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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mich auf die Knie sinken, bettet Priscylla vorsichtig vor mir auf den harten Sand und blieb einen Moment reglos so hocken. Dann richtete ich sie wieder auf, lehnte ihren Oberkörper gegen meine Hüfte und hielt sie fest. So fest ich konnte.
    Ixmals Indianer begannen zu summen: nicht das monotone, einlullende Lied vom ersten Mal, sondern eine düstere, aggressive Melodie, die mein Herz zum Rasen brachte. Die Dunkelheit jenseits des Feuers zog sich zusammen wie ein riesiges, körperloses Tier, das Schmerzen litt. Die Flammen überzogen die Felswand mit Blut.
    Sitting Bull ging mit langsamen, gemessenen Schritten um mich herum, blieb einen Moment reglos stehen und beugte sich dann zu Priscylla herab. Seine Lippen flüsterten noch immer unhörbare Worte aus einer längst vergessenen Sprache. Er wirkte wie in Trance und war es vermutlich auch.
    Und dann ging alles blitzschnell.
    Mit einer ungeheuer raschen Bewegung riss Sitting Bull Priscylla das Buch aus der Hand, richtete sich auf und fuhr herum. Priscylla schrie auf, sprengte meinen Griff mit unmenschlicher Kraft und sprang in einer schlichtweg unmöglichen Bewegung auf und hinter Sitting Bull her. Sie verfehlte ihn, aber noch während sie fiel, klammerte sich ihre rechte Hand um Sitting Bulls Bein und riss es zurück. Der alte Sioux taumelte, fiel schwer auf die Seite und stieß einen keuchenden Schmerzlaut aus. Das Buch entglitt seinen Händen, schlitterte ein Stück weit auf das Feuer zu und blieb eine Hand breit davor liegen.
    Priscylla kreischte immer noch wie von Sinnen. Abermals sprang sie auf, warf sich auf Sitting Bull und begann ihn mit Fäusten und Fingernägeln zu bearbeiten. Annie und ich versuchten sie zurückzureißen, aber dieses kleingewachsene, zarte Mädchen entwickelte die Kräfte einer Tobsüchtigen. Ich sah, wie Annie von einem fast beiläufigen Hieb getroffen und meterweit davongeschleudert wurde, dann traf mich selbst ein mittelgroßer Vorschlaghammer unter dem Kinn und ließ mich steif wie ein Brett zurückfallen.
    Etwas, das härter als der Sand, aber nicht ganz so hart wie Stein war, dämpfte meinen Aufprall. Eine glühende Hand strich über mein Gesicht und versengte mein Haar und meine Brauen.
    Instinktiv griff ich zu und spürte steinhartes Leder unter meinen Fingern, dazwischen uraltes Pergament, das wie ein lebendes Wesen pulsierte und bebte. Das NECRONOMICON!
    Und im gleichen Moment, in dem sich meine Finger um das uralte Buch des Bösen schlossen, hörte Priscylla auf, aus Sitting Bulls Gesicht Mus zu machen.
    Für einen Moment erstarrte sie. Langsam, wie eine Bewegung, die gegen ihren Willen geschah, wandte sie den Kopf und blickte mich an.
    Ihr Gesicht war das einer Wahnsinnigen, eine verzerrte Grimasse, in dem die Augen wie kleine brennende Seen loderten. Ihre Lippen bebten. Speichel lief über ihr Kinn. »Robert«, flüsterte sie.
    Und vielleicht war es gerade das, was den letzten Anstoß gab.
    Sie sprach mit Priscyllas Stimme, jenem sanften, seidenweichen Flüstern, das ich vor so langer Zeit zum letzten Mal gehört hatte. Und plötzlich war Angst in ihren Augen, nackte, panische Angst.
    »Robert, tu es nicht«, flehte sie. »Du tötest mich.«
    Ich schrie auf, warf mich herum – und schleuderte das NECRONOMICON mit aller Macht in die Flammen.
    Priscylla kreischte, fiel von Sitting Bulls Brust herunter und krümmte sich wie unter Schmerzen.
    Und etwas anderes, sehr Großes, fiel von den Felsen über dem Lager und landete krachend im Feuer.
    Der Anblick war so unglaublich, dass ich für einen Moment allen ernstes an meinem Verstand zweifelte.
    Inmitten der prasselnden Flammen stand ein Mann! Sein Aufprall hatte das Feuer auseinander gerissen und brennende Scheite und Funken in alle Richtungen spritzen lassen. Die Felsen waren zehn Meter hoch und im Inneren des lodernden Scheiterhaufens mussten Temperaturen herrschen, die Eisen zum Schmelzen brachten – aber er lebte! Er lebte und richtete sich mühsam auf. Torkelnd, wie benommen von dem harten Aufprall, stemmte er sich auf die Füße, blieb einen endlosen Augenblick lang regungslos stehen und bückte sich dann nach dem NECRONOMICON! Seine Kleider und seine Hände brannten, aber das Buch war unversehrt, als er es aus den Flammen hob.
    Dann trat er mit einem einzigen, raschen Schritt aus dem Feuer heraus und blieb dicht vor mir stehen.
    Mein Herz wollte es ihm gleich tun, als ich sein Gesicht sah.
    Ich konnte die Hitze spüren, die die unmögliche Gestalt ausstrahlte. Das

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