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Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Titel: Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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besser, wenn einer von uns als Wache hier zurückbliebe. Schon wegen der Pferde.«
    Guillaume de Saint Denis schwieg einen Moment. Der Gedanke, nur in Renard de Banrieux’ Begleitung – oder gar allein – in die Bleikammer hinunterzusteigen, in der der Grund für ihr Kommen verborgen lag, verursachte ihm Übelkeit.
    Aber dann nickte er doch. »Du hast Recht, Bruder Gouvin«, sagte er. »Bruder Renard und ich werden allein gehen. Du bleibst hier zurück und deckst unsere Rücken.«
    Es gelang Gouvin du Tourville nicht vollends, ein erleichtertes Aufatmen zu unterdrücken. Aber Guillaume de Saint Denis tat so, als hätte er es nicht bemerkt. Gouvins Verhalten hatte nichts mit Feigheit zu tun. Kein denkendes Wesen, das der Angst fähig war, hätte nicht versucht, eine Ausrede zu finden, um nicht in die schwarze Wahnsinnsstadt hinabgehen zu müssen.
    Renard und er gingen weiter, während Gouvin fast überhastet zu den Pferden zurückeilte und seinen Wachtposten bezog. Der Eingang war zum Großteil mit Flugsand verschüttet, sodass sie weitere kostbare Minuten damit verschwenden mussten, sich mit den Händen einen Durchgang zu schaufeln, durch den sie ins Innere des Gebäudes hineinkriechen konnten.
    Der Tag blieb hinter ihnen zurück, aber es wurde nicht dunkel. Die Wände selbst strahlten ein unangenehmes, irgendwie krank wirkendes Licht aus, die gleiche Art von widerwärtiger Helligkeit, die den größten Teil der Schwarzen Stadt beleuchtete, und die Kälte sprang sie an wie ein unsichtbares Raubtier mit gläsernen Krallen. Aber all das kannte Guillaume de Saint Denis. Alles war so wie das erste Mal, als sie hier gewesen waren.
    Nur eines war anders, dachte er schaudernd, als er sich neben Renard de Banrieux aufrichtete und mit einer Kopfbewegung auf die steinerne Treppe deutete, die vor ihnen in die Tiefe führte.
    Das erste Mal waren sie vor dem Grauen geflohen, das in der bleiverkleideten Kammer im Herzen der Schwarzen Stadt lauerte.
    Diesmal waren sie gekommen, es mit sich zu nehmen …
     
    Etwas, das sich wie das Winseln eines geprügelten Hundes anhörte, weckte mich. Im ersten Moment fiel es mir schwer, den Laut zu identifizieren, denn obgleich ich am vergangenen Abend noch lange wach gelegen und die durchscheinende Zeltbahn über meinem Kopf angestarrt hatte, hatte ich doch sehr tief und traumlos geschlafen und ich wachte nicht sofort und vollständig auf, wie es ansonsten meine Angewohnheit war, sondern glitt für einen Moment in dem schmalen Bereich zwischen Schlaf und Wachsein dahin.
    Aber dann wiederholte sich das Winseln, ich schlug die Augen auf, blinzelte in das helle Licht einer erbarmungslosen arabischen Morgensonne, das von dem dünnen weißen Stoff des Zeltes kaum gedämpft wurde, und setzte mich gähnend – und noch immer nicht ganz wach – auf. Eine Sekunde später fiel ein röhrender Saurier in das Gewimmer des misshandelten Hundes ein und riss mich endgültig aus meinem angenehmen Traum, in dem ich durch das Tor in der Moschee in mein Haus zurückgekehrt war.
    Mein Blick klärte sich nur langsam. Meine Augen brannten und mein Kopf war schwer, denn obgleich ich von Trouwnes Wein nur sehr wenig getrunken hatte, war er doch ein verdammt schweres Getränk gewesen. Halb blind und wankend vor Müdigkeit suchte ich nach meinen Kleidern und fand statt der Hose ein eigenartiges Ding, das sich wie ein kurzer Rock anfühlte. Nur allmählich dämmerte es mir, dass das, was ich für einen Albtraum gehalten hatte, die schnöde Wirklichkeit war. Ich befand mich tatsächlich in einem Militärlager in der arabischen Wüste und hatte eine heiratswütige Offizierstochter am Hals.
    Wütend starrte ich den Kilt an, knüllte ihn schließlich zusammen und schlüpfte stattdessen in meine eigenen Hosen, die fürsorgliche Hände neben dem Feldbett bereitgelegt hatten. Meine Kleider waren sogar halbwegs gereinigt worden und Hemd und Jacke machten einen durchaus passablen Eindruck, bedachte man, was sie mitgemacht hatten. Anders die Hose. Auch wie war leidlich sauber, aber ein übereifriger Muselmane hatte Flicken auf die durchgescheuerten Knie genäht – mit dem unnachahmlichen Farbempfinden, das seinem Volk zu eigen ist. Ich kam mir nicht nur ein bisschen vor wie ein Harlekin, als ich aus dem Zelt trat.
    Die Kompanie war bereits in voller Uniform angetreten, obwohl die Sonne noch nicht einmal ganz aufgegangen war. Der Hund winselte noch immer und ich begann mich zu wundern, weil mir sein Gejammer irgendwie bekannte

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