Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Schuss. Der grelle Mündungsblitz erhellte für die Dauer eines Herzschlages die Gasse. Ich werde den Anblick wohl mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen können. Eine amorphe, konturlose Masse brodelnden Fleisches erhob sich über mir. Der ganze Körper des schrecklichen, entfernt humanoiden Wesens schien zu kochen und schleimige Blasen zu werfen. Und sein Kopf … mein Gott …
    Ich schoss weiter, immer und immer wieder, bis der Schlagbolzen klickend auf leere Kammern niederfuhr. Und selbst das bemerkte ich erst nach einigen Sekunden.
    Der Schatten war verschwunden. Ich blinzelte, ließ die nutzlos gewordene Pistole fallen und stemmte mich hoch.
    Aber da war nichts! Kein sterbendes Monstrum auf dem Schutt. Keine brodelnde Masse, die langsam zwischen den Steinen versickerte. Das Wesen war fort – geflohen. Es musste also durchaus verwundbar sein; hätte es sonst die Flucht ergriffen?
    Keuchend wischte ich mir das schweißnasse Haar aus der Stirn und nahm den Stockdegen wieder an mich. Es konnte noch nicht weit gekommen sein. Ein gewaltiger Schatten zeichnete sich für einen Moment gegen das mondbeschienene Ende der Gasse ab, krümmte sich wie im Schmerz und taumelte dann nach links aus meinem Blickfeld.
    Es war verletzt; kein Zweifel. Aber es hatte einen beträchtlichen Vorsprung. Ich rannte los, so schnell mich meine Füße trugen …
     
    Geblendet wankte er zurück. Beiläufig nur registrierte sein zerstörtes Gehirn, dass kleine runde Metallkugeln irgendwo in den massigen Körper einschlugen, ihn durchdrangen und, ihrer Wucht beraubt, hinter ihm zu Boden fielen.
    Ein Schmerz, ähnlich dem, den er in seinem stählernen Kerker verspürt hatte, stach wie mit Messern in sein verbliebenes Auge und trieb ihn zurück.
    Licht! Grelles, schmerzhaftes Licht!
    Seinem Auge fehlte das Lid, es zu verschließen und die Helligkeit zu mildern, und so hob er die Arme und schlug sie vor sein Gesicht.
    Doch es schien, als könne nichts diese schrecklichen Blitze aufhalten, die immer und immer wieder aufzuckten. Schließlich fand sein primitiver Verstand eine Lösung: Flucht.
    Schwerfällig wandte sich der Golem um und begann zu laufen. Die Blitze blieben hinter ihm zurück, doch allein die Erinnerung daran weckte etwas wie Angst in ihm. Er musste zurückfinden, dorthin, woher er gekommen, wo er erwacht war.
    Allmählich verschwanden die grellen Trugbilder vor seinem Auge und er konnte die Gasse, die er entlangeilte, wieder deutlich vor sich sehen. Jetzt hatte er ihr Ende erreicht und bog in eine breitere Straße ein.
    Am Nachthimmel, hoch über ihm, brach der Vollmond durch die Wolken und überschüttete ihn mit gnadenloser Helligkeit. Erschrocken fuhr er herum und starrte zu der gleißenden, runden Scheibe hinauf, krümmte sich ob der Schmerzen, die das Licht mit sich brachte. Rasch wandte er sich wieder ab und flüchtete in den Schatten der hohen Mauern, die seinen Weg säumten.
    Fast hatte er sein Versteck am Ende der Straße erreicht, als ein klopfendes, schnelles Geräusch an sein Ohr drang. Mit einem unwilligen Knurren blieb er stehen und blickte zurück. Und was er sah, erfüllte ihn mit einer seltsamen Mischung aus Angst und wilder, unbändiger Wut.
    Er folgte ihm; der Mensch, der die furchtbaren Blitze geschleudert hatte. Sekundenlang schwankte sein animalischer Verstand zwischen Angriff und Flucht. Dann wandte er sich wieder um, eilte auf das zerbrochene Kellerfenster zu. Mit einer fließenden Bewegung ließ er seinen schwammigen, aufgedunsenen Körper hineingleiten. Sollte er nur kommen! Das hier war sein dunkles Reich. Der Ort seiner Geburt.
     
    Der Einstieg sah nicht gerade einladend aus; eher wie das Maul eines gierigen Riesen (mit Mundgeruch, denn der bestialische Gestank, der aus dem schwarzen Loch wehte, raubte mir schier den Atem). Ich musste mich flach auf den Boden legen, um hineinblicken zu können. Natürlich sah ich nichts. Aber ein hohes Summen wie von Maschinen drang an mein Ohr.
    Dort drinnen wartete das Biest auf mich; ich hatte deutlich gesehen, wie es durch den Schacht verschwunden war. Vielleicht war es bereits tot, seinen Verletzungen erlegen. Vielleicht lag es bewusstlos am Boden. Ich lauschte gespannt.
    Nichts.
    Endlich raffte ich mich auf, packte den Stockdegen fester und ließ mich, die Beine voran, durch die Öffnung gleiten. Einen Herzschlag lang hing ich, an den zersplitterten Fensterrahmen geklammert, in der Luft, dann ließ ich mich fallen, kam federnd auf und wich sofort zur

Weitere Kostenlose Bücher