf.
Für einen Moment dachte ich wirklich, ihn verletzt zu haben, doch es war wohl mehr die Überraschung gewesen, die ihn zurückweichen ließ, als dass er echten Schmerz verspürt hatte.
»Wie unfair!«, tönte Gurk aus seiner Ecke. »Mit einer Waffe gegen ein wehrloses Monster vorzugehen, pfui! Das ist nicht gerade die feine englische Art.«
Ich konnte förmlich spüren, wie seine Magie nach der Klinge des Degens griff. Das Metall verbog sich, wurde weich und elastisch. Und gleichzeitig glühte der Kristall in meiner Hand auf! Der sternförmige Shoggotenstern darin wurde heiß und begann zu pulsieren wie ein lebendes Herz.
Der Degen wehrte sich gegen die Magie des Kobolds! Wieder erwachten die unheimlichen Kräfte, die der Waffe innewohnten. Und wieder hatte ich den Eindruck, als würde sie leben!
Die schmale Klinge begann in einem blauen, unglaublich grellen Licht zu glühen. Ein Licht, das den gesamten Keller erfüllte und scharfe Schatten aus der Finsternis schnitt.
Der Golem schrie gequält auf und schlug die Arme vor sein Gesicht. Seine Haut begann stärker zu kochen, als er in Panik vor dem glühenden Degen zurückwich.
Endlich konnte ich mich auf ihn konzentrieren! Bisher war ich zu sehr damit beschäftigt gewesen, seine wütenden Angriffe abzuwehren, als dass ich meine magischen Kräfte hätte einsetzen können. Jetzt hatte sich das Blatt gewendet!
Ich hob den Degen hoch über meinen Kopf, und sein verzehrendes Feuer sandte glühende Lanzen in jeden Winkel des Baumes. Der Golem duckte sich wie unter mächtigen Schlägen. Sein verunstalteter Kopf ruckte hin und her, doch es gab kein Versteck vor dem Licht.
Ich schloss die Augen und versank in Trance, konzentrierte mich auf die Magie, die tief in mir schlummerte. Das Erbe meines Vaters.
Und dann geschah das Unfassbare.
Staub wallte von der Decke nieder, kleine Steine regneten herab. Ich schreckte aus dem Dämmerzustand, in den ich versunken war, hoch und starrte nach oben.
Die Decke begann einzustürzen!
Dichte Schwaden von Kalk und Mörtel nahmen mir die Sicht, dämpften das grelle Licht des Degens. Ein knisterndes, reißendes Geräusch drang in mein Bewusstsein. Durch den Nebel hörte ich den Golem aufbrüllen. Erste Bruchstücke lösten sich aus der Decke und krachten zu Boden. Stahlträger brachen mit ohrenbetäubender Gewalt.
Dann versank die Welt um mich herum. Etwas Schweres traf mit schmerzhafter Wucht meinen Nacken und ließ mich nach vorn taumeln.
Der Degen wirbelte davon und erlosch.
Und ich stürzte geradewegs zwischen die niederprasselnden Trümmer …
Tiefe Dunkelheit herrschte, als ich erwachte; eine Finsternis, die sich wie ein Mantel um meinen Körper und meine Erinnerungen hüllte. Langsam nur klärten sich die Nebel um meinen Geist, und dann – der Keller! Die einstürzende Decke! Ich fuhr hoch und tastete um mich. Meine Finger berührten weiche, nachgiebige Substanz und für ein paar Sekunden war ich ratlos. Was war das?
Dann ertönte ein scharfes, ratschendes Geräusch aus der Dunkelheit und grelles Licht stach plötzlich in meinen Augen.
Howard strich den schweren Vorhang glatt und wandte sich zu mir um. Helles Sonnenlicht fiel durch das hohe Fenster meines Schlafzimmers in den Raum und blendete mich. Ich wollte die Hand vor die Augen nehmen und sog scharf die Luft ein, als ein wütender Schmerz meinen Arm
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