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Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Titel: Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Nicht, dass es mich überrascht hätte, hätten wir aus Büchsen getrunken. Der Colonel ließ sich einschenken und stand auf.
    »Auf das Wohl Ihrer Majestät, der Königin Viktoria!« Ich erhob mich notgedrungen und nippte von dem Getränk. Es schmeckte nach Armee. Ich begann, Mandon Trouwne um seinen eisernen Magen zu beneiden. Um weiteren Attacken auf meine Geschmacksnerven zu entgehen, erklärte ich, dass mich der aufregende Tag erschöpft hätte, und bat den Colonel, mich zurückziehen zu dürfen.
    »Gehen?« Trouwne starrte mich über den Rand seines Glases hinweg an. »Aber wieso denn gehen, verdammt? Der gemütliche Teil beginnt doch gerade erst, zum Teufel! Setzen Sie sich, verdammt!«
    Instinktiv gehorchte ich. Trouwne schenkte mir ein joviales Lächeln, ließ sich ebenfalls wieder auf seinen Stuhl sinken und nahm eine entspannte Haltung an – was hieß, dass er die Beine übereinander schlug und dasaß, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. »Nachdem Sie jetzt alles über mich und meine Tochter wissen, wäre es da nicht verdammt noch mal an der Zeit, dass Sie uns nun etwas über sich erzählen?«, fragte er. »Es kommt nicht alle Tage vor, dass ich einen verdammten Stutzer wie Sie aus einer Menschenmenge pflücken muss, die gerade dabei ist, ihn zu lynchen, zur Hölle. Verdammt, was haben Sie in dieser Moschee gesucht?«
    »Pilze«, antwortete ich hastig.
    Trouwne starrte mich an, riss die Augen auf und setzte zu einer zornigen Entgegnung an. Aber sie kam nicht, denn meine Geduld war nun endgültig erschöpft. Und Trouwne war wahrscheinlich der Allerletzte, der in der Lage gewesen wäre, sich gegen einen suggestiven Befehl zur Wehr zu setzen. Statt der wütenden Entgegnung, zu der er Atem geschöpft hatte, breitete sich ein fast glückliches Lächeln auf seinen Zügen aus, dann nickte er.
    »Natürlich, was sonst.« Ein ganz kleines bisschen klang es irritiert, aber das lag vielleicht daran, dass in meinem lautlosen Befehl jegliches verdammt oder zur Hölle gefehlt hatte.
    »Und nach einem so anstrengenden Tag, lieber Colonel«, fuhr ich fort, »sehen Sie es mir sicherlich nach, wenn ich nochmals um die Erlaubnis bitte, mich zurückziehen zu dürfen.«
    »Gehen Sie ruhig, junger Mann«, sagte Trouwne fast hastig. »Ich werde McFarlane Befehl geben, dass er morgen Früh ein Kamel für Sie satteln lässt.« Miss Letitia schenkte mir noch ein sehr freundliches Lächeln.
    Die Luft war angenehm kühl und die Sterne glänzten wie goldene Lichter auf schwarzem Samt, als ich in die Wüstennacht hinaustrat. Es war ein Bild des Friedens. Und doch konnte ich das Gefühl drohenden Unheils, das immer stärker an mir zu nagen begann, nicht abschütteln. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich auf dem schnellsten Wege in das Araberdorf zurückgekehrt. Aber ganz davon abgesehen, dass ich es nicht konnte – was hätte es mir schon genutzt?
     
    Es war wie beim ersten Mal. Die Angst war da und die Schatten, die wie lautlose Tiere aus den finsteren Winkeln der Wirklichkeit gekrochen waren. Und die Kälte, die dem grellen Glanz der Sonne Hohn sprach – und immer wieder die Angst.
    Guillaume de Saint Denis blickte schaudernd auf die chaotische Ansammlung formloser schwarzer Basaltbrocken herab, die sich zwischen den Sanddünen erhoben wie Klippen aus einem bizarren, erstarrten Meer. Es war noch immer Tag, wenngleich er sich auch jetzt allmählich dem Ende zuneigte und in weniger als einer Stunde die kurze Dämmerung der Wüste hereinbrechen würde, aber dort unten, zwischen den sanft gewellten Flanken der Sanddünen, herrschte bereits Dunkelheit.
    Es war eine sehr eigenartige Dunkelheit, etwas wie ein finsterer Vorhang, hinter dem sich Dinge verbargen, an die er lieber nicht denken mochte. Und es war eine ebenso seltsame, irgendwie körperlose Kälte, die ihm und den beiden anderen Tempelrittern aus der Ruinenstadt entgegenschlug. Beides war auf Angst einflößende Weise nicht real.
    So wie diese ganze Stadt, dachte Guillaume. Er wusste nicht, woher er die Überzeugung nahm, aber er wusste, dass diese Stadt – wenn schon nicht real – so doch ganz bestimmt nicht von dieser Welt stammte. Alles an ihr war falsch.
    »Es wird bald dunkel, Bruder«, sagte Gouvin du Tourville. »Wir sollten uns beeilen.« Seine Stimme drang nur verzerrt unter dem Helm hervor, den er – wie die beiden anderen Templer – wieder übergestülpt hatte, aber trotzdem konnte Guillaume den Unterton von nur noch mühsam unterdrückter Angst darin

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