Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
das gewaltige Arschloch, für das er arbeitet«, antwortete Ali ebenso leise.
Trotzdem schien Dschakid die Worte sehr wohl verstanden zu haben, denn in seinen Augen blitzte es hasserfüllt auf. Seine Hand krampfte sich um den Dolch, der aus seinem Gürtel ragte. Mit Ausnahme meines Stockdegens, den er wie ein Schwert trug, seine einzige Waffe.
»Es ist nur die Gastfreundschaft, die dich schützt, du Hund«, fauchte er. »Aber sei gewiss, dass ich deine Worte nicht vergesse. Und nun packt sie!«
Sofort stürzten sich gleich vier Kerle auf mich, packten mich unter den Armen und schleiften mich auf das Tor der Festung zu. Ali erging es nicht anders und auch Letitia wurde von zwei Kriegern gepackt und mitgezerrt. Sie begann wieder zu schreien und mit den Beinen zu strampeln, aber die Mumienkrieger beachteten ihre Gegenwehr gar nicht.
Und auch ich schenkte meinen beiden Mitgefangenen wenig Beachtung, denn mit jedem Schritt, den wir uns dem geöffneten Tor näherten, das wie eine Wunde in der schwarzen Wand der Festung gähnte, wurde die Ausstrahlung des Bösen stärker. War es vorhin, aus der sicheren Entfernung der Granitfelsen, nur eine gewisse Unruhe gewesen, mit der mich der Anblick der Festung erfüllte, so wuchs dieses Gefühl nun rasch zu reiner Angst, eine Angst sonderbar körperlicher Qualität, die uns wie ein fauliger Geruch einhüllte, durch die Poren der Haut und über die Sinnesorgane drang und mir schier den Atem nahm, bis ich mich vor Ekel und Furcht krümmte und von den Kriegern mehr getragen wurde als selber ging.
Noch schlimmer wurde es, als wir in die Dunkelheit eines langen Ganges eindrangen, an dessen anderem Ende ein düsteres, rotes Licht zu sehen war.
Ich erhielt einen Stoß in den Rücken, der mich nach vorne stürzen ließ. Das Licht schlug wie eine blutige Woge über mir zusammen, zäh und warm und widerlich klebrig. Mir war, als hätte man mich in wirkliches Blut getaucht. Für einen Moment bekam ich keine Luft mehr. Ich ruderte verzweifelt mit den Armen, wie um mich vor dem Ertrinken zu retten, bis mein Verstand meine Gefühle wieder beherrschte und mir bewusst wurde, dass ich mich nicht in einem Blutsee, sondern in einem großen Gewölbe befand.
Der Raum war so düster, dass ich die neben mir kniende Letitia nur als Schemen sah und von Ali nicht mehr als einen Schatten wahrnahm. Und alles hier war rot.
Es war ein Rot, das eine sehr beunruhigende Wirkung auf mich ausübte. Auch jetzt, als ich den Wahnsinn, der für einen Moment mit dürren Knochenfingern an den Türen meines Verstandes gekratzt hatte, zurückdrängen konnte, machte mich diese Farbe mehr als nur nervös. Sie war allgegenwärtig. Selbst die Luft schmeckte irgendwie rot, als wäre sie mit dieser Farbe getränkt.
Einzig der wuchtige Thron, der den größten Teil der gegenüberliegenden Wand einnahm, war in helles – natürlich gleichfalls rotes – Licht getaucht, sodass der Mann, der darauf saß und uns entgegenschaute, deutlich zu erkennen war.
Ich hätte es vorgezogen, ihn nicht ganz so deutlich zu erkennen. Nach Alis finsteren Andeutungen hatte ich eine arabische Ausgabe Necrons erwartet, zumindest jedoch einen irgendwie finster gearteten, drohenden Mann.
Der Kerl auf dem Thron war eine Witzfigur.
Er war klein, dabei aber so wohlbeleibt, dass er wie eine Kugel mit Armen und Beinen wirkte, und sein Gesicht glänzte, als wäre es mit Fett eingerieben. Es war ein Gesicht, das alles andere als anschaulich aussah – rund und feist und mit kleinen, tückisch blinzelnden Äuglein, die voller stummer Bosheit waren, ein fleischiger Mund, der über einer wahren Prachtausgabe eines doppelten Doppelkinnes saß, und wabbelige Hängebacken, die ihn wie eine Kreuzung zwischen einem Dobermann und einem Schwein aussehen ließen. Kurze, stummelige Wurstfinger, die unter dem Gewicht rubinbesetzter Ringe schlaff auf seinem mächtigen Bauch lagen, komplettierten das Bild. Das sollte Nizar sein, der Magier, bei dessen bloßer Erwähnung Ali schon vor Furcht zu zittern begann?
Der Mann schenkte mir und Letitia zunächst nur kurze Beachtung, sah Ali aber mit umso größerem Interesse an. Sein Blick spiegelte mit einem Male große Zufriedenheit wider.
»Sieh an«, begann er, »Ali, der Sohn Achmeds, des Narren! Welch unerwartete Freude, dich als Gast in meinem Hause willkommen heißen zu dürfen.« Er lachte, kippte seine gewaltige Körpermasse ein wenig nach vorn und spielte gedankenverloren mit seiner goldenen Halskette, an der ein
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