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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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umschlossen schwammige Finger ihren pelzigen Körper und pressten das Leben aus ihr heraus.
    Der Golem stillte seinen Hunger an ihr. Es war nicht die Gier nach Fleisch und Blut; es war der unstillbare Hunger nach dem Leben selbst, der sich in seine schwarze, tote Seele gefressen hatte. Eine Seele, die aus Verderben geschaffen war und die Gesetze der Götter verhöhnte.
    Schließlich ließ er die Ratte sinken und schleuderte ihren Kadaver zu den anderen Leibern, die tot und verkrümmt in einer Mauernische lagen.
    Aber die Kraft, die ihm das kleine Tier gegeben hatte, war nicht mehr als ein kurzes Aufflackern gewesen. Er brauchte größere Opfer. Menschen wie dieses Geschöpf mit dem hellen, widerlichen Haar, das er fast hatte töten können. Bis … ja, bis dieser Mensch aufgetaucht war, der das Licht gebracht hatte. Das Licht und den Schmerz.
    Der Golem brüllte auf und schlug mit seinen unförmigen Klauen auf die Wände seines Versteckes ein. Der Stein zersplitterte und Säure rann brodelnd in die Risse.
    Es dauerte lange, bis seine Wut abgeklungen war und er die Arme wieder sinken ließ. Hunger nagte an seinen Gedärmen; der Hunger nach Leben. Langsam wandte er sich um und blickte den Gang entlang. Er schien zu lauschen, reglos, wie zu einem Standbild des Grauens erstarrt.
    Dann setzte er sich in Bewegung, zaghaft erst, dann immer schneller werdend. Dumpf erinnerte er sich daran, wie er hierher gekommen war …
    Er war gerannt, halb blind und ohne Ziel. Der Feuerball hinter ihm hatte alles in unerträglich grelles Licht gehüllt und ihn vorangetrieben. Dann plötzlich hatten seine Füße den Halt verloren. Er war gestürzt, nicht tief, und in brackiges Wasser eingetaucht. Und plötzlich war Dunkelheit um ihn herum gewesen und je weiter er den schmalen Tunnel entlang lief, desto schwärzer wurde die Nacht. Schließlich hatte er sich einfach auf nackten Fels fallen lassen und war in einen Dämmerzustand zwischen Wachen und Tod gesunken …
    Sein künstlich erschaffener Verstand reichte aus, ihn nach oben blicken zu lassen, auf der Suche nach der Öffnung, durch die er gestürzt war. Die Gier trieb ihn zur Eile an und er achtete nicht mehr auf die kleinen, pelzigen Körper, die vor ihm flohen, helle, fiepende Schreie ausstoßend.
    Endlich fand er, was er gesucht hatte; ein großes, kreisrundes Loch in der Dunkelheit, durch das noch eine Spur von Helligkeit sickerte. Doch das Licht war nur unangenehm in seinem Auge und der Hunger vertrieb den Ekel, den er beim Anblick der hellen Öffnung über sich empfand.
    Er streckte seine Klauen nach den Rändern des Kreises aus, doch dieser war zu hoch, um ihn zu erreichen.
    Dann entdeckte er die Sprossen. Es waren rostzerfressene Metallstreben und sie führten die Mauer hinauf und auf das Loch zu.
    Der Stahl begann zu kochen, als sich seine Pranken um ihn schlossen. Metallene Tropfen lösten sich und fielen zischend in trübes Wasser, während der Golem seinen aufgedunsenen Körper nach oben zog, der Öffnung entgegen, dem Leben …
     
    Ich drehte mich langsam im Kreis, die Hand fest um den Griff des Stockdegens geklammert.
    Howard war in eines der Häuser eingedrungen und Rowlf bog gerade um eine entfernte Ecke und verschwand aus meinem Blickfeld. Der Regen hatte in den letzten Minuten zugenommen und über den Dächern von London zuckten die ersten Blitze auf. Unwillkürlich zählte ich bis zum Rollen des Donners. Vier Sekunden. Das Gewitter kam direkt auf uns zu!
    Ich blieb stehen und lauschte, aber durch das Prasseln des Regens war kein anderes Geräusch mehr zu vernehmen. So entschied ich mich, die Suche in einem der Häuser fortzusetzen.
    Das Gebäude, das ich mir ausgesucht hatte, war früher wohl ein stabiles, dreistöckiges Mietshaus gewesen. Jetzt war es eine Ruine; das Dach war schon vor langer Zeit eingefallen und einige der Mauern waren zusammengebrochen oder eingerissen worden. An den Wänden konnte ich noch die Fetzen verblichener Tapeten erkennen, von Pilz und Moder überwuchert. Irgendwo schlug ein morscher Fensterrahmen im Wind. Es klang, als poche ein gewaltiges Herz; mal zaghaft und wie im Todeskampf, dann wieder stark und laut.
    Die Treppe zum ersten Stock hinauf sah brüchig und verfallen aus. Ich setzte vorsichtig meinen Fuß auf die erste Stufe und sprang hastig zurück, als das Holz nachgab und die halbe Treppe polternd in sich zusammenfiel.
    Diesen Weg konnte der Golem also nicht genommen haben. Blieb der Keller. Als ich die ausgetretenen Steinstufen

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