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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vor.
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    Ich handelte fast automatisch, so sehr hatte ich mir jede Bewegung eingeprägt. Als ich um den Zylinder herumsprang, sah ich den Golem in seinem Inneren verschwinden. Die schwere Stahltür schließen und das Schwungrad drehen war eins. Noch bevor es anschlug, war ich wieder auf der Leiter und kletterte nach oben.
    Die Flasche hatte sich mit dichtem braunen Rauch gefüllt. Ein Nebel, der sich wild im Kreise drehte und immer wieder gegen die Wandung des Gefäßes zu schlagen schien. Für einen kurzen Moment glaubte ich wütende Schreie zu hören, derbe Flüche und Verwünschungen.
    Schnell riss ich die Flasche aus der Sichtluke, schlug den Korken auf ihren Hals und warf das Fenster mit dem Ellbogen zu.
    Mit einem Satz war ich auf dem Boden, stellte die Flasche vorsichtig ab und wandte mich wieder dem Zylinder zu. Die ganze Aktion hatte nur wenige Sekunden in Anspruch genommen und erst jetzt begriff das primitive Gehirn des Golems, was geschehen war. Der Zylinder erbebte unter seinen wütenden Schlägen und ein wildes, infernalisches Brüllen durchdrang die Wandung und dröhnte in meinen Ohren.
    Auch jetzt kam es auf Sekunden an; der Stahl war mindestens einen Zoll dick, doch wusste ich nicht zu sagen, wie lange er dem Ansturm des Monstrums standzuhalten vermochte.
    Mit fliegenden Fingern zerrte ich das Zündholzbriefchen aus meiner Brusttasche und entzündete die Kerzen, die ich rund um den Zylinder aufgestellt hatte.
    Die Lichter flackerten unter einem eisigen Luftzug, doch sie würden reichen, die Kreatur zu blenden, falls es ihr gelingen sollte …
    Ich verdrängte den Gedanken rasch wieder. Die Kerzen waren eine reine Vorsichtsmaßnahme und würden hoffentlich nie von Nöten sein.
    Ich musste mich konzentrieren, musste alles um mich herum vergessen und die magischen Kräfte erwecken, die tief in meinem Inneren schlummerten.
    Ich schloss die Augen und fühlte, wie die Welt um mich langsam versank. Irgendwo in den unergründlichen Tiefen meiner Seele begann ein greller Stern zu leuchten, wuchs an und – ein berstendes Geräusch riss mich aus meiner Trance. Im flackernden Licht der Kerzen sah ich, wie sich die Stahlwandung ausbeulte, glänzende metallene Blasen warf – und unter dem ungeheuren Druck zu reißen begann! Das Metall kochte, von Säure zerfressen. Breite Ströme liefen an dem Zylinder herab und erstarrten wieder, noch bevor sie den Boden erreichten. Das stählerne Gefängnis erbebte. Und dann drangen die Finger des Golems durch die Wand, krümmten sich und rissen ein kopfgroßes Bruchstück nach innen.
    Wütende Schreie drangen durch die entstandene Öffnung und ließen mir das Blut in den Adern gefrieren. Unwillkürlich wich ich zwei Schritte zurück.
    Du schaffst es nicht!, hämmerte eine Stimme in mir. Du bist verloren!
    Obwohl ich wusste, dass es die Aura war, die den Golem umgab und die mich zu täuschen versuchte, war ich unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Ich starrte wie gebannt auf den breiten, senkrechten Riss, der sich in der Wandung des Zylinders gebildet hatte. Ein Sprung, der sich rasch verbreiterte, und hinter dem wogendes Fleisch zu erkennen war.
    Und dann explodierte der Stahl vollends und gab die verfluchte Kreatur frei …
     
    »Zu den Feuern, schnell!«
    Petrosch zerrte Lydia mit sich und folgte dem Ruf. Der Kreis des Grauens zog sich immer enger um sie zusammen. Schon konnten die Zigeuner den Aasgeruch der Höllengeschöpfe wahrnehmen, den Gestank des Todes.
    Die Männer zerrten Fackeln aus der Glut und wandten sich in einem letzten, verzweifelten Aufbäumen gegen den Wall aus toten Leibern. Für einen Moment schien das Feuer die Kreaturen aufzuhalten, doch dann setzten die schrecklichen Gestalten ihren Weg unbeirrt fort.
    Einer der Männer sprang vor und führte einen feurigen Schlag gegen einen der Untoten, einen mumifizierten, dürren Körper. Die ausgetrocknete Haut nahm die Flamme gierig auf, loderte auf und hüllte die Mumie in eine grelle Feuersäule.
    Doch die Gestalt fiel nicht. Schritt für Schritt setzte sie ihren Weg fort und als die Flamme keine Nahrung mehr fand und erlosch, hob ein vom Ruß geschwärztes Skelett die Knochenarme und packte den Mann, der das Feuer gebracht hatte. Er ließ es geschehen. Seine eben noch von verzweifeltem Lebenswillen erfüllten Augen starrten apathisch und trüb.
    Der Rest der Sippe, kaum mehr achtzehn Überlebende, wich weiter zurück, bis die Flammen an ihren Kleidern leckten und die Hitze ihrer Flucht ein

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