Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
… einen anderen Weg finden.«
Renard erbleichte, denn er begriff sehr wohl, was die Worte Guillaumes zu bedeuten hatten. Und auch Guillaume erschrak über seinen eigenen Vorschlag, denn er hatte ihn ausgesprochen, ohne darüber nachzudenken. Die Worte waren wie von selbst über seine Lippen gekommen. Fast, dachte er schaudernd, als hätte sie ihm jemand eingeflüstert …
»Die … die Schwarze Stadt?«, flüsterte Renard.
Guillaume nickte. »Die Schwarze Stadt.«
»Das ist Ketzerei«, murmelte Renard.
»Unsinn!« Guillaume drehte sich zornig herum und ballte die Faust. »Auch das Auge des Satans ist Teufelswerk und trotzdem werden wir es benutzen, um das Böse damit zu vernichten. Wir haben keine andere Wahl.«
»Und unsere Seelen?«, fragte Renard.
Diesmal dauerte es länger, bis Guillaume antwortete. »Sie werden keinen Schaden nehmen«, sagte er. »Ich nehme euch die Beichte ab, ehe wir aufbrechen, und werde euch die Absolution erteilen.«
»Wir.« Renard nickte. »Und du?«
»Ich fürchte den Teufel nicht«, erklärte Guillaume überzeugter, als er sich bei diesen Worten fühlte. »Und selbst, wenn ich ihm anheim fallen sollte, so opfere ich mich gerne für das Leben unserer Brüder.«
Renard antwortete nicht mehr.
Aber weniger als eine halbe Stunde später ritten die drei Tempelritter, nun wieder voll gerüstet, weiter.
Ziemlich genau in die entgegengesetzte Richtung, in die sie ihr Weg eigentlich führen sollte.
Nämlich direkt in die Wüste hinein.
Nach einem etwa einstündigen Marsch durch die Wüste erreichten wir das Lager, das aus nur einer Hand voll schmuckloser Militärzelte bestand, die sich im Schatten einiger Palmen drängten. Eine Anzahl Soldaten, die wohl als Wache zurückgeblieben waren, kam uns entgegen, verfolgt von einer lärmenden Horde neugieriger Araber in schreiend bunten Kleidern, die ebenso neugierig wie die Highlander, aber weit weniger zurückhaltend waren, denn sie begannen sofort, den fremden Inglese mit dem sonderbaren Haar anzustarren und zu begrapschen und an seinen Kleidern zu zupfen, bis McFarlane mit einem urgewaltigen Brüllen dafür sorgte, dass ich wenigstens genug Platz zum Atmen behielt. Zu meiner Überraschung gewahrte ich sogar eine junge, sichtlich englische Lady, die jedoch am Rand der Oase zurückblieb und uns mit geziemlicher Zurückhaltung, aber eindeutig erwartungsvoll entgegensah.
Die geordnete Formation, in der wir bisher marschiert waren, löste sich fast augenblicklich auf, kaum dass wir das Lager erreichten. Ich hielt nach dem Offizier Ausschau, der – wie ich von McFarlane erfahren hatte – auf den guten alten englischen Namen Cedric Harold Lucius Mandon Trouwne hörte und im Range eines Colonels stand, konnte ihn aber in dem allgemeinen Durcheinander nicht ausmachen. Das Chaos hielt aber nur wenige Augenblicke an, ehe es von einem zornigen Befehl McFarlanes beendet wurde. Die Hast, mit der die Soldaten Haltung annahmen, bestärkte mich in meiner Überzeugung, dass McFarlane zu mehr Dingen fähig war, als zu schreien. Auch wenn er das zweifellos am besten konnte.
Trouwne sprengte auf seinem Hengst heran und zügelte das nervöse Tier neben dem Sergeanten. »McFarlane! Lassen Sie die verdammte Kompanie in das Lager einrücken. Und dann sorgen Sie verdammt noch mal dafür, dass Mister Craven mit ordentlicher Kleidung versorgt wird und einen Platz in einem Zelt erhält!«
Der Sergeant schlug knallend die Hacken zusammen und legte die Hand an den weißen Tropenhelm.
»Verstanden, Sir. Kompanie einrücken lassen und Mister Craven versorgen!« Er drehte sich mit einer eckigen Bewegung um und bellte seine Befehle über die Truppe, etwas gerafft, dafür aber drei Mal so laut wie Trouwne zuvor. Innerhalb weniger Augenblicke hatten sich die Soldaten zwischen den Zelten verteilt und ihre Gewehre zu ordentlichen Pyramiden zusammengestellt.
»Verdammt gut, McFarlane«, sagte Trouwne von der Höhe seines Pferdes herab. »Mister Craven, ich erwarte Sie in einer verdammten Stunde in meinem Zelt zum Dinner!« Er deutete ein Nicken an, riss sein Pferd auf der Stelle herum und hätte dabei um ein Haar McFarlane über den Haufen geritten.
Sein Ziel war die junge englische Lady, die noch immer fast reglos an ihrem Platz unter der Palme stand, mich noch immer von Kopf bis Fuß musterte und dabei ungeduldig ihren Sonnenschirm kreisen ließ. Sie blickte mir noch nach, als der Colonel längst abgestiegen war und sein Pferd einem Diener übergeben hatte. Ich
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